Wer will nochmal, wer hat noch nicht? Zum zweiten Mal in die Versilia

Reisezeit: Juli 2019  |  von Kathrin Hentzschel

Keine Kunden für einen Regenschirm

Regen. Ausdauernd, nass, kühl. Eigentlich wollten wir die uns noch unbekannten Orte Pietrasanta – Heiliger Stein – das marmorne Oberzentrum der Versilia, und das Seebad Viareggio ansehen. Zunächst frönen wir der Leselust – Urban verschlingt gerade den zweiten Adler-Olsen-Krimi; ich beschäftige mich ein bisschen mit dem Konditional der italienischen Verben: hätte, wäre, könnte. Kann man immer brauchen.

Pietrasanta ist nur 5 Kilometer entfernt, und bisher kennen wir diese Stadt nur von der Durchfahrt nach Lucca. Da wirkt sie unspannend, eben wie eine Stadt zum Durchfahren. Doch Reiseführer schwärmen von ihr, und wir bald auch. Pietrasantra besitzt zahlreiche Bildhauerwerkstätten, Bronzegießereien und mindestens ebenso viele schicke Läden mit ausgefallenen Dingen, die aber zum Glück in der Mittagszeit geschlossen haben. Der Dom San Martino aus dem 13. Jahrhundert allerdings ebenfalls. Doch auch von außen ist er eine Augenweide – schneeweißer Marmor mit blassgrünen Toren. In reizvollem Kontrast dazu der Campanile aus rotem Backstein, das Wahrzeichen der Stadt. Gerne hätte ich die spiralförmige Treppe mit den 100 Stufen in seinem Inneren erklommen. Einzig das Baptisterium ist geöffnet. In seinem ausladenden Taufbecken könnten Täuflinge erste Schwimmrunden drehen.

Ein Platz, wie ich ihn mag: weit, ruhig, mediterran.

Ein Platz, wie ich ihn mag: weit, ruhig, mediterran.

Kunst ist auch im Regen anregend.

Kunst ist auch im Regen anregend.

Und hier gibt das regnerische Grau dem Bild eine ganz eigene Note.

Und hier gibt das regnerische Grau dem Bild eine ganz eigene Note.

Noch reicht das Licht zum Fotografieren, und wir erfreuen uns an den Skulpturen, die in Pietrasanta allgegenwärtig sind. Dann setzt auch hier ein nicht enden wollender Regen ein, und wir verbringen eine Weile in einem Café, unter einem Bleiglasdach sitzend. So können wir dem fliegenden Händler, der nicht, wie in Forte am Strand, bunte Tücher und Kleider, sondern Regenschirme anbietet, verbal eine lange Nase drehen: „Ombrello? Non abbiamo bisogno!“ Zumal – und das ist lustig – an vielen Ecken Regenschirme stehen. Womöglich sind sie ja kaputt, aber es sind so viele, sodass der Verdacht aufkommt, jeder lässt seinen einfach für jemanden in einer Notlage stehen, wenn er ihn selbst nicht mehr braucht. Wäre doch schön – sarebbe bello, no? Wobei wir beim Konditional wären.

Wir merken uns, dass Pietrasanta auch am Abend, wenn die Geschäfte, Bars und Skulpturen beleuchtet sind, interessant sein könnte, und sparen uns für heute Viareggio. Jugendstilfassaden im Regen machen sicher wenig Spaß.

Was Frau so zum Ausgehen braucht.

Was Frau so zum Ausgehen braucht.

Warum ich dem Hasen die Ohren abgeschnitten habe, ist mir ein Rätsel ....

Warum ich dem Hasen die Ohren abgeschnitten habe, ist mir ein Rätsel ....

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Die Reise
 
Worum geht's?:
Zwei Mal hintereinander an denselben Ort?! Eigentlich sind wir doch noch nicht in dem Alter … Dochdoch, das geht, wenn man sich dort erstens bereits im letzten Jahr sehr wohl gefühlt hat. Und man zweitens Höhepunkte einplant. Zum einen hatte ich diesmal die Goldfüchsin, mein Rennrad, dabei und mir extra schicke Radklamotten gekauft. Wenn ich schon nichts auf der Kette habe, dann will ich wenigstens in Schönheit sterben! Zudem „bella figura“ in Italien Pflicht ist.
Details:
Aufbruch: 07.07.2019
Dauer: 14 Tage
Heimkehr: 20.07.2019
Reiseziele: Italien
Der Autor
 
Kathrin Hentzschel berichtet seit 14 Jahren auf umdiewelt.
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