2021 - Tansania hautnah
23.07.2021 - Zu Besuch bei den Massai
Massai
Die Massai sind eine Volksgruppe, die in den weiten Ebenen im Süden von Kenia und im Norden von Tansania leben. Sie leben hauptsächlich von der Rinderzucht. Sie sind ein stolzes Hirtenvolk, das seine Traditionen weitgehend erhalten konnte. Dennoch gibt es auch Veränderungen. Während sie früher reine Nomaden waren, sind inzwischen viele von ihnen sesshaft geworden und leben in kleinen Dörfern in ihren traditionellen Lehmhütten.
Ich bin heute mit Nancy verabredet. Sie möchte mir die "Schule" von Moita zeigen, in der sie ehrenamtlich mehr als 80 Kinder unterrichtet. Moita ist ein Massai Dorf westlich von Arusha. Ich habe nicht wirklich eine Vorstellung von dem was mich dort erwarten wird. Ich bin dort schon lange angekündigt und die Kinder können es kaum erwarten, das ich endlich komme. Auch ich bin sehr gespannt auf diesen Tag.
Ich fahre morgens mit "JJ" dem Fahrer von Psteen und Anita los. JJ ist ein zuverlässiger Fahrer. Unsere erste Station ist der Markt von Arusha. Dort sind wir mit Nancy verabredet.
Porridge & Apfelsinen
Auf einem kleinen Markt in Arusha fahren wir direkt zu einem kleinen Laden, indem Nancy stets die Zutaten für das Porridge besorgt. Sie versucht über Spenden den Schulkindern regelmäßig eine Mahlzeiten zu ermöglichen. Heute übernimmt unser Verein "Gemeinsam für Kinder der Welt" die Kosten. Für 120000TZS (ca. 45€) können wir ca. 120 Kindern für 2 Wochen ein Porridge zum Frühstück ermöglichen.
Die Apfelsinen hatte Nancy schon vorher besorgt.
Auf dem Weg zu den Massai
Dann geht es endlich los. Zunächst auf einer großen gut ausgebauten Hauptstraße und dann auf einer staubigen, holprigen Piste direkt in das Gebiet der Massai. Weit und breit kein Tropfen Wasser zu sehen, dafür trockenes Grasland, Schirmakazien und riesige Agaven. Am Wegesrand begegnen uns Frauen und Kinder die unterwegs zur nächsten Wasserquelle sind. Oft brauchen sie stundenlang, ehe sie einen Kanister Wasser nach Hause in ihre Lehmhütte tragen können.
Riesige Rinder- und Ziegenherden werden über das weite Land getrieben, immer auf der Suche nach Futter und Wasser.
Hinter Hecken und Agaven verstecken sich die kleinen Dörfer. Die einzigen Farbpunkte in dieser zur Zeit trockenen Landschaft sind die Massai mit ihren farbenfrohen Tüchern. Die Shuka ist ein Schultertuch aus karierten Stoffen das traditionell von den Massai bis heute getragen wird. Es wurde jedoch einst von den Engländern und Schotten ins Land gebracht und den Massai als Gastgeschenk übergeben.
Die Schule und Kirche der Massai
Nach etwa 40Minuten Fahrt sagt Nancy das wir da sind. Ich kenne die Kirche, die auch als Schule dient bereits von Fotos, die Nancy mir geschickt hatte.
Ich weiß gar nicht, wie ich diesen Ort beschreiben soll. Es ist eigentlich kein Gebäude. Wir würden es eher als Gatter bezeichnen. Es ist für unsere westlichen Augen unfassbar, das unter solchen Bedingungen gebetet und unterrichtet wird. Selbst JJ hat es die Sprache verschlagen und er kommt schließlich aus Tansania.
Kaum hat unser Fahrzeug gehalten, kommen die vielen Jungen und Mädchen auf uns zu. In ihren Augen eine Mischung aus Neugier, Freude und Schüchternheit. Nancy weiß das sie Hunger haben. Somit versucht sie die Zubereitung des Porridge zu organisieren. Doch schnell ist klar, das es unmöglich ist, denn einige der Frauen sind noch unterwegs, um Wasser zu holen. Wie gut das Nancy die Orangen besorgt hatte. Wir vierteln diese und schon strecken sich uns die vielen kleinen hungrigen Kinder ihre Hände entgegen. Der Anblick dieser Kinder in Not berührt mich sehr.
Dann verteilen wir die Orangen - die Mädchen und Jungen sind unglaublich hungrig und so strecken sich uns viele kleine Hände entgegen, die Angst haben nichts ab zu bekommen.
Jacob
Inmitten der vielen Kinder ist Jacob. Er ist ein Albino und ich kenne ihn schon durch Fotos von Nancy. Wir haben bereits im Vorfeld Sonnenhut, Brille und Creme für ihn gespendet. Ich freue mich ihn und auch seine Mutter persönlich kennen zu lernen.
Gruppenbild mit Jacob und seiner Mutter. Auf dem Rücken der Mutter ist noch ein kleines Geschwisterkind.
Massai Land versus Las Vegas
In einem Moment des inne halten, wird mir wieder einmal bewusst was für einen Unterschied es macht, wo auf unserer Erde man geboren wird. Ich bin 2014 in Las Vegas gewesen - Luxus und Verschwendung pur und nun stehe ich hier inmitten so vieler Kinder die nicht einmal genügend Wasser und Essen haben. Das sind Tatsachen, die mich immer wieder aufs Neue sehr nachdenklich machen.
Massai Frauen
Vor der "Schule" versammeln sich immer mehr Massai Frauen in ihren karierten Gewändern. Ich bin zunächst verwundert und kann es nicht so recht einordnen. Doch dann sagt Nancy, sie seien gekommen um für mich zu singen. Wenig später stehe ich dann vor ihnen während sie ihre traditionellen Lieder singen, tanzen, springen, klatschen und auch die vielen Kinder schließen sich dem an. Plötzlich schiebt Nancy mich behutsam in die Mitte der Frauen, sie singen und johlen immer intensiver und lauter, bis ich schließlich eine grünkarierte Shuka umgelegt bekomme.
Es ist ihr Gastgeschenk für mich. Ich bin zutiefst berührt und kämpfe mit den Tränen. Ich bin voller Dankbarkeit - ich habe selten so viel herzliche und freundliche Gastfreundschaft erfahren.
Während Nancy und ich mit dem Verteilen der Orangen und Kaubonbons beschäftigt waren, haben sich vor der Schule immer mehr Frauen eingefunden.
Massai Frauen und ihre Kinder
Sobald ein Massai Mädchen ihre Periode hat, wird sie verheiratet und bekommt Kinder. Nicht selten sind sie gerade mal 13 Jahre alt. Darin ist auch die hohe Müttersterblichkeit und ihrer Babys begründet. Auch unter den Frauen die für mich gesungen haben sind einige ganz junge Mütter und Schwangere. Eine ärztliche Versorgung gibt es hier draußen im Massai Land nicht.
Der Dorf "Älteste"
Während ich noch ganz und gar von den vielen Eindrücken überwältigt bin, warten wir auf den Dorf Ältesten. Er will uns den Platz für eine neue Schule zeigen.
Nancy und das Dorf suchen einen Sponsoren für ein Gebäude aus Stein, mit Dach und zwei Räumen. Die Kosten belaufen sich auf 5000€. Ich hatte Nancy versprochen, mir die Gegebenheiten vor Ort anzusehen und dann mit unserem Verein zu überlegen ob und wie wir helfen können.
Durst
Ich habe inzwischen Durst und vage es kaum ans Auto zu gehen und Wasser zu trinken, geschweige etwas zu essen. Bei so viel Hunger und Armut war es mir unangenehm. da ich aber nicht wollte, das mein Kreislauf schlapp macht, drehe ich mich somit von der Gruppe weg und nehme nur schnell ein paar Schluck aus meiner Wasserflasche.
Der Platz für die neue Schule
Schließlich kommt der Dorf Älteste, ein freundlich aufgeschlossener junger Mann. Er übergibt mir eine selbst hergestellte Halskette und zeigt mir dann den Ort, an dem die neue Schule entstehen soll. Vertrocknetes Land und ein einsam verlassener Baum im nichts. Mit ist klar, das diese Menschen auf meine und unsere Unterstützung hoffen. Doch ich mache keine Versprechungen. Ich will es gemeinsam in unserem Verein besprechen und dann sehen wir weiter. Denn leider passiert es allzu oft, das Menschen aus Europa kommen, ihnen Hoffnung auf Hilfe machen die sie dann doch nicht erfüllen.
Hier soll die neue Schule entstehen.
Links im Bild Nancy, in der Mitte ein älterer Massai mit einer seiner Frauen und rechts der Dorf Vorsteher.
Besuch beim Dorf Ältesten
Der Dorf Älteste möchte uns noch sein Zuhause zeigen und das können wir natürlich nicht ablehnen. Er stellt uns seine erste Frau und drei Kinder vor. Er hat auch noch eine zweite Frau. Das ist in ihrer Kultur so üblich, ein Mann darf mehrere Frauen haben.
Nach so vielen bewegenden Eindrücken verabschieden wir uns und fahren heimwärts.
Gemeinsames Foto vor dem Haus des Dorf Vorstehers - hier mit seiner ersten Frau. Er hat noch eine Zweite.
Steinbruch
Auf dem Weg kommen wir an einem Steinbruch vorbei. Hier schuften unzählige Frauen um etwas für den Lebensunterhalt ihrer Familien beizutragen. Wie winzig kleine Farbpunkte sind sie an den steilen Hängen zu erkennen. Das Leben hier ist oft erbarmungslos.
Dankbar
Auf der Fahrt zurück zum Hostel halten wir noch kurz um etwas zu essen.
Ich bin so tief beeindruckt - das muss erstmal sacken.
Ich bin glücklich, einen kleinen Einblick in die Kultur der Massai bekommen zu haben. Diese Menschen haben mich emotional reich beschenkt und dafür bin ich sehr dankbar.
Aufbruch: | 08.07.2021 |
Dauer: | 10 Wochen |
Heimkehr: | 15.09.2021 |