On Tour auf MADAGASKAR
Mein erster Lemur
Auf dem Tsiribihina River
Dienstag, 02.05.06
Eine Dusche oder eine Toilette sucht man in dieser Umgebung natürlich vergebens. Die Morgentoilette ist daher mit kurzem Zähneputzen schnell erledigt und es bleibt genügend Zeit, sich auf das Schauspiel des Sonnenaufgangs zu konzentrieren, bevor unser opulentes Frühstück mit Spiegelei, Zwieback, Marmelade, Obst und Kaffee serviert wird.
Die Landschaft wird am zweiten Tag deutlich abwechslungsreicher, der Fluss oft etwas schmaler. An beiden Seiten bedeckt nun teils undurchdringlicher Urwald das Ufer. Auch unsere ersten Lemuren, ein paar Sifakas, bekommen wir zu Gesicht. Sie sind an ihrem weißen Fell deutlich auszumachen und befinden sich gerade beim Frühstück, halbhoch auf Ästen sitzend. Sie gucken uns neugierig an, lassen sich aber ansonsten kaum stören.
Mittags legen wir am Ufer an und erreichen, einem kleinen Bachlauf folgend, einen Wasserfall, unter dem man in einem natürlichen Swimmingpool herrlich baden kann. Es ist eine Wohltat nach der Hitze des Tages und lässt mich sogar das imaginäre kühle Bier vor Augen für ein, zwei Stunden vergessen.
Urlaub kann so schön sein. Während wir im Wasser planschen bereiten unsere Führer das Essen. Es gibt Spaghetti. Drei kleine Jungen tauchen mit Pirogen an unserem Rastplatz auf und halten sich im Hintergrund, bis wir fertig sind mit Essen. Von Rija bekommen sie etwas Baguette, von uns leere oder noch halbvolle Wasserflaschen. Sie können alles gebrauchen. Selbst leere Plastikflaschen haben in diesem Teil der Welt einen Wert.
Der Fluss wird nun wieder etwas breiter. Am späten Nachmittag kommt etwas Wind auf. Unsere Bootsleute müssen sich noch mehr anstrengen, trotzdem geraten sie nie außer Atem und unterhalten sich fortwährend. Sie müssen eine sagenhafte Kondition haben. Nach Ende der Tour werden sie ihre Pirogen genauso wie viele andere, die uns entgegen kommen, in umgekehrter Richtung zurück bringen, dieses mal nicht paddelnd, sondern mit einem langen Stock stakend, da es ja flussaufwärts geht. Das dauert ca. zwei Wochen. Während mein Urlaub zu Ende geht, werden unsere Bootsleute also gerade wieder am Ausgangspunkt in Miandrivazo angekommen sein.
Die Sonne ist schon lange untergegangen als wir immer noch unterwegs sind. Ich frage mich etwas besorgt, ob unser Guide noch alles im Griff hat. Hat er. Nur schemenhaft hebt sich schließlich eine Sandbank vom dunklen Wasser ab, in fast völliger Dunkelheit bauen wir unsere Zelte auf. Zum Abendessen gibt es heute die armen Hühner, die allerdings lecker schmecken.
Dass die Hühnchen gegessen werden ist auch dringend nötig. Rija erzählt, dass wir am nächsten Tag an einem Dorf vorbeikommen, wo es absolut "fady" ist, lebende Hühner mitzubringen. Der Sage nach verriet einmal ein gackerndes Huhn den feindlichen Angreifern den Aufenthaltsort der Dorfbewohner und seitdem wollen diese mit Hühnern nichts mehr zu tun haben.
"Fady" nennt man -wie bereits erwähnt- in Madagaskar solche Tabus. Sie entwickelten sich aus einer Mischung aus Sagen und wahren Begebenheiten und stellen eine Art Verhaltenskodex dar. Jedes Dorf, jede Region hat andere, und es ist natürlich für den Reisenden unmöglich, diese alle zu kennen.
Da besonders in abgelegenen Gebieten darauf geachtet wird, dass niemand gegen diese Fady verstößt, kann es unter Umständen schon einmal zu prekären Situationen kommen. Uns allerdings widerfährt nichts derartiges, ich kann ehrlich gesagt auch nicht ganz ausschließen, dass die Geschichte mit den Hühnern nicht doch ausschließlich aus Rijas Gedankenwelt stammt.
Aufbruch: | 28.04.2006 |
Dauer: | 4 Wochen |
Heimkehr: | 23.05.2006 |