Radreise in Zeiten von Corona
10.Tag Greifswald - Seedorf/Rügen 64,64 km
Plastersteine begleiteten seinen Weg...Mehr als sechs Kilometer waren nicht drinn, dann bin ich abgebogen...
10.Tag Acker kurz vor Greifswald - Seedorf/Rügen 64,64 km
Welch ein kleines Glück, dass ich mir gestern Abend noch schnell ein paar Büschel Gras unter die wellige Ackerfläche gelegt hatte. Meinem Rücken allerdings, ist es nach solch einer Nacht in Wald und Flur auch schon deutlich besser ergangen... Gleich als sich die ersten Sonnenstrahlen zeigen, werde ich wach und als ich versuche mich von der Seitenstellung auf den Rücken herumzudrehen, werde ich umgehend vom eigenen Kondenswasser, dieses in tausend kleiner Tröpfchen an der Zeltdecke hängt, eiskalt geduscht. Guten Morgen!
Auch mein Schlafsack ist von dem Morgentau, ziemlich nass geworden. Also schnell raus hier aus Zelt und Sack. Den Kram werde ich später in der warmen Sonne schon wieder trocken kriegen. Doch zunächst brauche ich einen heißen Kaffee und schaue, das ich mich hier vom feuchten Acker mache. In Greifswald trinke ich an einer Netto Filiale so etwas ähnliches wie Kaffee und auch das Pappe - Teilchen schmeckt zum kotzen, sage ich der Mitarbeiterin vom Service. "Dafür vier Euro 30 zu berappen ist eine Zumutung". Sie wolle es mal ihrem Chef sagen. "Ach, Sie können ja gar nichts dafür" sage ich und bin weg. Raus aus Greifswald - auch hier ist es mir allzu betriebsam. Außer einem kurzen Eindruck von der Uni und der schönen Kirche, kriege ich außer der viel zu schnell fahrenden Blechlawine, und der allgemein morgendlichen Hektik, kaum was mit von der berühmten Stadt.
Als der neu angelegte Teil der Fahrradstraße urplötzlich endet, Muss ich mit dem Holterdipolterweg, einer furchtbaren Pflasterstrecke die gleich parallel zur Strada nach Stralsund verläuft, für die folgenden zehn Kilometer vorliebnehmen. Das hält der stärkste Radfahrer kaum aus. So ist das Verlangen der Anwohner nach einem neuen Radweg, auch bald auf einem Schild zu erkennen WIR BRAUCHEN DEN RADWEG steht dort mit einem Kinderfahrrad drappiert.... Nach acht Kilometern biege ich ab in Richtung Küste und siehe da, nach einem weiteren Kilometer erreiche ich den Ort,,, und nach zwei weiteren den Greifswalder Bodden. Was issen dass und wie das riecht hm - lecker Meer riecht glaub ich anders. Na ist ja auch erst der Bodden. Jedenfalls schmücken dicke Schaumrollen das Ufer - da hatte doch vor ein paar Tagen jemand was von Blaualgen erzählt...Ok, ich fahre den schmalen Küstenweg weiter hoch und komme nach Stahlbrode dem Dorf mit dem Fähr-Anleger für rüber nach Rügen.
Erst mal ein Fischbrötchen - dann noch eins Hm, das ist kein Vergleich mit dem Matjes bei uns auf dem Samstagsmarkt. Dieser hier ist echt lecker! Nach einer kurzen Fährpassage hinüber nach Glewitz wird es bald idyllisch ruhig und in Zudar zielt mein Blick auf die schöne St. Laurentius Kirche in dem beschaulich kleinen Ort. Auf einem Stück Wiese an der Straßenbiegung in Richtung Garz, packe ich meinen feuchten Schlafsack auf die Wiese und halte mein nasses Innenzelt geöffnet in den Wind. Hoppla, das Zeltinnere füllt sich sogleich mit Luft und zerrt ganz schön an den Armen - ja hier auf der Insel weht schon ein kräftigeres Windchen und in Eile ist beides baldigst trocken und ich bereit dann abzurocken. Auch die Garzer haben eine schöne Kirche. St. Petri ist ihr Name. In Garz ein Stück die Puttbuser Straße entlang, biege ich bald ab in ruhigeres Gefilde. Auch wenn es nun über Stock und Stein durch die Büsche geht, ist die Strecke weitaus angenehmer als über die vielbefahrene Landstraße. In Putbus angekommen, fahre ich durch den kühlen Park am Tiergehege und an schönen alten Villen vorbei ins Zentrum. Gegenüber vom Obelisk am Zirkus sitze ich bei Sonnenschein auf einer schönen Parkbank und schmiere mir ein paar Salami - Tomaten-Brote. Dann rolle ich die Bahnhofsstraße hinunter nach Lauterbach. Dort komme ich mit einem älteren Herrn ins Gespräch, den ich nach dem Weg frage und auf meine Frage hin, wie es denn mit dem Zelten so wäre antwortete er: "Ach früher da sind wir denn, wenn irgendwo was los war auf der Insel, ne Party oder so, hingefahren und wenn's nichts mehr zurück ging, weil es fuhren ja Nachts keine Taxis, na denn haben wir uns irgendwo in die Dünen gelegt und sind mit dem ersten Zug wieder heim - da hat keiner wat jesacht - und heute iss dat auch nich viel anders."
"Ich rat dir, fahr runter zum Goor und dann findest irgendwo in den Dünen oder im Busch immer en schönes Plätzchen - wenn de nix machst, sacht och keiner was"...
Unten am noblen Badehaus Goor angekommen staune ich nicht schlecht und denke mir insgeheim, warum nur fahren die Deutschen meist ins Ausland um Urlaub zu machen. Unser Land ist doch soooo schön! für Wanderer ist der Uferweg wahrscheinlich durchgängig, doch für mich und den Hänger heißt es nach ein paar hundert Metern umzukehren. Und so fahre ich um das Badehaus herum durch den Wald bis ich vor Muglitz wieder an die Ostsee gelange. Groß Stresow, Klein Stresow, Preetz - Ein Dorf ist schöner als das andere und egal wie abgegriffen dies klingen mag - die Landschaft, zumindest hier in diesem Teil der Insel Rügen, ist schlicht Wegs wunderbar!
Schon aus ein paar hundert Metern Entfernung, ich passiere soeben den Neuensiener See, klingen mir wohlbekannte Saxophonklänge entgegen. Der Meister tut sich nicht schlecht bei dem Versuch Groover Washington zu improvisieren. Kurz danach bremse ich ab und stehe mit meinem Gefährt auf der kleinen Brücke, diese direkt in den übersichtlich kleinen Hafen des Bilderbuch Dörfchen Seeberg mündet. Edle Yachten stehen aufgereiht am Pier und vom Grill des Restaurants gleich am Wasser, wehen verführerische Düfte mir entgegen. Wenn doch mein Geldbeutel nicht so eng geschnürt wäre... So nehme ich vorlieb mit der blitzblanken Hafen Toilette des feudalen Dorfes und wasche mir mit großzügig abgerolltem Toilettenpapier, die vielen toten Mücken von meinem arg gekränkten Gebein. Dann lasse ich die Luft heraus aus meinem leeren Wasserbeutel und fülle auch meine Wasserflaschen auf. Mit einem hungrigen Blick zurück ins Hafen Becken, schiebe ich meine Fuhre raus aus dem schönen Seedorf - den kleinen steilen Hang hinauf. Oben angekommen, übt die plötzliche Stille und das leise säuseln des Windes, eine magische Anziehungskraft auf mich aus. Ich schaue um mich und Fackel nicht mehr lang. Die Sonne war längst untergegangen, als ich im hohen Gras und im Schutz einiger Büsche, unweit der Küste, mein Lager für die Nacht aufschlage.
Aufbruch: | 02.08.2020 |
Dauer: | 17 Tage |
Heimkehr: | 18.08.2020 |