Iran für Opa B.

Glaube und Realität

Ich glaubte ja, als erstes würde ich bis auf die Knochen gefilzt, mein Telefon und Besteck konfisziert, alle, auch ich, würden hungrig-mürrisch die Straßen langschleichen und mich verstohlen, mürrisch und missbilligend anstarren...und ich würde zusehen, nach spätestens 3 Wochen das Weite zu suchen und vorzeitig auszureisen. Es würde der größte Irrtum meiner langjährigen Reisepraxis gewesen sein oder ich gar willkürlich im Knast landen. Alles im KopfKino...

Die Realität schaut anders aus.

Nach gut einer Woche bin ich satt, zufrieden und gar hellauf begeistert.

Kerman begrüßt mich, wie die Orte zuvor, mit offenen Armen. Ich hatte spontan den Bus um 9h von Yazd nach Kerman genommen, frühs online gebucht nebst dem Snap Car zum Bus Terminal, das lokale Uber, nur VIEL billiger..
Die Fahrt dauert etwa 5 Stunden inklusive 3 kleiner Pausen und einer Panne, die den Bus aber nicht am weiterfahren hinderte. Es geht durch endlose wüstenartige Steppe, flankiert von Gebirgszügen in der Ferne
Ankunft am nur sehr überschaubar belebten Busbahnhof in Kerman gegen 14h. Ich habe noch keine feste Hotelbuchung und frage mich, wie es weitergeht. Im Zentrum des wie üblich runden Gebäudes(am Rand die Büros der Bus-Gesellschaften) sitzt an einem Laptop ein sehr gepflegter, kultiviert wirkender junger Mann mit moderner Brille. Auf ihn trete ich zu. Nach kurzer Erklärung meinerseits, er sprach sehr gutes Englisch, half er mir , in dem er mir zunächst einmal aufmerksam zuhörte, und dann die Dinge Stück für Stück regelte. Telefongespräch mit dem Guesthouse, Snap buchen, Empfehlungen für die spätere Weiterreise. Tiptop. Das Snap bringt mich in eine sehr ruhige Nebenstraße, hier wohnt Jalal.

Jalal ist ein 65jähriger Travelguide mit 40 Jahren Berufserfahrung. Es ist sein privates Haus und er vermietet ein Zimmer. Er wird ein, weiterer Glücksfall für mich sein.
Die Bude wirkt auf den 1. Blick etwas schlicht, aber genau das wird gut sein. Seine 14jährige Tochter Awiza, ein hellwaches, blitzgescheites und bescheiden diszipliniertes Mädchen, die deutsch, koreanisch und Klavier lernt, alles online, sowie Geigenunterricht bekommt, und ihr Vater begutachten mich und heißen mich willkommen.
Im Verlauf des Gespräches, indem ich äußere, was ich hier zu erleben gedenke, schlägt er mir vor, noch am selben Nachmittag mit einem ihm bekannten Guide eine Tour zu machen. Ziel: die Kaluts, beeindruckende felsformationen in der Wüste Lut, Weltkulturerbe und auchschon mal 60-70⁰ heiß. Im letzten Sommer.
Eigentlich bin ich müde, aber Spontanität hat mir schon so manches Glück beschert, und der Preis ist akzeptabel. Teil der Tour ist eine Übernachtung in einer Eco-Lodge bei Shahdad.
Also in ich nach nur einer Stunde Aufenthalt schon wieder on the road..

Mein Fahrer und Guide heißt Ahmad Satar Oyob, 38, und wir fahren 140km erst 500 Höhenmeter bergauf, und dann 700 bergab. Die Gegend ist leer, gigantisch und wird nur einmal vom Weiler namens Sirch. Es ist mittlerweile 18h und dunkel. Der Wagen heizt durch die Nacht und wir erreichen wir die Gandom Berjan Ecolodge in Shafiabad. Da wir eh nix mehr sehen können, bleiben wir auch da und fahren nicht mehr Sterne gucken, is eh bewölkt, und genießen das Abendessen. Leider ist Feiertag, und das bringt Familien mit Kindern ins Camp. Und das bedeutet Remmidemmi und Musik bis weit nach Mitternacht. Ecolodge in der Lut hab ich mir ruhiger vorgestellt. Aber was soll's. Ich kann ja schlecht genau DAS machen, was mir bei anderen europäischen Touristen auf die Hörner geht: mitnehmen, was geht, und wenn ich zu ruhen gedenke, haben alle die Klappe zu halten. Vor allem "verzogene" Bälger...