"Kommen Sie, kommen Sie!", "Schmatz ned so" und "Proszę wódki"

Reisezeit: August 2019  |  von Martin Mitterer

Krakau: Altstadt

Am Abend erstrahlt der Hauptplatz im Lichterglanz.

Am Abend erstrahlt der Hauptplatz im Lichterglanz.

Von Trompetern, Drachen und Königen

Einer der Treffpunkte in der Altstadt ist der Hauptplatz (Rynek Główny) vor der Marienkirche. Neben der Kathedrale auf dem Wawel ist sie eine der wichtigsten Kirchen in Kraków. Denn während die auf dem Wawel die der Könige und Adeligen war, ist sie die Kirche der Bürger. Dementsprechend lebendig geht es auch auf diesem Platz zu.
Ein besonderes Ereignis ist der Turmbläser, der zu jeder vollen Stunde die Hejnał-Melodie in alle vier Himmelsrichtungen erklingen lässt. Jedes Mal bricht er aber nach fünf Tönen ab. Der Hintergrund dieses Spiels liegt im Jahre 1241, als Kraków wieder einmal von mongolischen Truppen überfallen wurde. Oben im Turm musste immer jemand wachen, um die Bewohner vor Feuer oder herannahenden Feinden zu warnen. Als er die Truppen sah, wollte er pflichtgetreu seine Aufgabe erledigen, doch ein Mongole brachte ihn mit einem Pfeil in die Kehle nach fünf Tönen zum Schweigen.

Aus diesem Fenster bläst zu jeder vollen Stunde ein Feuerwehrmann seine fünf Töne.

Aus diesem Fenster bläst zu jeder vollen Stunde ein Feuerwehrmann seine fünf Töne.

Ein weiterer Fixpunkt jeder Stadtbesichtigung ist der Wawel. Dieses imposante Plateau am Ufer der Wisła / Weichsel diente Hunderte von Jahren der politischen und religiösen Macht als Zentrum. Bis 1734 wurden in der Kathedrale, die den Heiligen Stanisław von Kraków und Wenzel geweiht ist, die polnischen Könige gekrönt und auch bestattet. Auch andere wichtige Persönlichkeiten sind hier begraben. Eine immer wieder aufflammende Debatte ringt sich auch um die Frage, warum Papst Johannes Paul II. nicht hier begraben wurde. Es ist wohl wirklich nur eine Frage der Zeit, bis sein Leichnam - oder was dann noch übrig ist - nach Kraków überstellt wird.

"Drachenknochen" vor dem Eingangsportal

"Drachenknochen" vor dem Eingangsportal

Vor dem Eingangsportal der Kathedrale hängen Drachenknochen. Heute weiß man, dass es sich um Knochen damals exotischer Tiere wie z.B. Wal handelt. Geblieben ist der Glaube, dass Krakau, Polen und die ganze Welt untergehen, wenn die Knochen herunterfallen.

Wenn du zum Drachen gehst. vergiss das Schaf nicht!

Unter dem Wawel befindet sich eine Höhle, in der einer Legende folgend ein Drache gelebt hat. Dieser Drache hat - wie es ja offenbar für böse Drachen üblich ist - ständig Jagd auf Schafe, Ziegen und Frauen gemacht. Eines Tages ließ sich ein Mann namens Krak ein totes Schaf bringen, nahm es aus und füllte es mit Pech und Schwefel. Der Drache stürzte sich auf das Schaf und verschlang es. Danach bekam er aber solch einen Durst, dass er sich zum Ufer der Wisła schleppte und gierig trank, bis es ihn zerriss. Aus Dank darüber benannten die Bewohner die Stadt nach ihrem Retter Krak Kraków.

Wenn heut' der Drache Feuer speit, fürcht sich wohl keine Maid.

Wenn heut' der Drache Feuer speit, fürcht sich wohl keine Maid.

Skandal durch Wind

Früher war Kraków von einer hohen Stadtmauer umgeben, die aber vor ca. 200 Jahren entfernt wurde. Lediglich ein kleines Stück am Florianstor und der davorstehende Festungsbau Barbakane blieben erhalten. Das machten die Krakówer aus sittlichen Gründen. Denn sie fürchteten, dass der Wind, der sonst ungehindert in die Altstadt strömen konnte, die Röcke der Damen heben würde. Für so manchen Mann ein willkommener Anblick, für die damaligen Stadtherren ein Skandal.

Barbakane mit anschließendem Florianstor

Barbakane mit anschließendem Florianstor

Wie in ganz Polen ist auch in Kraków Johannes Paul II allgegenwärtig. Da er ja in dieser Stadt tätig war, ist das auch kein Wunder. Hin und wieder mag für unser Befinden diese Verehrung übertrieben sein. Doch mit Blick auf die Geschichte Polens in der zweiten Hälfte des 20. Jh wird klar, wie wichtig er war. Und seien wir ehrlich: Wenn irgendwann einmal ein Österreicher Papst wird, wird er auch allgegenwärtig sein. Ganz nach dem Motto der Bild-Zeitung: "WIR SIND PAPST!"

Straßenbahn in den Vatikanfarben

Straßenbahn in den Vatikanfarben

Die Papsttreue findet sich zum Beispiel auch darin, dass eine der sonst blau-weißen Straßenbahnen, die die Altstadt umrunden, anlässlich eines Besuches Papst Franziskus' weiß-gelb gefärbt wurde. Und sie umrundet die Altstadt auch heute noch.

© Martin Mitterer, 2019
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Wie viele andere Länder Europas hat Polen eine lange und wechselvolle Geschichte hinter sich. Sie reicht von einem einflussreichen und großen Königreich bis zu Zeiten, in denen Polen überhaupt nicht mehr existierte. Welche bedeutende Rolle hier die katholische Kirche spielte, wurde mir erst während dieser Reise bewusst. Polen ist vor allem auch eines: Ein Land mit freundlichen Menschen und großen Teilen noch unberührter Natur.
Details:
Aufbruch: 20.08.2019
Dauer: 11 Tage
Heimkehr: 30.08.2019
Reiseziele: Polen
Der Autor
 
Martin Mitterer berichtet seit 4 Jahren auf umdiewelt.