Wer will nochmal, wer hat noch nicht? Zum zweiten Mal in die Versilia

Reisezeit: Juli 2019  |  von Kathrin Hentzschel

Den Bergen ganz nah

Zum Greifen nah und doch weit weg: die Berge der Garfagnana.

Zum Greifen nah und doch weit weg: die Berge der Garfagnana.

Meine heutige Radtour startet inzwischen traditionell über Minazzana, Basati und die lange Abfahrt nach Ruosina, um den Verkehr in Seravezza zu vermeiden. Diesmal nehme ich die Abzweigung nach Pruno, einem noch höher gelegenen Ort als Stazzema, entscheide mich aber nach der zweiten Abzweigung anders. Ich fahre die Straße weiter, obwohl es kein Hinweisschild nach irgendwo gibt. Nach Castelnuova di Garfagnana sind es 33 Kilometer, da will ich zwar nicht hin, weil viel zu weit, aber es ist eine verheißungsvolle Richtung: In die Berge nämlich. Es ist auch gut machbar, wobei mich die kurze Fahrt durch einen kleinen Tunnel graust, der plötzlich vor mir auftaucht. Denn ich bin langsam, es ist dunkel und ich werde nicht gesehen (zurück ist es übrigens fast noch gruseliger, denn ich bin schnell, sehe im Dunkeln die Straße nicht, und werde natürlich auch nicht gesehen). Aber ich überlebe, und ein Ortsschild grüßt mich: Retignano. Darauf wird auf die Chiesa di San Pietro verwiesen, deren Anfänge ins 8. Jahrhundert zurückgehen. Das sollte mir doch einen Blick wert sein.

Ein Schutzhüttchen, leider ohne Bewirtung.

Ein Schutzhüttchen, leider ohne Bewirtung.

Aber doch mal zum Die-Füße-Hochlegen.

Aber doch mal zum Die-Füße-Hochlegen.

Leicht wird es mir nicht gemacht; die Straße windet sich durch diesen an den Berg geschmiegten Ort, und sie wird von Kurve zu Kurve steiler. Die Kirche ist zu, aber ich schaue mir den auch auf mehrere Terrassen angelegten Friedhof an. Und fahre alsdann noch höher. Das Campo sportivo – wie alle Sportplätze hier natürlich oberhalb des Ortes gelegen, was den Sportlern das Aufwärmen erspart – lockt mich, und ich habe das Gefühl, die Berge sind zum Greifen nah. Das sind sie natürlich nicht; dennoch ist die Kulisse beeindruckend. Nach diesem Programm fällt mir die Mädchenstrecke Servezza-Fabbiano doch etwas schwer. Zugegeben.

Modernes in altem Gemäuer

Am Abend flanieren wir durch Pietrasanta. Jetzt lässt sich also alles noch einmal bei Licht fotografieren; die Geschäfte sind geöffnet, der Dom ebenfalls, und in der Kirche San Agostino besichtigen wir die Ausstellung des uruguayischen Bildhauers Pablo Atchugarry. Es ist berührend, die modernen, abstrakten, aber unendlich filigran gefalteten Marmorstatuen zwischen der doch eher düsteren Sakralkunst zu sehen, und die Stimmung ist einzigartig feierlich. Ich halte meine Hände an die Figuren, und obwohl ich den Marmor nicht berühre, spüre ich deutlich seine Energie.

Kunst mit Kartoffelsäcken und Kathrin.

Kunst mit Kartoffelsäcken und Kathrin.

Er hat's drauf mit der bella figura: Senfgelbes Leinenhemd (neu!) mit Urban vor senfgelber Fassade.

Er hat's drauf mit der bella figura: Senfgelbes Leinenhemd (neu!) mit Urban vor senfgelber Fassade.

Vom Hunger gezeichnet? In der Pizzeria 55 wurden wir alsbald bestens umsorgt.

Vom Hunger gezeichnet? In der Pizzeria 55 wurden wir alsbald bestens umsorgt.

Kunst und Kommerz

Pietrasanta hat in etwa so viele Geschäfte wie Kunstgalerien, und beides zu besichtigen ist ein Erlebnis. Denn auch die extravagant eingerichteten Läden bieten interessante Details, die mich inspirieren, wie z. B. einen mit Schwemmholzstücken und alten Werkzeugteilen gerahmten Spiegel oder den mit Tüchern beklebten Stuhl. Kunst und Kommerz gehen hier Hand in Hand. Natürlich sind auch die Klamotten interessant, aber wirklich Schönes und Spannendes ist preislich nur den neureichen Russen vorbehalten; die meisten Sachen sind weniger verrückt als einfach nur eine Spur „troppo“: Ein Volant, eine Glitzerreihe oder ein Gewalle zu viel. Gut so – das fordert die Augen, schont aber den Geldbeutel.

Blick in eine Kunstgalerie.

Blick in eine Kunstgalerie.

Und hier in ein Geschäft.

Und hier in ein Geschäft.

Wieder Kunst.

Wieder Kunst.

Und erneut Kommerz. Schön ist beides, und es weckt Begehrlichkeiten ...

Und erneut Kommerz. Schön ist beides, und es weckt Begehrlichkeiten ...

Die Fassade eines Ladens.

Die Fassade eines Ladens.

Such die Kaninchen!

Such die Kaninchen!

Und ein weiteres Schaufenster.

Und ein weiteres Schaufenster.

Der Mops ist echt und hatte zum Glück auch bald Feierabend.

Der Mops ist echt und hatte zum Glück auch bald Feierabend.

Der nachmittags beschauliche Domplatz ist nun ein einziger Rummel: Straßenmusiker und -künstler treten auf, ein Verkäufer beleuchteter Luftballons lässt immer wieder Leuchtsachen mittels einer Schleuder in den Himmel steigen, und aus den umliegenden Bars tönt Musik. Wir empfinden es als anregend und berauschend. Klar – wir sind ausgeruht und entstresst!

Blick in den Dom von Pietrasanta.

Blick in den Dom von Pietrasanta.

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Die Reise
 
Worum geht's?:
Zwei Mal hintereinander an denselben Ort?! Eigentlich sind wir doch noch nicht in dem Alter … Dochdoch, das geht, wenn man sich dort erstens bereits im letzten Jahr sehr wohl gefühlt hat. Und man zweitens Höhepunkte einplant. Zum einen hatte ich diesmal die Goldfüchsin, mein Rennrad, dabei und mir extra schicke Radklamotten gekauft. Wenn ich schon nichts auf der Kette habe, dann will ich wenigstens in Schönheit sterben! Zudem „bella figura“ in Italien Pflicht ist.
Details:
Aufbruch: 07.07.2019
Dauer: 14 Tage
Heimkehr: 20.07.2019
Reiseziele: Italien
Der Autor
 
Kathrin Hentzschel berichtet seit 14 Jahren auf umdiewelt.
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