"Kommen Sie, kommen Sie!", "Schmatz ned so" und "Proszę wódki"
Częstochowa und Oświęcim
Von einer schwarzen Madonna und unfassbarem Leid
Obwohl wir uns die ganze Zeit weitestgehend mit öffentlichen Verkehrsmitteln bewegten, wählten wir für diesen Tag doch einen Kleinbus. Der Einfachheit halber.
Erster Tagespunkt war die Stadt Częstochowa mit ihrer weltbekannten schwarzen Madonna. Tag für Tag, Jahr für Jahr pilgern tausende Menschen aus Polen und der Welt zu diesem Ort. Hier ist die Bedeutung der katholischen Kirche sehr stark spürbar. Denn Częstochowa - beziehungsweise "Jasna Góra", wie das Kloster dort heißt - gilt als der Ort, an dem Polen nie aufgehört hat zu existieren. Dementsprechend wichtig ist er für das Empfinden der Polen, deren Land zweimal im Laufe seiner Geschichte von der Landkarte verschwand. Und das verdanken sie unter anderem der Schwarzen Madonna. Wenn man die dicke Mauer, mit der die Anlage umgeben ist, sieht, wird auch klar, warum dieser Ort nie eingenommen wurde.
Als ich die schwarze Madonna das erste Mal sah, war ich - zugegebenermaßen - enttäuscht. Denn ich hätte mir eine wuchtige Statue erwartet. Stattdessen erblickte ich ein löchriges Marienbild mit Kind und schwarzem Hintergrund. Aber vielleicht muss man auch Pole sein, um die Bedeutung des Bildes und des Ortes wirklich würdigen zu können. Nichtsdestotrotz ist es eine schöne und beeindruckende Anlage, in der man seinen Glauben vertiefen und auch ausleben kann. Wer die Statue dann in der kleinen Kapelle besucht, nähert sich ihr von der linken Seite, hinter dem Altar vorbei und rechts wieder zurück. Viele tun dies auf Knien. Wir natürlich auch.
An den Wänden finden sich zahlreiche Zeugnisse von Menschen, denen die Schwarze Madonna geholfen hat. Das ist ein Zeichen von Glauben, der sich mit unserer ach so aufgeklären und wissenschaftlichen Welt nur schwer vereinen lässt.
Von verhängnisvollen Selfies und Berufsfragen
Nachdem ein paar von uns den Turm der Kirche erklommen hatten, wurde ich in die Kunst des Selfie eingeweiht. Irgendwie entzieht sich für mir die Freude, sich immer wieder selber zu fotographieren. Vielleicht liegt es doch daran, dass ich mit Abstand der Älteste in der Gruppe war Jedenfalls hatte es eine weitführende Wirkung. Denn als zwei Teilnehmerinnen das Foto ihren Eltern schickten, kam als Antwort: "Habt ihr einen Pfarrer dabei?" Somit war neben "Schmatz ned so" und "Proszę wódki" ein weiterer Running Gag der Reise geschaffen. Ich bin es ja gewohnt, dass auf Reisen gekuppelt wird. Aber dass jemand ins Kloster beziehungsweise ins Priesterseminar geschickt wird, ist mir neu.
Zu unbegreiflichen Taten
Nachdem wir uns von Częstochowa und der Schwarzen Madonna verabschiedet hatten, führte uns der Weg nach Oświęcim, das in aller Welt unter seinem deutschen Namen bekannt ist: Auschwitz. Wieder einmal stellte sich die Frage, wie ein Volk solche Taten vollführen kann. Im Nachhinein war ich auch über mich erstaunt / erschrocken, weil ich nicht betroffener war. Bin ich schon so abgestumpft, dass mir das Leid nicht mehr zusetzt? Oder lag es daran, dass die Führung auf Englisch war, und ich somit eine sprachliche Barriere aufbauen konnte? Vielleicht ist es aber auch einfach die Größe der zwei Lager, die es unmöglich macht, das Ausmaß von 3 Millionen getöteten Menschen wirklich zu erfassen.
Aufbruch: | 20.08.2019 |
Dauer: | 11 Tage |
Heimkehr: | 30.08.2019 |