Guatemala
Sonntag. Der Schuhputzer
Sonntags gibt es kein Frühstück bei Veronika. Darum will ich heute einmal das kleine Restaurant' Charlotta aufsuchen. Es soll seit kurzer Zeit einem Schweizer gehören. Davon merken wir gar nichts, ja, wir haben gar das Gefühl, das Restaurant sei noch gar nicht offen, denn den engen Eingang versperrt ein abgestelltes Fahrrad. Irgendwie drücken wir uns daran vorbei und werden von einer jungen Guatemaltekin bedient. Sie kann offensichtlich nicht deutsch und auch die abgegriffene Speisekarte gibt es nur in Spanisch. Wir bekommen aber immerhin einen Kaffee und ein Brötchen.
Wir haben aber sowieso nicht viel Zeit für ein ausgiebiges Frühstück, denn meine Mutter will um neun Uhr die Messe in der Merced besuchen. Ich mache unterdessen einen Besuch im Internet-Cafe, um die ersten mails abzuholen.
Kaum kommt Mutter aus der Kirche, ist sie schon von eifrigen Händlerinnen umringt, die alle unbedingt gerade ihr etwas speziell Schönes verkaufen wollen. Ausserdem werden wir von einem kleinen Jungen entdeckt, der unbedingt unsere Schuhe putzen will. Er lässt sich auch nicht abwimmeln, als wir ihm erklären, dass man unsere hellen Sandalen nicht mit seiner schwarzen Schuhcreme putzen könne.
Wir kommen ins Gespräch und er erzählt, dass er 10 Jahre alt sei und das Mittagessen für sich und seinen kleinen Bruder verdienen müsse. Sein Vater sei auf dem Markt und verkaufe Gemüse. Er hat Mühe, an Kundschaft zu kommen, weil alle zum anderen Schuhputzer gehen, der immer hier vor der Kirche steht. Traurig stehen die beiden vor uns, den Schuhputzkasten in der einen, die Hand des Bruders in der anderen Hand.
Kundschaft können wir keine bringen, aber gegen den Hunger gibt es ein gutes Mittel. Wir kaufen den beiden einen Imbiss beim Verkaufs-Stand, der vor der Kirche steht. Wie sie strahlen, als sie mit ihren gefüllten Tortillas und der Cola abziehen. Wir bedauern, dass wir ausgerechnet heute noch keine Schokolade dabei haben und nehmen uns vor, dies in den nächsten Tagen nachzuholen. José, so heisst der Junge, sagt, dass er fast jeden Tag hier sei, denn er könne nicht in die Schule gehen.
Am Mittag sind wir beim Direktor von Probigua, Rigoberto und Reina zum 5. Geburtstag von Julissa eingeladen. Die Feier findet in der Schule statt. Die Kleine hat alle ihre Freundinnen eingeladen und freut sich über die beiden Piñatas, die nach und nach ihren süssen Inhalt auf den Boden verstreuen. Danach wird das Geburtstagsessen verteilt. Es gibt kitschig farbige Geburtstagstorte und Chips mit Sosse und zum Trinken Coco Cola. Wir verabschieden uns bald und lassen die Kinder weiter feiern.
die beliebte Pinñata darf an keinem Kindergeburtstag fehlen
Zur Merced gehörte früher ein Kloster, dessen gewaltige Mauern zum Teil noch stehen. Vor allem steht noch immer der riesige Brunnen, wo früher die Mönche Fische züchteten. Es soll zu seiner Zeit die grösste Brunnenanlage Mittelamerikas gewesen sein. Vor dem Mittagessen besichtigen wir die Ruinen dieser alten Klosteranlage.
Am Nachmittag besuchen wir den grossen Indianermarkt Nim Po't. Hier werden alle typischen Trachten des Landes zum Kauf angeboten In jedem Dorf des Landes gibt es andere Muster und Farbkombinationen. Ausserdem gibt es hier viele authentische Handarbeiten, die aus dem ganzen Land stammen.
Irgendwo sitzen eine Mutter und ihre Tochter am Boden. Das heisst, sie hocken nicht, sie knien und spinnen mit der Spindel die noch ungefärbte Baumwolle. 'Schmerzen euch die Beine nicht, wenn ihr den ganzen Tag auf den Knien seid? wollen wir wissen. 'Doch manchmal schlafen die Beine ein, dann strecken wir sie ein wenig' meint die Tochter, 'aber das ist nun mal die typische Stellung für diese Arbeit' ergänzt ihre Mutter. Wir plaudern noch ein wenig und legen eine Münze in die Schälchen, dafür dürfen wir die beiden fotografieren.
Später kehren wir in einem schönen Innenhof zum Entspannen ein. Beim weitergehen entdecken wir in einem anderen Restaurant eine Marimbaband. Obwohl wir im Moment nichts trinken wollen und ausserdem auch alle Tische besetzt sind, lädt uns die sehr freundliche Managerin ein, uns in der Nähe der Marimba hinzusetzen. Sie bringt uns Stühle und wir geniessen das Sonntag-Nachmittags-Konzert. In der Pause gebe ich zum Dank jedem Musikant ein Schoggistängeli. Die Freude ist gross und schüchtern bedanken sie sich dafür.
Zum Nachtessen gehen wir ins Da Vinci, das mir vor allem wegen seinen üppigen italienischen Dekorationen und den vielen Kerzen gefällt. Ausserdem ist das Essen ausgezeichnet.
Aufbruch: | 13.05.2005 |
Dauer: | 3 Wochen |
Heimkehr: | 31.05.2005 |
Honduras