Albanien ließ mir keine Ruhe
Richtung Norden
Auf meiner weiteren Route in Richtung Norden wechselt der Straßenbelag weiterhin in rascher Weise. In den Orten entscheide ich mich für eine defensive Fahrweise und bleibe bei erhöhter Achtsamkeit. Die albanische Fahrweise ist zwar grundsätzlich rücksichtsvoll, jedoch kommt es immer wieder zu für mich bis dato völlig unbekannten Manövern, die ich kaum vorhersehen kann. Ein Vergleich kommt mir in den Sinn: Wenn Autofahren in Marseille das Rheinland wäre, dann ist Albanien Marseille. Ich entscheide mich, weit rechts zu fahren, und bleibe für den Rest meiner Tour dabei. Eine gute Entscheidung, wie sich mehrmals am Tag herausstellen wird. Erneut stoppt ein Bauarbeiter die Weiterfahrt. Geduldig schaue ich bei zugegebenermaßen ziemlicher Hitze zu, wie ein Bagger außerhalb meiner Sichtweite eine Gerölllawine nach der anderen auf die Straße vor mir auslöst.
Da bleiben die Kühe, Schafe und Ziegen die harmlosere Variante der Verkehrshindernisse. Schließlich endet der Asphalt deutlich früher, als ich auf der ausgewiesenen Straße erwartet hätte, um schließlich in ein steiles Geröllfeld überzugehen, das erneut von schweren Baumaschinen befahren wird. Ich muss einsehen, dass trotz meiner eingeplanten und willkommenen Offroad-Passagen hier mit meinem Setup kein Weiterkommen ist und kehre um. Die Tatsache, dass mir weder jemand folgt noch Fahrzeuge entgegenkommen, spricht ebenfalls gegen die Passierbarkeit dieses Abschnitts.
Mein nächstes Ziel ist Rruga e Arbërit, Klos. Eine für Albanien ungewöhnlich moderne Brücke überspannt die Schlucht. Hier sollte meine Drohne zum ersten Mal zum Einsatz kommen. Ernüchterung stellt sich ein, als ich feststellen muss, dass ich den Controller nicht eingepackt habe. Ich muss dringend meine Checkliste verbessern.
Die Landschaft bleibt wild und spektakulär. Albanien übertrifft meine Vorstellungen hinter jeder Kurve, und in jede Richtung scheint es etwas zu entdecken zu geben. Ausblicke, die mich an Bilder von Südamerika erinnern. Berglandschaften ohne erkennbare Zivilisation wechseln sich mit recht abenteuerlichen Streckenführungen ab, die Zweifel aufkommen lassen, dass es sich wirklich um eine befahrene Straße handelt.
Eine Brücke vor mir lässt mich an der Passierbarkeit zweifeln, ragen doch zahlreiche Nägel aus der in die Jahre gekommenen Holzkonstruktion. Ich schaffe es, die GS ohne Reifenschaden über die Brücke zu bekommen.
Motorradfahrer treffe ich keine an. Scheinbar ist Albanien nicht auf der Hauptroute anderer Tourenfahrer, was den Eindruck der Wildnis noch weiter verstärkt. Ohne Zweifel ist Albanien schon jetzt auf meiner Top-Position der Motorradreisen angekommen. Die Route führt mich immer weiter in den Norden Albaniens entlang der SH22, die sich mit endlosen Kurven durch die Berge windet und unvergessliche Blicke auf den Fierza-Stausee bietet.
Und anschließend entlang des Komani Lake führt. Ich biege weiter Richtung Norden ab und folge der SH22 bis Bajram Curr, wo ich auf die Rruga Azem Hajdari wechsle, die dem Lumi i Valbones in das Valbonatal mit gleichnamigem, entlegenem Nationalpark folgt. Mein Ziel für die Nacht ist der entlegene Valbona Eco Campingplatz. Hier entscheide ich mich für einen Campingspot mit spektakulärer Aussicht und atemberaubendem Sternenhimmel. Ich muss noch meine Fotoausrüstung optimieren.
Aufbruch: | 07.06.2024 |
Dauer: | 10 Tage |
Heimkehr: | 16.06.2024 |