Normandie - Perche - Cher et Loir

Reisezeit: September / Oktober 2023  |  von Herbert S.

Vendôme

Wir haben uns lange in Lavardin aufgehalten und wollen zunächst ein Lokal aufsuchen; das ist aber gar nicht so einfach, da manche schon besetzt sind wie zum Beispiel das Restaurant mit bretonischen Galetteskombinationen. Schließlich landen wir in der Brasserie 'la Comédie', direkt neben der großen Kirche von Vendôme in einem Bau mit reich geschmückten romanischen Bögen.

la comédie

la comédie

paté für uns beide

paté für uns beide

Lamm

Lamm

Bauchlappen vom Rind - für mich völlig unbekannt aber zartes Fleisch

Bauchlappen vom Rind - für mich völlig unbekannt aber zartes Fleisch

Vendôme

Vendôme, eine Stadt der Kunst und der Geschichte im Departement Loir-et-Cher, verzaubert ihre Besucher mit ihrer ruhigen Atmosphäre und ihrer grünen Natur. Durch die Stadt fließt der Fluss Loir und Sie müssen einfach nur über eine der Brücken gehen, um ganz nach Belieben durch die Stadt zu bummeln. Am Flussufer werden Ihnen die hübschen Häuser ins Auge stechen.
Vendôme besitzt gleich mehrere Gebäude, die den Charme der Stadt ausmachen. Darunter die alten Fachwerkhäuser am Platz Saint-Martin, die Abtei der Dreifaltigkeit, ein bemerkenswertes religiöses Gebäude mit einer Fassade im Flamboyant-Stil, einem romanischen Glockenturm und Chorstühlen aus Holz aus dem 16. Jahrhundert, der überdachte Markt im Baltard-Stil oder auch das ehemalige Oratorianerkolleg, wo Honoré de Balzac studierte.

Die Fassade der Trinité
Baumeister Jean Texier, genannt Jean de Beauce, und die dafür angeheuerten Bildhauer haben ihre vollendete Kunstfertigkeit und Technik vereint, um im Jahre 1508 die Fassade der Abteikirche Trinité zu erschaffen. Sie wird als eine "in Stein gehauene Feuersbrunst" bezeichnet und gilt als ein Meisterwerk der spätgotischen Kunst. Ihr romanischer Kirchturm ist ebenfalls ein außergewöhnliches Bauwerk aus dem 12. Jahrhundert. Er stammt aus der selben Zeit wie der Südturm der Kathedrale von Chartres und sieht ihm sehr ähnlich.

Trinité-Kirche

Trinité-Kirche

Flamboyant-Stil - letzte Phase der Gotik

Flamboyant-Stil - letzte Phase der Gotik

Das Chorhaupt der Trinité
Schon in der romanischen Zeit besitzt die Benediktinerabtei Trinité eine Kirche. Im Jahre 1271 wird das Gebäude von den Mönchen als baufällig beurteilt und ein Neubau wird beschlossen. Ungefähr 1308 entsteht ein neuer Chor.
Wahrscheinlich verfügt der Abbé-Cardinal schon im 12. Jahrhundert über separate Privatgemächer und teilt nicht mehr den gemeinsamen Schlafsaal der Mönche. Das Gebäude, das heute "Logis de l'Abbé" genannt wird, ist nur ein Teil der Bauten, die im 15. Jahrhundert im spätgotischen Stil für ihn erstellt wurden.

Besonders interessant und vielfältig sind die geschnitzten Figuren im Chorgestühl der Trinité.
Das Chorgestühl wurde vom Abt Louis de Crevant (1487-1522) in Auftrag gegeben und von seinem Nachfolger Antoine de Crevant (1522-1539) vollendet. Das Chorgestühl wird von musizierenden Engeln überragt, seine Miserikordien sind mit Schnitzereien verziert, die anschauliche Szenen aus dem Alltagsleben und die Arbeiten im Laufe der Monate darstellen. Nur noch die Hälfte der ursprünglichen Chorstühle ist erhalten geblieben: nachdem sie während der Französischen Revolution verkauft wurden, konnten sie 1838 wieder aufgestellt werden.

le bourgeois qui se chauffe

le bourgeois qui se chauffe

le guerrier sarrazin

le guerrier sarrazin

le chasseur

le chasseur

Der Klosterhof
Der Kreuzgang, der Meditation der Mönche vorbehalten, ist ein Teil des Klosters (Latein claustrum, Umzäunung). Er befindet sich im Herzen der Benediktinerabtei. Das Kloster umfasst den Schlafraum und den Speisesaal der Mönche sowie die Gästeunterkunft. Die kreisförmige Küche (wie in Fontevraud) und der Südflügel machen einem noch größeren Gebäude Platz, um im 18. Jahrhundert die mauritischen Benediktinermönche aufzunehmen. Nur der Nordteil der Kreuzgangsgalerie steht heute noch der Kirche entlang. Im Jahre 1907 werden auf Anweisung des Militärs die drei anderen Seiten abgerissen.

Die ehemalige Kirche Saint Martin
Der Turm Saint-Martin ist der ehemalige Glockenturm der gleichnamigen Kirche, die früher fast die gesamte Fläche des heutigen Platzes einnahm. Zahlreiche Umbauten werden nach der Revolution vorgenommen und verursachen eine
große Schwächung der Gebäudestruktur, so dass 1854 das Gewölbe einstürzt. Die Kirche wird danach völlig abgerissen und ihr Kirchturm (Ende 15., Anfang 16. Jahrhundert) wird zum Uhr- und Glockenturm. Aus dem Turm Saint-Martin
ertönt zu jeder vollen Stunde ein Glockenspiel, das an die wenigen Städte erinnert, die Kronprinz Charles VII im 15. Jahrhundert noch besaß:

Die
Fachwerkhäuser
Viele mittelalterliche Häuser im Zentrum von Vendome sind Fachwerkhäuser. Diese wirtschaftliche Bauweise wird auch noch im 18. und 19. Jahrhundert angewendet. Das Haus Saint Martin, Ende des 15. Jahrhunderts erbaut, hat eine aus Längs- und Querbalken bestehende Struktur, Fachwerk genannt. Im Erdgeschoss zeigen seine Längsbalken vier Skulpturen von links nach rechts : den Heiligen Martin, den Heiligen Jakob, Johannes den Täufer und den Heiligen Louis. Jean-Baptiste Donatien de Vimeur, der spätere Marschall
von Rochambeau, wurde am 1. Juli 1725 in Vendome geboren. Im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg trug er an der Seite von George Washington 1781 zum Sieg von Yorktown bei. Von dieser Heldentat als Berufssoldat zeugt die 1900 auf dem Place Saint Martin errichtete Statue.

Die Bibliothek
Dieses Gebäude, vom Architekten Edouard Marganne entworfen, wurde von 1866 bis 1868 errichtet, um die Bibliothek, das Museum und den archäologischen Verein unterzubringen. Das Gebäude, das vom Bombenangriff im Juni 1940 verschont bleibt, wird später zum Rathaus. Im Jahre 1953 finden die Sammlungen des Museums neue Ausstellungsräume in der Abtei Trinité. Nach einem Umbau belegt die Bibliothek seit 1986das gesamte Gebäude, während das Rathaus in das ehemalige Lycée Ronsard umzieht.
Gervais Launay (1804-1891), Zeichenlehrer am College von Vendome, leidenschaftlich an Geschichte und Archäologie interessiert, fertigte vielzählige Aquarelle an, welche die Informationstafeln der beiden Rundwege illustrieren. Seine Originalwerke werden in der Bibliothek von Vendome aufbewahrt.

Bllick auf den Turm Saint-Martin vom Rathauspark

Bllick auf den Turm Saint-Martin vom Rathauspark

Das Rathaus
Im Jahre 1623 gründet Herzog Cesar de Vendome ein College, das er den Oratorianern, einer im 17. Jahrhundert gegründeten Kongregation, anvertraut. Dieses "College" wird Ende des 18. Jahrhunderts zur königlichen Militär schule und 1930 zum Gymnasium Ronsard. Am Anfang der 70er Jahre zieht das Gymnasium Ronsard in neue Gebäude im Norden der Stadt um. In dem nun leer stehenden Schulgebäude wird 1982 das Rathaus eingerichtet. Der zwischen 1639 und 1777 errichtete Bau, eine polychrome Mischung von Back und Kalksteinen, ist ein beispielhaftes Zeugnis für die Ästhetik der klassischen französischen Architektur. Die Fassade des Ehrenhofs ist nach dem Prinzip der Symmetrie gestaltet, deren Mittelachse durch das Eingangsportal in der rue Saint Jacques läuft. Honore de Balzac (1799 -1850) war zu Beginn des 19. Jahrhunderts 7 Jahre lang Schüler am College von Vendome. Es wird erzählt, dass er seine Bestrafungen in einer Abstellkammer im ehemaligen "Hotel du Beilay" absitzen musste, das heute als "Hotel du Saillant" bekannt ist und das Fremdenverkehrsamt beherbergt.

Waschhaus am Loir

Waschhaus am Loir

Die Kirche Sainte-Marie-Madeleine
Am 2. Juni 1474 gründet Jean VIH, Graf von Vendome, die Kirche Sainte-Marie-Madeleine mit Unterstützung der Stadtbewohner und insbesondere der Zünfte der Winzer und Gärtner, die in der Umgebung tätig waren. Das Gebäude stammt aus dem 15. Jahrhundert, aber sein Inneres wird im 19. Jahrhundert neu gestaltet und die Kirchenfenster werden mit Glasmalereien vom
Atelier Lobin in Tours verziert. Das Krankenhaus, das an den Place de la Madeleine angrenzt, hat seinen Ursprung in den Jahren 1620-1623, als das Hospital ("Hôtel Dieu") von César de Vendôme an diesen Ort verlegt wurde. Diese religiöse Krankenanstalt verliert ab 1905 jegliche konfessionelle Bindung.

Islette-Turm

Islette-Turm

Das Wassertor
Dieses Tor wird Ende des 13. und später im 15. Jahrhundert Bestandteil der Stadtmauer. Es wird auch "Arche des Grands Prés" (Bogen der Großen Wiesen) genannt, nach dem Namen der damals umliegenden Wiesen. Schon im Mittelalter wird das Wasser des Loir reguliert, damit es die Mühlen der Stadt antreibt. So haben auch die Mönche der Trinité eine Staumauer gebaut, um die notwendige Wassermenge für ihre Mühle namens "Moulin Perrin" sicherzustellen.

Blumenmosaik am Loir-Ufer

Blumenmosaik am Loir-Ufer

Die Rochambeau Kaserne
Im Jahre 1791 werden die Gebäude der Trinité-Abtei zum Verkauf angeboten. In ihren Räumlichkeiten sind ein Gericht, Gefängnisse und die Unterpräfek-tur eingerichtet. Im Jahre 1802 zieht dann ein Kavallerieregiment in diese Anlage ein, die ab 1886 mit dem Namen Rochambeau-Kaserne bezeichnet wird. Nach und nach werden fast dreißig Gebäude (Ställe, Reithallen, Lager...) gebaut.
Das 20. Regiment der "Chasseurs à cheval", das im 1. Weltkrieg große Verluste erleidet, war das letzte in Vendôme stationierte Regiment. Die "Gendarmerie" (der Armee zugehörig), die danach an diesem Ort ihren Sitz hatte, zog 1996 in die unmittelbare Nachbarschaft um.

Der Marktplatz
Der Marktplatz, früher ein Prangerplatz, wo bis ins 16. Jahrhundert öffentliche Hinrichtungen stattfinden, ist ursprünglich nur eine verbreiterte Straße. Da der Markt den Verkehr stört und mehr Platz benötigt, kauft die Stadt einige umliegende Häuser und reißt sie ab. Die heutige Markthalle wird 1896 eingeweiht und 1981 verglast. Am 15. Juni 1940 wird Vendôme bombardiert. Ein Brand beschädigt das Tor Saint-Georges und zerstört fast ein Viertel der Bauten der Innenstadt. Der Architekt Jean Dorian gestaltet diesen Stadtteil völlig neu und passt auch die Straßen den Anforderungen des Automobilverkehrs an. Im Gegensatz zum historischen Viertel wird dem aufmerksamen Besucher schnell bewusst, dass er sich in einem wiederaufgebauten Stadtteil befindet.

Das Tor der Brücke "Pont neuf"
Die Holzbrücke (Pont neuf), die die Stadt im 18. Jahrhundert mit dem Gesindehof des Schlosse verbindet, zerfällt aufgrund mangelhaften Unterhalts. Das Tor Pont neuf kontrolliert diesen Zugang, es war der einzig mögliche Durchgang zwischen den beiden Befestigungsmauern von Stadt und Schloss. Das Tor zeugt als letzter materieller Rest von dieser Verbindung. Während der Plünderung von Vendöme am 19. November 1589 strömten die Truppen von Henri IV durch dieses Tor und nahmen nach ihrem siegreichen Angriff auf das Schloss auch die Stadt ein.

© Herbert S., 2024
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Na endlich, nun können wir den abgesagten Frankreich-Urlaub doch noch beginnen, denn unser Häuschen vom Sommer ist nun wieder frei. Wer die klasssichen Loire-Schlösser erwartet liegt hier falsch, denn unser Domizil liegt etwa 30 km nördlich von Chateaudun und die Klassiktour haben wir bereits vor ziemlich genau 20 Jahren gemacht,
Details:
Aufbruch: 29.09.2023
Dauer: 11 Tage
Heimkehr: 09.10.2023
Reiseziele: Frankreich
Der Autor
 
Herbert S. berichtet seit 18 Jahren auf umdiewelt.
Reiseberichte von Herbert sind von der umdiewelt-Redaktion als besonders lesenswert ausgezeichnet worden!
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