Grönland / Island - Wo Europa wild wird
19.08. Tjarnargígur & Laki Krater - Blængur
Der heutige Tag verspricht nach einer inzwischen routinierten Bachdurchquerung trockener zu werden. Staubtrocken, um genau zu sein. Wir lassen die matschigen Wiesen hinter uns und bahnen uns einen Weg durch ein Aschefeld. Die Asche ist teilweise so fein wie Sand, so dass man glauben könnte, wir bewegen uns über einen schwarzen Sandstrand - nur ohne Meer.
Rechts und links des Weges säumen mannshohe Lavafelsen den Weg. Die meiste Lava ist inzwischen unter einer dicken Moosschicht verschwunden, allerdings kann es tückisch werden, darauf zu laufen, denn die Lava hat sehr scharfe Kanten, die man nicht auf dem ersten Blick gleich sieht. Außerdem kann es immer mal wieder vorkommen, dass sich losere Lavasteine bei Belastung bewegen, aber das merkt man meist, wenn es verräterisch zu knirschen beginnt. Mit den Trekkingstöcken kann man sich nur bedingt abstützen, da sie entweder im Moos zwischen den Felsen verschwinden oder auf den wackligen Steinen auch nicht mehr Sicherheit geben.
Die Lava erkaltet zuerst an der Oberfläche, wo sie mit Luft in Kontakt kommt. Darunter fließt der noch immer heiße Strom. Sollte dieser Strom abfließen, ohne vorher zu erstarren, bleiben unter der erkalteten Lava Hohlräume zurück, die höhlenartige Ausmaße annehmen können. Einige davon bekommen wir heute zu sehen. Es wird einem schon etwas mulmig, wenn man sich recht sicher über das Lavafeld bewegt, dann heruntersteigt nur um zu sehen, welch Hohlräume sich da unter dem vermeintlich festen Boden befinden.
Ívar entschuldigt sich nun schon zum zweiten Mal innerhalb kürzester Zeit für einen Gang hinter einen Felsen. War das Bad gestern wohl auch für einen abgehärteten Isländer zu kalt gewesen.
Dass das Varmárdalur Lavafeld von einigen Touristen besucht wird, beweisen die ausgetretenen Pfade, auf die wir irgendwann stoßen. Im Hintergrund nur grüne Berge bis auf einen, der durch seine markante, tiefschwarze Farbe hervorsticht. Diesen riesigen Ascheberg hat sich die Natur noch nicht zurückerobert.
Wir folgen einigen der Pfade dieses recht großen Wegnetzes und besichtigen mehrere Krater. Das schöne ist, dass die Krater meist nicht kreisrund geschlossen sind, sondern immer einen Ausgang besitzen, aus dem die Lava heraus geflossen ist. So bleibt uns eine Kraxelei auf den Kraterrand erspart. Viel zu sehen gibt's da allerdings auch wieder nicht. Nein, kein Loch, wo noch heiße Lava blubbert. Alles zugeschüttet und dann mit Büschen zugewachsen.
Ívar führt uns als nächstes zu einem Krater, dessen Ausgang nicht besonders hoch ist und sich daher ein kleines Maar (Vulkansee) gebildet hat. Auf dem Weg dahin passieren wir ein eigenartiges Aschefeld. Die Bepflanzung darauf sieht so ordentlich aus, als ob hier jemand Ackerbau betreiben würde. Die Natur war halt schon immer das große Vorbild des Menschen.
Wir nähern uns langsam dem Laki Krater, zu dem sogar eine öffentliche Buslinie fährt. Da wir heute den weitesten Fußmarsch auf dem Programm stehen haben und das Wetter auch nicht mehr das aller einladenste ist, hat Ívar eine Vereinbarung mit dem Busfahrer getroffen, dass er, wenn er seine Tagestouristen abgesetzt hat, uns ein Stück bergauf fährt. Gratis natürlich.
Jetzt gibt's natürlich mehrere Möglichkeiten, als wir auf dem verwaisten Wanderparkplatz stehen: man hat uns vergessen oder der Bus hat Verspätung. Ívar hinterlässt eine Botschaft im Sand und wir machen uns auf, den eben erwähnten pechschwarzen Berg zu besteigen. Fast oben angekommen, begegnet uns doch tatsächlich der Bus. Keine Frage, dass er uns nun noch ein paar Meter mitnimmt. Mit Ausblick auf den ungewöhnlich blauen Lambavatn See (sonst sieht man in dieser Gegend nur die Farben grün und schwarz) geht es über die kurvenreiche und enge Staubpiste zum Laki Krater, wo wir gerade noch ein wenig den Ausblick genießen können, bevor es sich so richtig zuzieht und der Nebel uns jede Sicht raubt.
Wenn ich richtig mitgezählt habe, ist Ívar nun schon zum 5. Mal auftreten gewesen.
Ich bin froh, dass wir heute weite Strecken über die Landstraße zurücklegen, denn mit der Energie, 100m im Gelände zurückzulegen, kann man auf ebener Straße gleich 4mal so viel schaffen. Zu Fuß legen wir heute insgesamt 24,1km zurück, wie Thomas am Abend auf seinem GPS ablesen wird. Dazu kommen noch 4,7km, die wir mit dem Bus zurückgelegt haben und laut Programm eigentlich auch hätten erwandern müssen.
Luftlinie wäre es sicherlich nicht so weit gewesen, aber die Straße windet sich sehr um jeden größeren Hügel und führt durch jede einzelne Schlucht, wo man anderorts eine Brücke gebaut hätte. Es ist manchmal schon richtig deprimierend, wenn man den weiteren Straßenverlauf praktisch zum Greifen nah sieht und weiß, dass man da erst in einer halben Stunde ankommen wird, weil man erst runter ins Tal und auf der anderen Seite wieder hoch muss.
Nach einer endlosen Wanderung (ich kann kaum noch den Rucksack auf den Schultern halten) kommt uns unser Gepäcktransporter entgegen. Natürlich lässt er sich nicht lange bitten, die müdesten unter uns schon mal zum Zeltplatz zu fahren. Uns anderen erwartet dann wenigstens heißer Kaffee bzw. Tee. Ich habe mir allerdings in den Kopf gesetzt, diese Etappe zu Fuß zu Ende zu bringen und als ich nach weiteren 15 Minuten die Zelte in der Ferne ausmachen kann (nein, diesmal sind's wirklich keine Schafe), schöpft das wieder neuen Mut.
Übernachtung: Zelten am Fuße des Bergs Blængur
Bewertung der Lage: durchschnittlich
Aufbruch: | 09.08.2005 |
Dauer: | 3 Wochen |
Heimkehr: | 28.08.2005 |
Island