Madagaskar September 2016

Wir hatten wieder das gleiche Hotel, wie schon zuvor, als wir am 15.9. abends in Antananrivo ankamen.
Wieder ein tolles Zimmer, bei dem wir mit reichlich heißem Duschwasser den Staub der Fahrt abwaschen konnten. Einziger Kritikpunkt waren die Bettfedern, die in der Nacht unschön auf die Knochen drückten.
Am nächsten Tag starteten wir entspannt in den Tag. Wir hatten keine Lust auf Tana. Schließlich hatten wir die Stadt schon beim ersten Mal mit wenig Begeisterung hinter uns gelassen.
Um es kurz zu machen: es gab einen Diebstahl meines Telefons.

Eigentlich achteten wir immer gut darauf, dass wir uns bei der Entnahme von Gegenständen immer erst absichernd in eine Ecke verkriechen.
Heute hörten wir mehrere Warnungen vor Taschendieben, hatten zufällig sogar mal richtige Schuhe an und den ganzen Tag umklammerten wir schon mehr als sonst unsere Rucksäcke.
Und dann stellten wir uns doch doof an.
Offlinekarte, um den Weg nicht zu verlieren.

Ein Junge rannte an uns vorbei. Ich sah eigentlich nur die Hand, die das Telefon nahm und der Junge rannte.
Uns schoss nur der Gedanke: Scheiße durch den Kopf und ohne zu zögern rannten wir schreiend hinter ihm her. Stop him, stop him.

Gott....ging das schnell. Mein Herz raste und wir rannten wie besengt und erstaunlicher Weise auch schnell genug, um an ihm dran zu bleiben.
Dann schlug er einen Haken nach links in die Gasse. Wir immer noch hinterher. Fuck! Ich total fokussiert, nur nicht dieses Arschloch aus den Augen lassen. Netti hinter mir...Umgebung scannen.

An der nächsten Ecke wurde er durch einen älteren bulligen Mann gestoppt.

Wir und viele andere schmissen uns auf ihn. Wie alt war der Typ? Er sah aus wie 15! Es gab einige dumpfe Schläge...seine Nase blutete. Netti nahm mir den Rucksack ab, ich war ja mitten ihm Gewühl einer unübersichtlichen Menschentraube. Sie wühlte in Wäscheeimern und Müll, ich durchsuchte den Typen....ohne Rücksicht auf Geschlecht oder ihn unsittlich zu berühren.
Aber es war nix zu finden. Scheiße, scheiße, scheiße...

Alles dauerte etwas ....wilde Diskussionen. Er schien die Tat abzustreiten, was dazu führte, dass er wieder hart geboxt wurde.
Danach ging es mit ihm zur Polizei. Die Leute waren wirklich hilfsbereit...auch der Kriminalpolizist.
Nur der Dieb eben nicht und jemand, der inzwischen mein Telefon hatte.... Er nahm beim Klingeln ab, sprach aber nicht.

Eine unmotivierte Polizeibeamtin weigerte sich unsere Aussage aufzuschreiben, die das Gericht benötigen würde....wir verließen ja schließlich die Stadt. Ein Problem, denn der Junge (er war 18 ) dürfte nur 48 Stunden in der Zelle bleiben. Aber dafür nicht auf die Insel? Was hätte das gebracht?
Er säße vielleicht im Gefängnis, aber das Telefon kam dadurch ja nicht zurück.
Der Polizist machte wirklich den Eindruck als würde er sich intensiv um uns kümmern und versuchte mir sogar Mut zuzusprechen... 16 von 19 Telefonen hätte er dank der IMEI schon wieder gefunden.
Naja... Wir schrieben unsere Aussage in Englisch auf... Mussten Tausend Mal wiederholen, dass es zweifelsfrei dieser Typ war... Und wollten nur noch eines. Weg.
Dennoch holte ich den 4 kleinen Kindern am Stand neben der Polizeistation jeweils ein kleines Gebäckstück...obwohl ich gerade nicht so richtig gut auf die Bevölkerung Tanas zu sprechen war.

Wir nahmen ein Taxi und als es mit uns erstmal zur Tankstelle fuhr konnte ich trotzdem lachen. Dennoch ist die Wirkung des Vorfalls recht einschneidend.
Als wir abends mit dem Taxi zum Busunternehmen fuhren, rannte neben uns ein Mann... Wir hörten nur die laufenden Schritte und sofort beschleunigte sich unser Herzschlag, wir umklammerten unsere Taschen und ich machte mich mit einem ausgefahrenen Ellbogen bereit zu, Kampf, den es gar nicht gab. Dabei wollte er nur Fahrgäste anwerben. Oh Man.

Das Busunternehmen hatte dann noch das falsche Ticket gebucht. Danach hätten wir bereits am 8.9. fahren sollen. Jetzt hier nicht weg zu kommen, dass wäre das iTüpfelchen an einem beschissenen Tag gewesen.
Gut, dass der Typ, der unsere Buchung gemacht hatte wenigstens anwesend war.
Wir buchten auf den VIP-Bus um. 50.000 Ar / Person.
Davon erließ man uns wenigstens die bereits gezahlten 40.000 Ar.

Der Bus war ok...aber diese Klimaanlage....bbbrrr.
Der Busfahrer war total hibbelig, telefonierte in einer Tour (man warnt sich gegenseitig) oder stopfte Kaubonbons in sich hinein.
Die Musik...laut. Aber er fuhr gut und trotz der Dunkelheit bemerkten wir, dass die Vegetation sich komplett verändert hatte. Von Savanne zu Dschungel.
Um 4.30 Uhr kamen wir in einem unheimlichen Tamatave an und ließen uns per Fahrradrickscha (der vereinbarte Preis von 3000 Ar stieg am Büro von Cap Sainte Marie plötzlich auf 5000 Ar - für 1 km Fahrt) zum Zioelort fahren.
Aber in der gefährlichsten Stadt Madagaskars, in dunklen menschenleeren Straßen diskutiert man nicht mehr.
Man bleibt einfach im Licht stehen und wohl auch nach dem vergangenen Erlebnis noch ein bisschen wachsamer als gewöhnlich. Wir wollten weg.