Kambodscha - ein Schicksal das nicht zu lachen verlernt hat!
Über die Straßen Cambodias nach Seam Riep
Sonntag 2.10:
Um sechs Uhr war wieder Tagwache. Am Dach des Hotels war ein Restaurant untergebracht, wo ich nach langer Zeit wieder einmal einen Morgenkaffee zu mir nahm.
Leise rhythmische, traditionelle Khmermusik, wahrscheinlich von einer Pagode, war zu hören. Ich genoss den Ausblick auf die Dächer der Stadt und die aufgehende Sonne. Mit dem Rhythmus der Musik wurde die Stadt auch zunehmend lebhafter.
Zwischen Mongkol Borei und Siskphon boten Frauen an Ihren kleinen Ständen kurze angeschwärzte Bambusrohre zum Verkauf an. Mich interessierte der Inhalt, und ich erstand eines der Rohre um 800 Riel. Durch das herausbrechen eines Stück Rohres, das man vorzüglich als Löffel benutzen konnte, gelangte man zu dem Inhalt. Ein weich gekochter süßer Brei aus Reis und einer Art Bohnen, der an der Innenfläche des Rohres, das durch braten knusprig war, war die Fülle des Bambusrohres. In Sisophon bogen wir scharf rechts in einen Schotterweg ein. Ich fragte Phat, ob wir hier sicher richtig wären und er bejahte meine Frage. Dennoch konnte ich ihm nicht glauben und prüfte auf meinem GPS die Fahrtrichtung.
Er hatte Recht. Auf dieser Schotterpiste, die über und über mit Schlaglöchern übersehen war, mussten wir die nächsten 100 Kilometer bis Siem Reap zurücklegen. Die ganze Straßenbreite verwendeten wir, um den tiefsten Löchern mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von etwa 15km/h zu entgehen. Ich verfluchte wieder einmal den Hoteldirektor, der mir diese Affenschaukel vermietet hatte. Wenn es das Geschaukel zuließ, lass ich in meinem Reiseführer. Die meiste Zeit beobachtete ich jedoch die vegetationsarme von Reisfeldern dominierte, weite, flache Landschaft. Die einzige Abwechslung boten die zahlreichen desolaten Stahlfachwerksbrücken. Nach etwa drei Stunden Fahrt fragte ich Phat, ob er nicht wechseln wolle, da ich bemerkte, dass seine Konzentration nachließ. "is no problem...", gab er mir zu verstehen. Das war dann wohl doch nicht so. Kurz nachdem ich ihn gefragt hatte, machte es einen starken Rumms - wir waren wieder einmal ordentlich aufgesessen. "think we have a problem...", meinte Phat und ich schüttelte verneinend den Kopf. Es war ja nicht das erste Mal, dass wir aufgesessen sind.
Erst als von allen Seiten die übrigen Verkehrsteilnehmer auf unser Auto zeigten, hielten wir an. Autsch... eine fette Ölspur hatten wir nachgezogen. Das bedeutete nichts Gutes. Beim Blick unter das Fahrzeug war zu erkennen, dass wir ein etwa ein 3 mal 2 cm großes Loch in der Ölwanne hatten. Das gesamte Öl ergoss sich auf den Sandboden der Piste. Phat ging wortlos neben dem Fahrzeug auf und ab. Weit und breit war keine Siedlung zu sehen.
Keines der sonst so zahlreichen kleinen Geschäfte, die sich um die Bedürfnisse der Verkehrsteilnehmer annahmen, schien in Reichweite. Einzig eine kleine Hütte, die eine Bauernfamilie beherbergte, war in unmittelbarer Nähe. Die Kinder der Bauernfamilie hatten sich bald zu uns gesellt und beobachteten unser Treiben. Dem fragenden Blick von Phat war zu entnehmen, dass er keine Ahnung hatte, was er tun sollte. Ich versuchte ihm zu erklären, dass wir Stroh oder ähnliches benötigten um das Öl abzudecken und um an die Schadenstelle heranzukommen ohne in der Lacke zu versinken. Er verstand kein Wort. Ich begann am Wegrand Äste mit Blättern von den Büschen zu reißen. Noch immer hatte er nicht begriffen, was ich vorhatte. Als ich dann das erste Bündel unter das Auto warf, ging Ihm ein Licht auf und er half mit. Die Kids hatten größten Spaß uns zu beobachten. Viele Fahrzeuge hielten an und anfangs dachte ich noch, dass uns sicher gleich mal jemand abschleppen würde, bis mir klar wurde, dass es hier um reine Neugierde ging, und keiner von ihnen nur annähernd einen Gedanken daran hegte uns behilflich zu sein. Ganz im Gegenteil... einige Fahrer fragte ich direkt, ob sie uns abschleppen könnten. Das endete meist damit, dass sie ihre Fahrt fortsetzten. Mir wurde klar, dass sich hier in Kampuchea kein Mesch darum annimmt, wenn du ein Problem hast. Ich trug Phat auf, Öl zu organisieren und gab ihm 10 Dollar. Wie er weg war, begann ich mir unser Problem näher anzusehen. Mit dem Wagenheber, den ich auf einem Stück Kantholz postierte, gewann ich etwas mehr Abstand zwischen dem Boden und dem Motorblock. Es bedurfte nicht vieler Bewegungen bis mein Hemd durch und durch nass vor Schweiß war. Die Sonne brannte erbarmungslos auf die staubige Piste und bald war mein Oberkörper von einer am Nass klebenden Sandschicht bedeckt. Die Kids und die Leute die vorbeifuhren, nahmen mit Ihren Blicken an meinen Strapazen teil. Ich musste das Loch stopfen und dazu versuchte ich, ein Stück hartes Holz zu finden. Ich konnte lediglich einen Strauch finden. Aus einem Ast schnitzte ich einen Holzstoppel. Danach fragte ich, mit meinen Händen deutend, den beteiligungslos in seiner Hängematte beobachtenden Bauern, um einen Hammer oder ähnliches. Er rief dann kurz ein paar Worte seiner Frau zu und diese brachte eine Axt. So gut es ging, hämmerte ich das Holzstück in das Loch, doch war ein Teil der Öffnung unter einem Blech und so wusste ich nicht, ob es dicht war. Langsam bekam ich Durst und öffnete mir eine der Kokosnüsse, die uns Phats Familie mitgegeben hatte. Die Augen der Kinds waren sofort auf die Frucht fixiert. Ich zögerte nicht lange und öffnete noch drei weitere und gab sie den Kindern. Nach etwa einer Stunde war Phat auf dem Rücksitz eines Mopeds eines Einheimischen mit einer Flasche Öl und einem Sack voller Seife zurück. Wir füllten das Öl in den Motor. Aber gleich war zu erkennen, dass es nicht dicht war. In mühevoller Kleinarbeit versuchten Phat und der Einheimische dann mittels der Seife und Schichten aus Leukoplast, das ich mit hatte, das Loch zu dichten. Es war dicht, doch scheuerte das Blechteil, das unter der Ölwanne war, an den Reparaturstellen. Wir nahmen vorsichtig den Weg Richtung Siem Reap wieder auf.
Im nächsten Dorf, das etwa vier Kilometer entfernt war, hielten wir um etwas Wasser zu kaufen. Phat blickte unter den Motorraum und stellte fest, dass es wieder leck war. Er machte sich auf die Suche nach einem Schlosser und wurde fündig. Ich musste den Wagen etwa 100 Meter zurückschieben, während Phat das Steuer übernahm. Eine Attraktion für das ganze Dorf. Gerade das sie mich nicht angefeuert hatten. Doch fand sich ein älterer Mann, der mir dann beim Schieben half. Dem Schlosser war es scheinbar gar nicht recht etwas unperfekt zu reparieren. Die Ölwanne war aus Aluminium gefertigt, welches er nicht schweißen konnte. Nach der Demontage der Schutzbleche unter der Wanne stellte er fest, dass er es nicht reparieren könne und montierte die Bleche wieder. Mit gutem Zureden gelang es mir dann, ihn zu überzeugen, dass es das Loch mit einem Hartholzstoppel stopfen könne.
Mit seinem Sohn bastelte der karge kleine Mann, der mit dem traditionellen Tuch nur seinen Unterleib bedeckte an dem Verschließen des Loches. Darüber klebten wir noch Seife, die uns übrig geblieben war. Er verlangte für seine Arbeit 10 Dollar, was überaus viel für die Landesverhältnisse war. Das Provisorium hielt bis wir in der Dunkelheit Siem Reap erreichten. Die letzten Kilometer führte die Strasse durch eine kilometerlange Allee.
In der Ortschaft angekommen, steckten wir bald im Stau. Sagenhaft wie viele Fahrzeuge sich hier auf den Strassen bewegten. Ich hielt auf Empfehlung von Phat an einem der zahlreichen neuen Hotels, die eines nach dem anderen die Strasse säumten. Nein, das war nichts für mich. Ich wollte eines der Guesthäuser in der "Altstadt" bewohnen. Es war nicht so leicht wie sonst ein Zimmer zu bekommen. Nach einer Dusche und der Wäsche der Hemden - ich hatte schon alle verbraucht - ging ich hinunter, um mit Phat Abend zu essen. Er war aber schon verschwunden. Ein Restaurant neben dem anderen im Westlichen Stil war hier zu finden. Phat würde sicher nicht in so ein Restaurant gehen, so mal diese für seine Verhältnisse sicher zu teuer waren. So suchte ich nach diesen kleinen Gassenrestaurants und wurde gleich einmal fündig. Da saß auch schon Phat und winkte mir zu. Wir beschlossen hier zu essen. Bald kamen bettelnde Kinder an unseren Tisch. Ich wollte ihnen jedoch kein Geld geben, stattdessen fragte ich sie, ob sie Hunger hätten. Bald saßen an unserem Tisch sechs Kinder. Drei Mütter mit Kleinkindern hatte ich ebenfalls eingeladen. Dem Restaurantbesitzer war das sicher peinlich. Die Kids aßen alle gekochte Eier und die Mütter Reisgerichte. Nach ein paar Stunden in einem Internetkaffee ging ich um etwa 10:00 in mein Zimmer um noch etwas zu lesen und bald im Schlaf zu versinken.
Aufbruch: | 24.09.2005 |
Dauer: | 16 Tage |
Heimkehr: | 09.10.2005 |
Sihanoukville