Wer will nochmal, wer hat noch nicht? Zum zweiten Mal in die Versilia
Keine Kunden für einen Regenschirm
Regen. Ausdauernd, nass, kühl. Eigentlich wollten wir die uns noch unbekannten Orte Pietrasanta – Heiliger Stein – das marmorne Oberzentrum der Versilia, und das Seebad Viareggio ansehen. Zunächst frönen wir der Leselust – Urban verschlingt gerade den zweiten Adler-Olsen-Krimi; ich beschäftige mich ein bisschen mit dem Konditional der italienischen Verben: hätte, wäre, könnte. Kann man immer brauchen.
Pietrasanta ist nur 5 Kilometer entfernt, und bisher kennen wir diese Stadt nur von der Durchfahrt nach Lucca. Da wirkt sie unspannend, eben wie eine Stadt zum Durchfahren. Doch Reiseführer schwärmen von ihr, und wir bald auch. Pietrasantra besitzt zahlreiche Bildhauerwerkstätten, Bronzegießereien und mindestens ebenso viele schicke Läden mit ausgefallenen Dingen, die aber zum Glück in der Mittagszeit geschlossen haben. Der Dom San Martino aus dem 13. Jahrhundert allerdings ebenfalls. Doch auch von außen ist er eine Augenweide – schneeweißer Marmor mit blassgrünen Toren. In reizvollem Kontrast dazu der Campanile aus rotem Backstein, das Wahrzeichen der Stadt. Gerne hätte ich die spiralförmige Treppe mit den 100 Stufen in seinem Inneren erklommen. Einzig das Baptisterium ist geöffnet. In seinem ausladenden Taufbecken könnten Täuflinge erste Schwimmrunden drehen.
Noch reicht das Licht zum Fotografieren, und wir erfreuen uns an den Skulpturen, die in Pietrasanta allgegenwärtig sind. Dann setzt auch hier ein nicht enden wollender Regen ein, und wir verbringen eine Weile in einem Café, unter einem Bleiglasdach sitzend. So können wir dem fliegenden Händler, der nicht, wie in Forte am Strand, bunte Tücher und Kleider, sondern Regenschirme anbietet, verbal eine lange Nase drehen: „Ombrello? Non abbiamo bisogno!“ Zumal – und das ist lustig – an vielen Ecken Regenschirme stehen. Womöglich sind sie ja kaputt, aber es sind so viele, sodass der Verdacht aufkommt, jeder lässt seinen einfach für jemanden in einer Notlage stehen, wenn er ihn selbst nicht mehr braucht. Wäre doch schön – sarebbe bello, no? Wobei wir beim Konditional wären.
Wir merken uns, dass Pietrasanta auch am Abend, wenn die Geschäfte, Bars und Skulpturen beleuchtet sind, interessant sein könnte, und sparen uns für heute Viareggio. Jugendstilfassaden im Regen machen sicher wenig Spaß.
Aufbruch: | 07.07.2019 |
Dauer: | 14 Tage |
Heimkehr: | 20.07.2019 |