Apulien - Trullo und Trulli
Stauferkastelle und andere
Castel del Monte
Erster Grund unserer Reise: das Weltkulturerbe Castel del Monte, erbaut von Stauferkönig Friedrich II per Dekret vom 29.Mai 1240.
Da sich der monumentale Bau des Kastells 10 Jahre hinzog, ist nicht gesichert, ob Friedrich II. vor seinem Tode 1250 die Vollendung noch erlebt und gesehen hat.
Das möglicherweise als Jagdschloss konzipierte Kastell liegt auf einem damals dicht bewaldeten Hügel, war jedoch so üppig ausgestattet, dass man auch die Repräsentation kaiserlicher Macht als Begründung für den Bau sehen kann.
Acht ist die Ziffer des kosmischen Gleichgewichts
Die oktogonale Form des Kastells mit acht ebenfalls oktogonalen Türmen ist der Versuch einer Verbindung zwischen Kreis und Quadrat, oder zwischen Himmel und Erde. Aus der Luft sieht das Kastell wie ein riesiger Brunnen aus.
Da im Innenhof einst ein Brunnen gestanden hat, wird das Bauwerk auch als Synthese der drei kosmischen Ebenen Himmel, Erde und Hölle betrachtet.
Grundriss des Castel del Monte
Die Mathematik des Castel del Monte
Der Grundriss des Castel del Monte veranlasst zu einigen mathematischen Untersuchungen, die hier nicht ausführlicher niedergelegt werden sollen.
Acht ist ist die erste Kubikzahl/ Konstruktionsmerkmal Goldener Schnitt/ Fibonacci-Zahlen
Wer hier in Tiefe gehen will, findet
hier eine interessante Abhandlung.
unser Besuch
Wenn man den Parkplatz - etwa 800 m unterhalb des Kastells sieht, kann man sich vorstellen, wieviel Betrieb in der Hochsaison herrschen muß. Wir teilen uns den riesigen Stellplatz mit etwa 15 Autos und drei Bussen. Nach Zahlung der Parkplatzgebühr (4€) werden wir mit dem Shuttlebus auf den Hügel (540 m ü.M) gefahren. Auf den ersten Metern des kurzen Fußweges hoch zum Castell eröffnet sich der Blick auf das vollkommen symmetrische Gebäude mit seinem Eingangsportal. Je näher man kommt, um so imposanter und eindrucksvoller wirkt der Bau.
An dem triumphbogenartigen Hauptportal mit zwei Konsolenfriesen, auf dem die Jahreszahlen 1242, 1244 und 1246 für den Beginn und die Beendigung der Bauarbeiten festgehalten sind, läßt sich der Goldene Schnitt als Konstruktionsmerkmal erkennen. Symmetrisch zum Hauptportal im Osten - gibt es noch ein Westportal
Das vollkommene Achteck hat Seiten von exakt 16,5 m Länge. Das Gebäude ist exakt nach den Himmelsrichtungen ausgerichtet und wurde aus glatten, behauenen sandfarbenen Kalksteinquadern erbaut.
An fast jeder Außenwand befinden sich ein einbogiges Fenster im unteren und ein zweibogiges (Dreipassbogen mit Säulen und Kapitellen an den Außenseiten) im oberen Stockwerk.
Vom Kastell aus genießt der Besucher den weiten Panoramablick über die apulische Landschaft.
Nach Errichtung des Eintrittes (6€ Senioren 2€, Schwerbehinderte frei) betritt man einen ebenfalls achteckigen, nach oben offenen Hof.
20,5 Meter hohe Wände werden von den Türmen nur wenig überragt. Im oberen Stockwerk eröffnen drei hohe Fenstertüren den Einblick zum Hof.
Insgesamt gibt es 16 Räume, acht je Geschoß. Wie im Grundriss zu erkennen ist, sind alle Räume in Größe und Form eines gleichmäßigen Trapezes identisch. Unterschiede gibt es hinsichtlich der Lage der Fenster und Portale und der Öffnungen zu Innenhof oder nach Außen.
Es soll wohl einen hölzernen Rundbalkon als Verbindungselement der inneren Fenstertüröffnungen gegeben haben.
Zwischen jeweils zwei Sälen liegen die Turmräume mit Wendeltreppe, kleineren Zimmern zum Ankleiden oder den Toiletten.
Ein interessantes Detail zu den Treppen: Im Gegensatz zu den im Mittelalter üblichen rechtsdrehenden Treppen sind sie hier umgekehrt.
Wieder im Innenhof angekommen, sehe ich eine Dame mit professioneller Fotoausrüstung, die versucht vom Mittelpunkt des Innenhofes den Himmel zu fotografieren. Das muß ich auch probieren!
Wir drehen noch eine Runde um das Kastell und finden noch einen Sims rund um das Gebäude in etwa 2m Höhe, der wohl das Fundament für Gebäude und Türme vom eigentlichen Bau trennt.
Nicht weit vom Castel del Monte liegen an der Küste weitere Kastelle.
Zunächst ist dies das Kastell von Barletta.
Die Festung ähnelt - im Gegensatz zum castel del monte - wieder den Vorstellungen einer Vauban-Festung: Die kielförmigen Eckbastionen sind das Werk Karls V., der nach dem Bau einer Burg durch Friedrich II. an den vorher schon extistierenden normannischen Donjon diese erweiterte.
auch der Eingang und der angelegte Graben sind Werk Karls V. - Überhaupt haben alle in Süditalien einmal herrschenden Dynastien an diesem Bau 'herumgebaut'.
Der Staufer Friedrich II. verkündete auf dem Vorplatz sein politisches Testament. Sein Sohn Manfred sollte - falls er nicht vom Kreuzzug zurückkehren sollte - auf den Thron folgen, 1259 machte dieser die Burg von Barletta dann wirklich zu seiner Residenz.
Wiederum wenige Kilometer weiter befindet sich das nächste Stauferkastell: Castel Svevo in Trani
Die Anlage wurde unter Friedrich II. in der Zeit von 1230-1249 errichtet. Sie ist eine der wenigen - wie auch das castel del monte - kaum veränderten staufischen Befestigungen und liegt direkt am Meer.
Castello aragonese in Tarent
Das Kastell wurde über den Mauern einer byzantinischen Festung des 10. Jh. und dann wohl über einer normannisch-staufischen Anlage errichtet. Die Anweisung zum Bau erfolgte von Ferdinand I. von Aragon (Name) zur Sicherung der Stadt gegen türkische Angriffe.
Im Laufe der Jahrhunderte erfuhr die Festung die verschiedensten Nutzungen, erst Napoleon erkannte wieder ihren Verteidigungswert.
Die bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts begonnenen Restaurierungsarbeiten endeten 2005 in den Innenräumen, womit die Rückversetzung in den Zustand der aragonesischen Zeit weitgehend erreicht wurde.
Das Castello befindet sich auf einer kleinen Insel, die durch einen etwa 70 Meter breiten Kanal vom Festland Tarents getrennt ist. In seiner mehr als 1000-jährigen Geschichte diente es nicht immer nur zur Verteidigung der Stadt, sondern wurde zeitweilig auch als Gefängnis genutzt. Heute (bzw. schon seit 1887) ist es das Hauptquartier der italienischen Marine.
Trotzdem kann es besichtigt werden, man muß halt nur fragen; dann wird man nach einer kleinen filmischen Einführung durch die Anlage geführt. Als 'Gebühr' erbittet man lediglich einen Eintrag ins Gästebuch.
Der Kanal zwischen Insel und Festland wird von einer Drehbrücke überspannt, die auch heute noch die Durchfahrt bzw. das Anlegen großer (Kriegs-)Schiffe erlaubt.
Die Festung ist eine vieleckige Anlage, deren südlich gelegener Kern ein nahezu rechteckiger Bau mit Ecktürmen ist.
Die zum Kastell gehörende Sankt-Leonardo-Kapelle wurde 1933 wieder geweiht, nachdem sie im Laufe der Jahre zuerst der Wachmannschaft und dann auch als Stall gedient hatte.
Auch das Kastell von Bari geht auf Friedrich II., den Staufer, zurück, der die schon vorhandene normannische Anlage (Baubeginn 1071) zwischen 1233 und 1240 von Grund auf erneuern und ausbauen ließ. Die Ecktürme stammen aus dieser Zeit.
Die riesigen Eckbastione und die äußere Ummauerung wurden erst ab 1501 (Isabella von Aragon) hinzugefügt.
Innerhalb der Wehranlagen wurde auf der Höhe des Innenhofes ein 45 Meter langes Tonnengewölbe mit viereckigen Säulen ausgegraben.
Markenzeichen der Stauferzeit sind die mit Figuren reich geschmückten Säulen und Torbögen, für die herausragende muslimische Steinmetze angeworben wurden.
Weitere Kastelle befinden sich in Lecce, Oria, Otranto und Gallipoli. Da wir das erstgenannte nicht fotografieren und besuchen konnten (eingerüstet und verregnet), die nächsten nicht besucht haben, sei der Vollständigkeit halber das - auch leider geschlossene - aber wunderschön zwischen Alt- und Neustadt gelegene Kastell von Gallipoli behandelt.
Die ursprünglich byzantinische Wehranlage wurde im Laufe der Jahrhunderte mehrfach überbaut. Die Bastion schiebt sich in den Hafen.
Aufbruch: | 10.10.2010 |
Dauer: | 14 Tage |
Heimkehr: | 23.10.2010 |