Auf ins Neolithikum
Cucuruzzo
Da es morgen regnen soll, müssen wir heute unsere wandernden Aktivitäten nutzen. Das Programm sieht Cucuruzzu vor. Es geht wieder einmal Richtung Sartène, erst dahinter beginnt unsere Etappe.
Vier Kilometer nach Beginn auf der D268 machen wir einen Fotostop an einer genuesischen Brücke aus dem 13. Jh. , die imposant allerdings recht versteckt an der Straße liegt.
Die Weiterfahrt führt in die Berglandschaft der Alta Rocca. Hoch über den sich im Gebiet der Flüsse Rizzanese und Fiumicicoli verengen sich die Täler schluchtartig. In 500 - 900 m liegen einige wohlhabende Siedlungen. Einer dieser Orte ist Sainte-Lucie-de-Tollano, inmitten einer Landschaft von Obst- und Olivenbäumen sowie Weingärten.
die Häuser sind z.T befestigt - einige haben Pecherkerne und Schießscharten - in ihnen haben sich früher die Bewohner bei Gefahr verschanzt
Und kurz vor Levia zweigt die Straße nach Cucuruzzu ab. Am Eingang erhalten wir eine laminierte Broschüre, ein deutsches Paar erzählt uns, dass man mindestens zwei Stunden für den Rundgang braucht.
Diese torreanische Festung liegt auf einem etwa 900 m hohen Granitplateau >Pianu di Levie«. Sie wurde erst 1959 bei Luftaufnahmen entdeckt.
Es handelt sich hier um eine Festung und Siedlung von Volksstämmen der Bronze- und Eisenzeit, die zwischen dem 9. und 4. Jahrhundert v. Chr. gelebt haben. Die Datierungen erfolgten mit Hilfe der Radiokarbonmethode.
Die Menschen lebten von Viehzucht (Schaf, Ziege, Schwein, Rind) und jagten Hirsche und Wildschweine, was Knochenfunde unter einem Felsvorsprung (Abri) im nördlichen Teil beweisen. Sie kannten aber auch schon Getreideanbau, wofür die gefundenen Mahlsteine zeugen. Leider fand man nur wenig Inventar bei den Ausgrabungen 1963-64, da die Anlage offensichtlich schon vorher geplündert worden war.
Durch einen lichten Wald geht es langsam bergab. Der Weg ist von einer Mauer eingefasst, zwei riesige Schwarzzedern säumen den Weg .
Und dann ist das Castellu erreicht.
Der gesamte Komplex gliedert sich deutlich in drei Bereiche: die Festung mit hoher zyklopischer Mauer ist nach Westen orientiert, das Kultmonument liegt im Osten, unterhalb davon das torreanische Dorf. Die Festung nimmt eine Fläche von etwa 30 mal 40 m ein und besteht aus Felsblöcken von einer halben bis einer Tonne Gewicht; die Durchschnittshöhe beträgt 5 m, die Mauerstärke 2 bis 5 m.
Die militärische Kontrolle des torreanischen Bauwerks von innen zeugt von einer geistreichen und wirksamen Konzeption mit Hilfe von Kasematten, unterirdischen Bereichen, Wehrgängen, schießschartenartigen Offnungen, Überwachungsposten und Arsenalen für die Schleudersteine.
(aus: Rother, Korsika)
Der zentrale Unterstand
Wenn man sich von den Logen A und B gegen das Zentrum des Casteddu wendet, so sieht man ein kreisartiges Gebilde aus Steinblöcken, welches früher eine Hütte darstellte. Nach der Errichtung der Mauern wurde dieser Bau von einer enormen Graniplatte bedeckt, die später einstürzte. Es gibt mehrere Beweise dafür, dass dieser riesige Granithohlblock von Menschenhand auf die Hütte gesetzt wurde. Zum einen sind die Aushöhlungen (Tafoni) normalerweise immer nach unten gerichtet und liegen nicht, wie in diesem Falle, auf der Oberseite der Steinmasse. Überdies fand man unter diesem Abri verzierte Keramik, was auf eine Verwendung des Tafonifelsen als Grabstätte schließen läßt.
Im Westen befinden sich zwei Logen in der Befestigungsmauer. Die Funktion ihrer Öffnungen ist noch unklar (Lichteinfall? Rauchabzug?). Aufgrund der Funde von Tonklumpen vermutet man auch Orte für die Herstellung von Töpferwaren oder aber eine Räumlichkeit, wo Korn zu Mehl verarbeitet wurde, was gefundene Mahlsteine und andere Zerkleinerungswerkzeuge vermuten lassen.
Das höher gelegene Kultmonument diente wahrscheinlich dem Totenkult. Sein Eingang mit Blick nach Osten liegt etwa 10 m über dem Niveau des torreanischen Dorfes.
Ein Gang führt zu einer runden Cella von 3 bis 4 m Durchmesser, die sich an die Naturfelsen anschließt. Ihr Gewölbe von 3 m Höhe ist in Form eines falschen Gewölbes (Bienenkorbkuppel) ausgeführt, wie man es überall im Mittelmeerraum antrifft. Auf Korsika ist dies das einzige intakte torreanische Gewölbe
Von dort führt der Weg zum Castellu di Capula, eine torranische Stätte die bis ins Mittelalter besiedelt war.
Eingang zur Festung.
Der Weg ist von Felsblöcken gesäumt, einige von ihnen mit Tafonibildungen. Die Anlage ist eine der seltenen Befestigungen des Mittelalters, die Reitern den Zugang erlaubte.
Die zwei Stunden benötigen wir auch, um über Stock und Stein zu balancieren.
Auf der Rückfahrt nach Levia sehen wir das erste Mal eine Schafherde, die uns den Weg versperrt.
Da wir das Museum in Sartène zu den frühen Zeitaltern ausgiebig studiert haben, beschließen wir, das kleine Museum in Levia auszulassen und stattdessen nach Carbini zu der romanischen Kirche zu fahren, die frühromanische genuesische Einflüsse in Form von Rundbogenfriesen aufweist. Beeindruckend ist der Campanile, der abseits der Kirche steht . Die lange Fahrt hierher hat sich gelohnt – weil wir das Navi nicht eingeschaltet hatten, kamen uns die 8 km von Levia hierher enorm weit vor.
Die romanische Kirche war einst Versammlungsort der 'Giovanna, das waren jene Korsen, die sich im 14. Jh. gegen den korsischen Adel erhoben und daraufhin als Ketzer verfolgt und getötet wurden.
Die Kirche ist einschiffig und schließt im Osten mit einer halbkreisförmigen Apsis mit Halbkuppel ab. Im Inneren fehlt fast jede Dekoration; die Außenwände besitzen Kranzgesimse und das Giebelfeld deer Westfassade Zierarkaden.
In Zonza angekommen finden wir dort nichts auf Anhieb Sehenswertes – der Ort ist voller Biker. Wir beschließen die Rückfahrt über Porto Vecchio zu nehmen und haben während dieser die Möglichkeit unsere zweiten 10000 Schritte zu tun, in dem wir durch lauter ‚Riesenknubbelsteine‘ zu einer Kaskade laufen, die zwar im Sommer nicht spektakulär ist. Aber der Weg ist schließlich das Ziel.
An der Talsperre von Ospédale sehen wir tatsächlich – wie im Reiseführer beschreiben- die abgesägten Baumstümpfe am Uferrand vom ersten Füllen der Talsperre.
Durch die zweite Wanderung ist es spät geworden und wir steuern sofort Chez Felix an, wo Ulrike heute den Spieß mit Lammfleisch wählt und ist mich mit einer Pizza 4 Saisons vergnüge.
Aufbruch: | 29.09.2018 |
Dauer: | 8 Tage |
Heimkehr: | 06.10.2018 |