On Tour auf MADAGASKAR
Indri Indri
Andasibe,
Montag/Dienstag, 8./9. Mai 2006
Die Tour Richtung Osten wollte ich eigentlich mit Madabus und Buschtaxis unternehmen. Aber Rija machte mir ein interessantes Angebot und vermittelte mir einen Privatfahrer für die fünf Tage. Im Vergleich zum Taxi Brousse ist das natürlich um ein Vielfaches teurer. Menschliche Arbeitskraft, sprich in diesem Fall der Chauffeur, ist zwar billig, aber das Benzin ist, gemessen an den Einkommensverhältnissen, ein echtes Luxusgut. Der Liter kostet ca. 0,95 Euro. Naivo ist pünktlich zur Stelle, macht mit mir noch eine Stadtrundfahrt in Tana und fährt mich hoch oben zum Rova, dem Königspalast, von wo aus man einen wunderbaren Überblick über die Stadt hat. Rija ruft an, fragt, ob alles in Ordnung ist. Auf ihn ist wirklich Verlass, er hat seine Geschäfte im Griff.
Durch ein paar bessere Wohnbezirke fahren wir aus der Stadt, machen unterwegs noch Halt in einem modernen Supermarkt. Auf der RN (Route National) 2 fahren wir anschließend Richtung Andasibe.
Die Straße ist in Ordnung, aber wie fast alle Straßen in Madagaskar, reichlich kurvig. Es geht kaum einmal 100 Meter geradeaus. Bereits kurz nach Mittag erreichen wir den Parque National Andasibe, und Naivo fährt mich zum Hotel Feon'nyala ein, einer traumhaft gelegenen Bungalowanlage mit Blick auf den Regenwald des Nationalparks. Die Anlage ist gut belegt, sowohl mit Reisegruppen als auch Individualreisenden.
Zu tun gibt es heute nicht mehr viel, gut zu Mittag essen, Calamares, Bezug der Hütte, etwas ausruhen. Gerade als ich zu einem Spaziergang aufbrechen will, fängt es an zu regnen, und es kühlt ziemlich ab. Gegen Abend stellt Naivo meinen Führer vor, Richard. Führer sind für die Nationalparks Madagaskars obligatorisch. Wir einigen uns auf das Programm für den nächsten Tag, eine Tour am frühen Morgen und eine Nachttour, sowie den Preis, 20.000 bzw. 10.000 Ariary.
Das Schlafen unter dem Moskitozelt hat immer etwas Abenteuerliches, finde ich. Man fühlt sich wie ein Großwildjäger, der gezwungen ist, in einer gefährlichen Gegend zu übernachten, der aber mutig allen Gefahren trotzt. Nun, wirkliche Gefahren sehe ich hier eher nicht, die Tierwelt Madagaskars ist bis auf die lästigen Moskitos völlig ungefährlich und selbst die Moskitos sind nach dem Regen heute in ihren Unterschlüpfen geblieben.
Am nächsten Morgen ist frühes Aufstehen angesagt. Nach einem guten Frühstück geht es mit Richard zu einer 4-Stunden-Tour in den Park. Wie jeder hier will auch ich den Star unter den Lemuren ansehen, der nur noch hier einen Lebensraum findet und zu bewundern ist - wenn man Glück hat. Und Glück haben wir heute Morgen auf unserer Pirsch wirklich. Wir stöbern gleich zwei Familien auf, die sich beim Frühstück auf den Bäumen nicht stören lassen.
Der Indri Indri sieht eigentlich nicht aus wie ein Lemur. Eher wie ein Panda, bei dem irgendetwas schief gelaufen ist. Besonders oben herum. Der Kopf ist nämlich im Vergleich zum Rest mächtig klein geraten. Der Indri oder Babakoto, wie er von den Madegassen genannt wird, ist der größte aller Halbaffen. Er ist so etwas wie ein heiliges Tier und es ist fady ihn zu töten. Bisher ist es nicht gelungen, den Indri Indri in Gefangenschaft zu halten. Er ernährt sich aus einer speziellen Mischung aus bestimmten Blättern, Nüssen und Früchten, die hier im Perinet Reservat noch zu finden ist.
Plötzlich fängt einer von ihnen an zu singen. Und die anderen stimmen ein. Ich muss mich zusammenreißen, um nicht laut zu lachen. Es hört sich etwa an wie eine abgebrochene Polizeisirene. Indris singen am frühen Morgen, nur ca. fünf Minuten, danach sind sie für den Rest des Tages still. Der Gesang ist über viele Kilometer zu hören und dient der Revierabgrenzung, aber auch als Lock- und Imponierruf für das andere Geschlecht.
Auch andere Lemuren sehen wir noch, einige Braune Lemuren sowie den Woolen Lemur, der nachtaktiv ist und uns mit großen Augen aus seinem Nacht- bzw. Taglager ansieht, daneben Chamäleons, große Spinnen, Frösche. Ich bin sehr zufrieden mit der Ausbeute heute Morgen.
Nach dem weitgehenden Ruhetag gestern bin ich heute voller Tatendrang, lasse mich von Naivo am frühen Nachmittag in den Ort Andasibe fahren, der einige Kilometer entfernt liegt, dort absetzen und marschiere den Weg zurück. Vom wachsenden Tourismus im angrenzenden Park scheint der Ort nicht viel zu profitieren. Er wirkt sehr armselig. Entsprechend unsicher bewege ich mich die vermeintliche Hauptstrasse entlang und komme mir vor wie ein ungebetener Eindringling. Aber die Menschen sind auch hier sehr freundlich, lachen, winken mich heran und wollen fotografiert werden.
Unter "Night walk" hatte ich mir etwas anderes vorgestellt. Mitten in der Nacht aufstehen, sich dick mit Mückenschutz einreiben und mit starker Taschenlampe bewaffnet durch den Dschungel streifen. Das mit der Taschenlampe stimmt, aber wir starten bereits um 18.30 Uhr, kurz nachdem es dunkel geworden ist und dürfen nur die Straße am Rande des Parks entlanggehen und die Bäume ausleuchten. Das Betreten des Parks bei Dunkelheit ist untersagt, vielleicht auch besser so für die meist nachtaktiven Tiere. Die Ausbeute unseres Streifzuges ist kläglich, zwei Baby Chamäleons, die noch nicht einmal Richard selbst gefunden hat, sondern ein anderer Guide vor uns.
Wieder liege ich heute Abend früh in meinem Bettchen unter dem Moskitonetz und träume von abenteuerlichen Streifzügen voller Gefahren durch nächtliche und geheimnisvolle Regenwälder.
Aufbruch: | 28.04.2006 |
Dauer: | 4 Wochen |
Heimkehr: | 23.05.2006 |