Zur Mitternachtssonne nach Finnland und Norwegen im Juni 2009
06.06.-07.06. Finnisch-Lappland - Kilpisjärvi
Früh am Morgen bestieg ich den Bus in Richtung Tromsö (Norwegen). Obwohl Tromsö mein weiteres Ziel war, löste ich mein Ticket nur bis Kilpisjärvi, da ich nun endlich mal eine richtige Treckingtour durch die "Wildnis" unternehmen wollte und Kilpisjärvi mir als Ausgangspunkt geeignet erschien.
Die Busse fahren zwar nicht oft (auf der Linie Oulu-Tromsö) nur einmal am Tag, sind aber soweit ich es erlebt habe, immer pünktlich und zuverlässig.
Je weiter wir nach Norden kamen, desto einsamer wurde die Landschaft. Zuerst fuhren wir noch hin und wieder durch eine Kleinstadt, im Laufe des Tages wurden die Haltestellen immer seltener und der Autoverkehr auf den Straßen immer geringer. Trotz der Ausschilderung als Europastraße und einem ganz normalen Werktag begegnete uns vielleicht nur so alle 10 Minuten mal ein Fahrzeug.
Ab und zu gab es einen "Bustreff" an einer Abzweigung. Die Busfahrer luden im Wetterschutz der Klappen das Gepäck der Fahrgäste aus dem "Bauch" eines Busses in den nächsten um und einige wenige Fahrgäste hatten eine Anschlussmöglichkeit zu noch entlegeneren Siedlungen.
Neben Fahrgästen befördern diese Fernbusse auch Fracht und Zeitungen. An manchen Straßenkreuzungen mitten im Wald warteten schon Kurierfahrer mit einem kleinen Kombi darauf ein paar Pakete übernehmen und weiterbefördern zu können.
Die E8 verläuft über mehrere hundert Kilometer immer in der Nähe des Flusses Muoniojoki, der die Grenze zwischen Finnland und Schweden bildet.
Die Landschaft wurde immer übersichtlicher, die Bäume immer kleiner - und das Wetter immer schlechter. Regenschauer wechselten sich mit Schneeregen- und Graupelschauern ab...
Die E8 hat hier eher das Format einer Ortsverbindungsstraße in Deutschland, für das geringe Verkehrsaufkommen ist das jedoch völlig ausreichend.
Am späten Nachmittag erreichte mein Bus die lappländische Gebirgs- und Seenlandschaft rings um Kilpisjärvi.
Der Sanaa auf dem vorhergehenden Bild ist der heilige Berg der Samen, der nomadischen finnischen Ureinwohner.
Nur noch sehr wenige Samen (andere Bezeichnung "Lappen") leben traditionelle von der Rentierzucht. Die meisten sind weitgehend asssimiliert und haben "moderne" Berufe.
Ich hatte vor den Berg Sanaa am nächsten Tag zu besteigen.
Nach 10 Stunden im Bus und ca. 700 zurückgelegten Kilometern kam ich gegen 17 Uhr endlich in Kilpisjärvi an. Die Touristinformation hatte leider schon zu, so dass mir für meine erste "Wildnistour" nur die Orientierung an aufgestellten Informationstafeln blieb.
Die auf der Karte dargestellte Hütte am See Saanajärvi war laut Legende eine "Open Wilderness Hut". War damit nun ein überdachter Unterstand, eine Biwakhütte oder eine "richtige" Berghütte wie in den Alpen gemeint? Ich sollte es bald erfahren... Leider gab es keine Entfernungsangaben, so dass ich den Zeitbedarf nur schätzen konnte. Da es ja nicht dunkel werden konnte (Mitternachtssonne!)schulterte ich meinen Rucksack und machte ich mich trotz der für den Antritt einer Bergtour schon fortgeschrittenen Tageszeit um 17.30 Uhr auf den Weg in die Bergwildnis.
Durch übersichtliche Zwergbirkenwälder führte mich der Weg an das Ufer des ersten, trotz der relativ geringen Höhenlage von 560 m über NN, von Eisschollen bedeckten Sees.
Der Blick zurück über den Kilpisjärvi wurde immer schöner. Trotzdem war mir in der menschenleeren Gegend schon etwas komisch zumute. Der Weg erinnerte zwar von seiner Art her an einen Hüttenaufstieg in den Alpen, ich begegnete jedoch keinem Menschen. Ab und zu waren kleine Schneefelder zu überwinden. Es gab zwar erkennbare Menschenspuren im Schnee, aber die waren nicht gerade frisch und bestimmt nicht von gestern oder heute. Mit den Tierspuren sah es da schon anders aus...eine Bärenspur entdeckte ich jedoch nicht. Halbwilde Rentiere sah ich nur von weitem.
Nach zwei Stunden war der Saanajärvi-See erreicht. An der gegenüberliegenden Seite entdeckte ich tatsächlich etwas, was wie eine Hütte aussah.
Doch bis dahin war es noch ein weiter Weg am teilweise schneebedeckten Seeufer entlang. Ein "Weg" war kaum noch erkennbar. Spuren von anderen Touristen gab es auch nicht mehr. Wahrscheinlich waren die letzten Begeher dieses Weges noch über das immer noch vorhandene aber jetzt schon aufgebrochene Eis des Sees gegangen.
So musste ich über die schrägen Schneefelder queren, was mit dem großen Rucksack auf dem Rücken recht mühsam war. Oft brach ich bis zum Oberschenkel in den Schnee ein.
Der Saanajärvi-See - an der Schmalseite (etwa Bildmitte) ist schon mein Tagesziel, die "Open Wilderness Hut" zu erkennen.
Gegen 21 Uhr war ich endlich am Ziel...
Leider gab es hier kein leckeres Abendessen und auch auf die Gesellschaft anderer Wanderer musste ich verzichten. Dafür war die Hütte mit einem selbst zu heizenden Holzofen und dem absoluten Wildnis-Feeling ausgestattet.
Neben dem Ofen gab es noch ein paar schmale Sitzbänke und einen Tisch. Dort machte ich es mir dann so gut wie möglich "gemütlich", genoss das Prasseln des Feuers im Ofen, meine Rucksackverpflegung und natürlich den Blick aus dem Hüttenfenster auf den vereisten See und die wunderschöne Landschaft.
Nach einigen Stunden weckte mich die Kälte und ich musste frisches Holz im Ofen nachlegen. Ein Blick vor die Hüttentür entschädigte für das unbequeme Lager...
Irgendwo hinter diesen Bergen verläuft die norwegische Grenze - eine imaginäre Linie zwischen Steinen, Schneefeldern, Seen und Zwergbirkensträuchern in der fast unendlichen Weite.
Am nächsten Morgen trat ich dann den Aufstieg auf den Berg Saana an. Zuerst führte der Weg weiter durch menschenleere Wildnis, traf jedoch dann auf einen ausgebauten Hauptweg von Kilpisjärvi zum Gipfel, wo auch ein paar andere Leute unterwegs waren.
Der Weg führte über in den Hang gebaute Holzstufen aufwärts. Ab und zu gab es eine kleine Aussichts- und Erholungsplattform.
Durch diese Holzstufen wird auch die Bodenerosion verhindert, da keine "wilden" Aufstiegswege ausgetreten werden. Das Klima ist hier so rauh, dass ohnehin nur wenig Gras wächst, was den Boden halten kann.
Blick nach Norden - die Berge im Hintergrund gehören schon zu Norwegen. Von ihren Gipfeln aus sollte man das Nördliche Eismeer sehen können.
eigentlich ein schöner Badesee vor großartiger Kulisse - aber die Eisschollen sind echt...das dürfte den Badespaß relativieren.
Der Abstieg führte mich dann die hölzerne Himmelsleiter hinunter und über Bohlenwege direkt nach Kilpisjärvi.
Unten angekommen wartete ich auf den Bus nach Tromsö, der mich genau 24 h nach meiner Ankunft wieder aus Kilpisjärvi abholen sollte.
Das letzte Bild aus Finnland - hier zweigt eine Straße nach Treriksröset ab - mit einem Boot kann man sich über den See übersetzen lassen und so das Dreiländereck Finnland-Schweden-Norwegen erreichen.
Pünktlich wie immer in diesem Land kam dann um kurz nach 17 Uhr der Bus Oulu-Tromsö und holte mich aus Kilpisjärvi ab. Ich löste ein Ticket nach Tromsö und verabschiedete mich von Finnland. Bestimmt werde ich nicht zum letzten Mal hier gewesen sein.
Aufbruch: | 02.06.2009 |
Dauer: | 12 Tage |
Heimkehr: | 13.06.2009 |
Norwegen