Guatemala
Sonntag. Chichigastenango
Das Frühstück haben wir wieder im exotischen Garten eingenommen und jetzt warten wir vor dem Hotel auf den Bus, der uns nach Chichi bringen wird. Gerade ist David gekommen. Er hat mit seiner Mutter gesprochen. Sie freut sich für die Hilfe und wird ihn unterstützen, damit er in die Schule gehen kann.
Mir fällt eine Frau mit zwei Kindern auf, die Decken verkauft. Ich will keine Decke kaufen, aber ich sehe in ihr Gesicht und irgendwie kommt sie mir bekannt vor. Wie sie heisse, will ich wissen und sie sagt mit ihren Namen: "Maria". "Maria und wie noch, vielleicht Tevelez?", frage ich sie. Ich erinnere mich an einen Eintrag in meinem kleinen Notizbuch vom letzten Jahr. Ja sie ist es. Letztes Jahr habe ich sie in Chichi fotografiert. Sie war damals 25 Jahr alt aber mir kam sie wie 40 vor.
Damals war sie wohl schwanger, denn sie trägt ihre 4 Monate alte Tochter auf dem Rücken. Das Foto vom letzten Jahr habe ich dabei, obwohl ich kaum zu hoffen wagte, sie wieder zu treffen. Ob ich sie wieder fotografieren dürfe, frage ich sie und sie willigt ein. Allerdings kontrolliert sie ihr Aussehen noch kurz im Rückspiegel eines parkierten Autos und stellt sich mit Sohn und Tochter in Position.
Maria Tevelez
Inzwischen ist unser Bus gekommen, das Gepäck verladen und wir fahren los. Maria und David bleiben zurück und winken. Ob ich sie wohl wieder einmal sehen werde?
Unser heutiges Ziel heisst Chichigastenango. Meine Mutter freut sich ganz besonders an diesem Zungenbrecher. Chichi gehört auf das Reiseprogramm jedes Guatemalatouristen, denn hier findet jeden Sonntag der grösste Indianermarkt Zentralamerikas statt. Bald schon sind wir in der Buden-stadt unterwegs.
Hier wird alles verkauft. Es gibt lebende Hühner, Truthähne, kleine Schweinchen, grosse Säcke mit Mais in allen Farben, Hemden, Hüte, Geschirr, Glücksanhänger, Schuhe, Gewichtssteine, Amulette.
Zuerst führe ich meine Mutter zum grossen Gemüsemarkt, der in der Turnhalle stattfindet. Von der Galerie sehen wir hinunter in das Gewimmel von Gemüse, Marktfrauen, Verkäufern im typischen Männerjupe, Käuferinnen mit Bebes auf dem Rücken. Die Einkäufe werden in ein grosses Tuch ein-geschlagen. Gewogen wird mit alten zweischaligen Waagen, wie wir sie nur noch als Symbol des Sternzeichens kennen. Das Geld wird aus einem Beutel auf der Brust hervorgeholt.
Nachdem wir uns satt gesehen haben, gehen wir wieder nach draussen. Draussen werden Früchte angeboten. Bananen in vielen Sorten, Melonen, Wassermelonen, riesige Papayas, Mangos. Ananas, Zitronen. Wir kommen zur Kirche, wo die Blumenfrauen ihre Ware verkaufen. Wir setzen uns einen Moment in die Kirche. Hier werden noch heute alte Mayazeremonien abgehalten, die in die christli-che Kirche übernommen wurden.
Wir beobachten eine alte Frau mit ihrer Tochter, die eine Reihe dünner Kerzen anzündet. Dazwischen legt sie Maiskolben, streut Rosenblätter, bespritzt das ganze mit Schnaps und zwischendrin geht sie immer wieder zu einem Seitenaltar, wo sie inbrünstig betet. Am Schluss packt sie Schnapsflasche und Maiskolben ein und die beiden gehen aus der Kirche.
in der Kirche von Chichigastenango
Auch wir gehen jetzt wieder hinaus und drängen uns durch den Handarbeitsmarkt. Bettüberwürfe, Tischtücher und Tischsets, bunte Handtaschen, Gürtel und Tongeschirr werden uns angeboten. Ich kann schlecht widerstehen und kaufe einem fliegenden Händler eine schöne Silberkette mit Jade-steinen ab. Und überall hin folgen uns Kinder, die ihre kleinen Püppchen feil halten. Ich habe noch ein Foto vom letzten Jahr von drei Mädchen dabei und mit Hilfe der Kinder finden wir bald darauf ei-nes der Mädchen.
Im Park, wo die kleinen Schuhputzer arbeiten, stellen sich drei Buben auf. Sie müssen das mit den Fotos mitbekommen haben, denn sie wollen unbedingt zusammen auf ein Foto. Ausserdem verkau-fen sie uns ein paar Halsketten. Auf dem Rückweg treffe ich noch Cecilia, der ich vor zwei Jahren einen wunderschönen gestickten Wandbehang abgekauft habe.
Cäcilia mit ihren Handarbeiten
Und dann ist es Zeit fürs Mittagessen. Wir kehren im schönen Patio des Hotels Santo Tomas ein. Hier verkehren nur Ausländer, an beiden Nebentischen sitzen Deutsche. Immer noch spielen der alte Marimbaspieler und eine moderne Band auf der Galerie. Im Garten gibt es überall wunderschöne Papageien.
Nach all dem Rummel auf dem Markt geniessen wir die Ruhe im schönen Garten und natürlich bewundert meine Mutter einmal mehr die exklusiven Blumen. Wir beobachten Kolibris, die wie Insekten schnell von Blüte zu Blüte fliegen. Vor der Abfahrt entdecke ich noch einen kleinen Bilderladen, in dem ich eines dieser speziellen Bildchen aus der Vogelperspektive erstehe.
Auf der Rückfahrt sehen wir nicht viel von der Gegend, denn es regnet unablässig. Wenn das die einzigen Ausläufer von Adrian sind, soll es mir recht sein.
Am späten Nachmittag treffen wir in Antigua ein. Wieder einmal sind wir voller Eindrücke von zwei farbigen Tagen. Zum Nachtessen gehen wir noch einmal in die Stadt, wo wir in einem düsteren Restaurant eine Zwiebelsuppe essen. Typisch in dieser Stadt sind die Kerzen, mit denen die Lokale be-leuchtet sind, denn Strom ist sehr teuer.
Im Patio des Hotels Santo Tomas
Aufbruch: | 13.05.2005 |
Dauer: | 3 Wochen |
Heimkehr: | 31.05.2005 |
Honduras