Wer will nochmal, wer hat noch nicht? Zum zweiten Mal in die Versilia

Reisezeit: Juli 2019  |  von Kathrin Hentzschel

Geleit für eine Schlange und Edeltrödel in Forte

Die Toskana im Herzen.

Die Toskana im Herzen.

Der Sonntag gehört den Hobbys, das ist auch im Urlaub so. Da ich nicht mit Schwerlastverehr auf der Talstraße rechnen muss, mache ich, was alle drahtigen, braungebrannten Italiener (und ein paar wenige -innen) auch tun: Radfahren. Wieder nehme ich die Strecke über Minazzana und Basati mit der schönen langen Abfahrt. Oberhalb der Mühle sehe ich einen Radler (italienisch, drahtig, braungebrannt), der sein Rad aufpumpt. Höflichkeitshalber, weil ich ja nicht wirklich helfen könnte, frage ich, ob alles okay sei. Sisi, tutto bene. An der Brücke in Ruosina treffen wir uns wieder, und er würde mich doch glatt auf einen Kaffee einladen, so sehr hat er sich über mein Angebot gefreut. Während er sich auf der Rückfahrt vom Croce Sowieso in über 1000 Metern befindet, will ich in die Stazzema-Richtung, und überhaupt scheint in Ruosina auch kein Café zu sein. Wir trennen uns mit Handschlag, und ich freue mich über zumindest ein bisschen nettes Radgeplauder. Eine Vertiefung wäre bei meinem doch nur sehr rudimentär vorhandenen Italienisch und seinen komplett fehlenden Fremdsprachenkenntnissen eher anstrengend gewesen.

Zunächst peile ich Ponte Stazzemese an, was ich nach einem Kilometer erreiche, und weil es nach Stazzema nur noch 6 Kilometer sind (freilich bergauf), wage ich es einfach. Überhaupt gibt es dort viele Orte zum Anfahren, wie die Straßenschilder verraten, und aus allen Richtungen kommen Pulks von Radfahrern. Gut zu wissen.

Die Fahrt ist ein Traum, und irgendwann erreiche ich Stazzema. Ein hübscher, kleiner Ort mit einem Uhrturm aus dem 17. Jahrhundert, den sich die Medici gewünscht und mit einem Zifferblatt aus, ja, was wohl, weißem Marmor ausgestattet hatten. An einem Brunnen aus dem 16. Jahrhundert fülle ich die Trinkflasche und mache Pause auf dem weiträumigen Dorfplatz im Schatten alter Platanen. Dann mache ich einen Rundgang um die Kirche, während zwei ältere Signori mein Fahrrad im Auge behalten. Sie übernehmen diese Aufgabe gerne, obwohl wir alle sicher sind, dass hier nichts wegkommt.

Auch ein schönes Bici.

Auch ein schönes Bici.

Und das erst!

Und das erst!

Diese sind etwas teurer.

Diese sind etwas teurer.

Ich verabrede mich mit Urban im Eisladen von Seravezza und fahre gemächlich nach unten, nicht ohne kurz an einer geeigneten Stelle meine Füße bis zum Knie in der Vezza zu kühlen. Es ist herrlich – von oben scheint die Sonne, während das Wasser einfach nur angenehm ist. Überhaupt schwitze ich nur bei den sonnenbeschienen Auffahrten, und die Abfahrten sind sowieso erfrischend.

Anders ist es in Seravezza. Die Straßen kochen, und laut Urban waren es am Parkplatz in Fabbiano oben 40 Grad. Er macht sich Richtung Meer auf, während ich bereit bin, die Auffahrt über Riomagno und Malbacco, ein Ort, der dieselbe Vernachlässigung und Einsamkeit wie Helmbach im Elmsteiner Tal ausstrahlt, in Angriff nehme. Entlang der Sera steht ein Auto am anderen. Die Menschen nutzen den Sonntag, am Fluss zu lagern und sich an den Wasserfällen abzukühlen. Am Anfang geht es für mich auf der Straße „Monte Altissimo“ (der Name ist Programm) gut voran. Doch letztlich bin ich gezwungen, drei Mal abzusitzen und zu schieben. Wen wundert's – ich habe ja schon bei der Abfahrt schieben müssen. Es ist für mich einfach ein, zwei Nummern zu groß, zumindest diese Erkenntnis habe ich gewonnen.

Posen und schieben, jaja ... Manchmal fahre ich aber auch.

Posen und schieben, jaja ... Manchmal fahre ich aber auch.

Plötzlich raschelt es neben mir im Straßengraben, ein dunkles Etwas von gut einem halben Meter Länge schickt sich an, schlängelnd die Straße zu überqueren. Natürlich kommt in diesem Moment von oben ein Auto. Ich stelle mich quer und wedle mit der Hand, damit die Schlange lebend die andere Seite erreichen kann (es liegen bereits viel zu viele plattgefahrene Krötenleichen auf dem Asphalt). Drinnen kreischt es: „Ist es eine Viper?!“ „Ich glaube nicht“, radebreche ich, „ist bestimmt nicht gefährlich.“ Im Zweifel immer für den Angeklagten, sprich, das Tier!

Als ich zurückkomme, begrüßen mich Fiducia, der Flirtkater und La Grigia im Galopp. Sie ist wieder da! Glücklich schaufle ich einen Topf Tagliatelle mit Tomatensoße, frischem Knoblauch, Salbeiblättern und Kapern in mich hinein, und La Grigia bekommt aus Wiedersehensfreude ausnahmsweise ein Eckchen Parmesan.

Unser kleiner Mauerwächter ist wieder da.

Unser kleiner Mauerwächter ist wieder da.

Urban berichtet unterdessen von einem Edelflohmarkt in Forte, dem schicksten Badeort an der versilianischen Küste, auf den ich persönlich getrost verzichten kann. Zitat aus einem alternativen Reiseführer der 80-er eines wohl kulturbeflissenen Autors: „Lediglich der gepflegte Strand ist lobenswert, auch wenn er nicht umsonst zu haben ist (heute für 60 Euro am Tag für eine vierköpfige Familie, habe ich mir sagen lassen). Sicherlich auch nicht die Nachtlokale des Ortes, die sehr gut sein sollen, wurden mangels Laune und wegen Masse nicht überprüft“ …!

Die Jahrzehnte alten Sonnenbrillen von Gucci und Prada, alte Küchenmaschinen, Silberbesteck mit Perlmuttgriffen in Edelholztruhen sowie die historischen Motor-Fahrräder, piccobello restauriert und für 4000 Euro zu haben, hätte ich indessen durchaus gerne gesehen (s. Bild oben).

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Die Reise
 
Worum geht's?:
Zwei Mal hintereinander an denselben Ort?! Eigentlich sind wir doch noch nicht in dem Alter … Dochdoch, das geht, wenn man sich dort erstens bereits im letzten Jahr sehr wohl gefühlt hat. Und man zweitens Höhepunkte einplant. Zum einen hatte ich diesmal die Goldfüchsin, mein Rennrad, dabei und mir extra schicke Radklamotten gekauft. Wenn ich schon nichts auf der Kette habe, dann will ich wenigstens in Schönheit sterben! Zudem „bella figura“ in Italien Pflicht ist.
Details:
Aufbruch: 07.07.2019
Dauer: 14 Tage
Heimkehr: 20.07.2019
Reiseziele: Italien
Der Autor
 
Kathrin Hentzschel berichtet seit 14 Jahren auf umdiewelt.
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