Wer will nochmal, wer hat noch nicht? Zum zweiten Mal in die Versilia
Wie blöd kann man sein?
Albert Einstein hat angeblich gesagt: "Die menschliche Dummheit und das Weltall sind unendlich. Bei letzterem bin ich mir nicht sicher." Bezüglich der Unendlichkeit unserer (meiner) Dummheit hätte er sicher sein können ...
Seit Tagen lag mir Urban schon in den Ohren, mal auf die Rechnung zu schauen, um festzustellen, bis zu welcher Uhrzeit wir die Originaltickets für das New-Order-Konzert in Lucca abholen müssten. "Das hat Zeit, das sehen wir am Samstag Vormittag noch", war regelmäßig meine Antwort.
Es wird Samstag Morgen, und als er auf die Rechnung schaut, entfährt ihm ein Fluch, den ich bis ins Bad oben höre: Das Konzert war – gestern! Bedröppelt trotten wir umher, beschließen aber nach einer Schockstunde, dennoch nach Lucca zu fahren. Urban braucht schließlich wieder feine italienische Leinenklamotten, die es hier in seiner Größe gibt.
Doch der Weg dorthin ist mit Unbilden gepflastert. Und zuvor höre ich ein Gespräch zwischen zwei Frauen, die sich, wie ich es verstehe, über die Katzenplage auslassen. Mir schwant Ungutes.
Zuerst verfehlen wir den Weg, weil wir uns aufs Navi verlassen, dem wir eingebläut haben, keinen Weg mit Autobahn (Maut!) anzuzeigen. Das hat letztes Jahr schließlich auch geklappt. Als wir uns übers Gebirge hinaufwinden, versperrt ein Unfall den Weg; ein Auto liegt auf dem Dach. Da wir davon ausgehen, dass dessen Bergung dauert, kehren wir um und lassen uns eine neue Route anzeigen.
In Lucca endlich parken wir das Auto zwei Mal um, weil wir erst lernen müssen, dass gelb umrandete Parkplätze für Anwohner, und nur die blauen für Gäste vorgesehen sind. Dass wir den Automat mit nicht wenig Kleingeld füttern und dennoch kein Ticket erhalten, liegt daran, dass wir den Anwohnerknopf gedrückt haben … Wir lassen es aber drauf ankommen und hoffen, weder das Auto suchen, noch mit Parkkralle versehen finden zu müssen.
Doch dann fühlen wir uns auf Anhieb wieder sehr wohl. Die Temperaturen sind erträglich, weil durch Luccas autofreie Innenstadt immer ein Wind weht und die Gassen durch die hohen Häuser größtenteils beschattet sind. Der Reiseführer bleibt im Rucksack stecken und wir lassen uns treiben.
Schon bald haben wir bildhübsche Leinensachen zum wohlfeilen Preis im Sack. Wir finden auch den Radladen mit den tollen Klamotten wieder, und ich kaufe mir ein federleichtes Trikot, leider nicht ganz so wohlfeil, dafür aber kleidsam und für daheim zum Angeben. Zum Soundcheck von Mark Knopfler (den Urban gerne gesehen hätte und dessen lange ausverkauftes Konzert heute Abend stattfindet), verlassen wir die Stadt. Ein bisschen müssen wir unser Auto suchen, aber es scheint unberührt. Was noch nicht viel zu heißen hat – Freunden von uns flatterte noch nach einem halben Jahr ein Strafzettel ins Haus. Obwohl sie bezahlt hatten. Man weiß also nie.
„Daheim“ in Seravezza wird fleißig gekünstlert. Weil die Laternen nicht nur Strickmäntel, sondern jetzt auch -mützen tragen und zudem mit Lautsprechern versehen sind, scheppert eine blecherne Live-Übertragung vom Blues Festival in die Ohren, und die Hauptstraße ist eine einzige Freiluftgalerie. Insgesamt doch ein guter Tag, den Umständen entsprechend. Wir betrachten Bilder, Skulpturen und natürlich die Seravezzianer direkt vor unserer Nase. Um unsere kognitive Dissonanz zu reduzieren, reden wir uns das verpasste Konzert schlecht: "Live sind die doch gar nicht gut. Sie spielen ja nur vertechnote Versionen ihrer 80-er-Hits. Oder hat schon mal jemand die wirklich schönen Stücke von der "Waiting for the Sirens' Call" oder "Get ready" auf der Bühne gehört?!"
Als wir später oben ankommen, fehlt La Grigia ...
Aufbruch: | 07.07.2019 |
Dauer: | 14 Tage |
Heimkehr: | 20.07.2019 |