On Tour auf MADAGASKAR

Reisezeit: April / Mai 2006  |  von Uwe Decker

Tana zum Zweiten

Antananarivo,
Sonntag, 07. Mai 2006

Nach immerhin zwei Stunden Schlaf ist die Nacht zu Ende. Um halb sechs ertönt laute Musik im Hotel, Kirchenmusik. Ein Gottesdienst wird im Fernsehen übertragen, es ist Sonntag.

Beim Frühstück im Glacier Cafe lerne ich Tinah kennen. Sie sitzt am Nebentisch und ist auf dem Weg zum Gottesdienst in Isoraka. Da ich heute Morgen auch in das Stadtviertel will, gehen wir gemeinsam. Ich bringe sie zur Kirche und bleibe noch ein wenig. Die Kirchen hier sind voll, die Missionare haben anscheinend gute Arbeit geleistet. Aber natürlich gibt es auch noch die andere Religion - den Ahnenkult, der weit verbreitet ist, mir scheint aber mehr unter den Älteren und in den weniger gebildeten Bevölkerungsschichten. Die Einstellung eines meiner späteren Guides ist symptomatisch: "Ich glaube nicht an den Ahnenkult wie meine Eltern, aber ich respektiere ihn".

Dann streife ich durch das Viertel. Es ist schön hier, Isoraka wirkt wie ein Künstlerviertel. Die Straßen sind eng und haben Kopfsteinpflaster, die Häuser sind bunt, oft hübsch restauriert und besitzen meist verzierte Balkone. Wer hier wohnt gehört sicherlich nicht zu den Ärmsten. Auch einige der besten Lokale befinden sich hier. In den umliegenden Straßen warten heute Morgen lange Schlangen von meist Jugendlichen, um Einlass zu finden in ein Open Air Konzert im Park weiter unten, das ab Mittag stattfinden soll.

Anschließend spaziere ich zum Lac Anosy. Auf seiner Oberfläche spiegeln sich die Häuser der umliegenden Hügel. Das gibt einige schöne Fotos. Viele Leute unternehmen hier ebenfalls ihren Sonntagmorgenspaziergang. Unter den Bäumen am Ufer wird eifrig Boule gespielt. Das Hilton Hotel ist nicht weit. Wahrscheinlich wandele ich hier nun endlich auf den Spuren unseres Bundespräsidenten. Ich gönne mir ein kleines Bier im Foyer, 3.200 Ariary, also 1,20 Euro, viel teurer als anderswo, aber für ein Luxushotel ok.

Dass Sonntag ist, merkt man in den Städten Madagaskars leider deutlich. Die Läden sind geschlossen, Markt findet nicht statt, es ist leerer auf den Straßen.

Am späten Nachmittag habe ich mich mit Tinah verabredet, im Glacier Cabaret. Eine höchst unglückliche Ortswahl, wie ich feststelle. Ich bin etwas zu früh da, und mir bietet sich ein merkwürdiges Bild. In Reih und Glied sitzen etwa zwei Dutzend Mädchen da und warten ... Ich bestelle eine Cola, verziehe mich hinter eine Säule und bin froh, als Tinah auftaucht. Wir gehen zusammen essen, dann wieder ins Glacier zum Konzert. Irgendwann muss sie nach Haus, zu ihrem Sohn. Ich verspreche, sie anzurufen, wenn ich nächste Woche wieder zurückkomme nach Tana.

© Uwe Decker, 2006
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Dreieinhalb Wochen quer durch Madagaskar - zu Fuß, mit Auto, Boot und Flugzeug - Einblicke in eine andere Welt, "rechts unten neben Afrika"
Details:
Aufbruch: 28.04.2006
Dauer: 4 Wochen
Heimkehr: 23.05.2006
Reiseziele: Madagaskar
Der Autor
 
Uwe Decker berichtet seit 19 Jahren auf umdiewelt.
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