Australien - ich komme!
auf der Trainingsfarm
Montag früh hatten wir noch schnell paar Postkarten von Rainbow Beach und Frazer Island gekauft, aus dem Hostel ausgecheckt und sind mit dem 10:00 Uhr Greyhound Bus nach Gympie gefahren. Dort wartete ein "eigener" Fahrer mit Kleinbus auf uns, der uns nach Goomeri fahren wollte. Zunächst mußten wir aber noch auf andere Passagiere warten, die mit einem Bus aus Brisbane kommen sollten. Das waren zum einen Birgitte, 20 aus Dänemark (nicht wie erwartet aus England) und zwei kanadische Mädels, die aber nur zur Olivenernte auf der Farm arbeiten wollten, weil sie kein Geld mehr zum reisen hatten - Fruitpicking ist hier auf der ganzen Insel eine willkommene, kurzzeitige Möglichkeit, Geld zu verdienen und dann gleich weiter zu reisen.
Somit waren wir vollzählig - die 5-Mann-Truppe für die Trainingswoche auf der Farm war komplett.
Wie sich herausstellte war die zweite Deutsche - Natascha - eigentlich im Trupp der vorigen Woche auf der Farm zum Einarbeiten, da sie aber krank geworden war und kaum etwas mitmachen konnte, durfte sie die Woche quasi noch mal mitmachen. Sehr zum Leidwesen von uns restlichen 4 Australienfrischlingen, denn: sie wusste einfach alles besser, kommentierte alles was wir sagten oder korrigierte uns ständig, es hat uns echt verrückt gemacht!
Während der Fahrt von Gympie nach Goomeri habe ich viele Fotos gemacht, bin eigentlich immer von einer Busseite zur anderen gesprungen, wenn sich ein schönes Motiv bot, leider sind viele verwackelt, weil der Fahrer es sehr eilig hatte, denn wir hatten durch das Warten auf den anderen Bus etwas Zeit verloren, die er offensichtlich aufzuholen versuchte. Kombiniert mit den australischen Straßen (in diesem Bereich aber immerhin noch asphaltiert) ergab es halt Wackelbilder. Auffällig an der Landschaft war, dass es immer trockener und grauer wurde, je weiter wir uns von der Küste entfernten, was darauf hinwies, dass es weniger regnete und die Temperaturen stiegen.
Endlich in Goomeri angekommen, empfingen uns Dan und Joanna, Eigentümer der Springbrookfarm, die - glaube ich - diese Organisation VisitOZ auch gegründet haben, höchstpersönlich. Wenn ich das richtig verstanden habe, gibt es in Australien nur zwei Organisationen, die solch eine Einarbeitung und damit eine erste kleine Referenz anbieten. Die Zweite ist aber von VisitOZ abgekupfert und erst später entstanden. (VisitOZ hingegen hat schon seit 2000 mehrere Auszeichnungen bekommen, genießt einen guten Ruf bei den Farmern, hat sehr gute Kontakte zu Arbeitgebern jeglicher Art von Farmarbeit und ist deshalb in der Lage eine Jobgarantie zu geben).
Als erstes ging es in ein Lokal, wo wir Mittag aßen, anschließend der Papierkram: dazu gehörte auch, etwas in Stichpunkten über unsere Eigenschaften und unser Können zu schreiben und ein paar Vorlieben anzukreuzen, wo und wie wir zum Beispiel arbeiten wollten. Witzigerweise haben alle von sich geschrieben, sie könnten reiten, wie sich später herausstellen sollte, was das nicht ganz der Fall... Jedenfalls wollte Joanna daraus dann abends ein nettes Profil über jeden von uns basteln, um dieses ins Internet stellen zu können.
Danach noch auf die andere Straßenseite in eine News Agency, die auch eine kleine Zweigstelle einer Bank innehatte, bei der wir unser australisches Bankkonto eröffneten, damit unsere zukünftigen Arbeitgeber auch wissen, wohin sie denn unser hart erarbeitetes Geld überweisen dürfen.
Last but not least ging's in einen Shop, der auch gleichzeitig Sattlerei und Reiterladen war: Schuhe kaufen. Ich hatte ja zum Glück meine Reitschuhe im Rucksack, konnte mich also auf Arbeitsschuhe konzentrieren: paar echte, robuste, australische Blundstones, braun, sehr bequem. Wer noch Hemden und Hosen brauchte, fand eine große Auswahl.
Nun waren wir ganz gut ausgerüstet, fehlte nur noch der uns versprochene Aussie Allrounder Hut, den bekamen wir auf der Springbrookfarm und ein T-Shirt mit VisitOZ Logo drauf.
Da auf der Farm aber gerade die Olivenernte auf Hochtouren lief, ging es auf die Nachbarfarm, Erriewyn bei Judie, Richard und Bellinda. Diesem Trainingsprogramm für zukünftige Farmarbeiter gehören mehrere benachbarte kleinere Farmen an, die alle wirklich in Betrieb sind und nicht für Touristen Ferienaufenthalte anbieten. Da man sich aber vorstellen kann, dass es einem Farmer nicht immer möglich ist, in jeder Woche des Jahres wieder neue Leute einzuarbeiten (kostet durchaus viel Nerven und sehr, sehr viel extra Zeit), werden die Gruppen mal auf der einen, mal auf der anderen Farm eingearbeitet. Gutes System, funktioniert und es haben alle was davon.
Auf Erriewyn sind wir herzlich empfangen worden. Dort leben Judie mit ihrem Sohn Richard und dessen Frau Bellinda, sowie deren Kinder und natürlich jede Menge Tiere. Unsere Unterkunft war ein großes Mehrbettzimmer, was uns sehr entgegen kam, denn wir konnten alle zusammen sein. Auf der Terrasse gab's nen großen Tisch mit Bänken - ideal zum Karten spielen.
Der Montagnachmittag war zum Ankommen und Entspannen da. Wieder haben wir erstmal unsere Rucksäcke in die Ecken gefeuert und - natürlich die Pferde begrüßt und die Kühe und die Hunde unter die Lupe genommen und eine große Spazierrunde innerhalb der Farm gemacht. Dabei konnten wir unser erstes Känguru aus der Ferne beobachten. Leider ist der Zoom meiner Digitalkamera so gering, dass ich später das Känguru auf dem Foto zwischen all den Bäumen nicht wieder finden konnte - selbst vergrößert am Computerbildschirm - nichts zu machen, zu gut farblich getarnt.
Glücklicherweise haben wir den Spaziergang nur zu viert gemacht, denn Natascha kannte die Farm ja schon von der vorherigen Woche.
Eigentlich waren wir vier eine superlustige Truppe - vier verschiedene Länder, alle erst ein paar Tage in Australien und alle sehr nett, lustig, schnell aufeinander eingestimmt und gute Verlierer, wenn's ums Kartenspielen ging.
Natascha war das totale Gegenteil: besserwisserisch, überhaupt kein Teamplayer, schlechter Verlierer und schon ein paar Monate ins Australien unterwegs. Natürlich weiß man schon über viel mehr Dinge Bescheid, wie alles läuft und so, wenn man schon eine Weile unterwegs ist, aber was immer wir auch sagten, sie wusste es besser. Wir konnten echt keinen einzigen Satz sagen, ohne dass sie ihren Senf dazu gab. Wir wollten einfach unsere eigenen Erfahrungen machen, deshalb sind wir doch alleine losgezogen und nicht mit nem Personal Trainer...
v.l.n.r.: Birgitte (20, Daenemark) Natascha (?,Dtl.) meinereiner, Benjamin (24,Frk.) Sunna (22, Schweden)
Los ging:s morgens immer zwischen 6:30 und 7:00 Uhr. Wir hatten viel zu sehen und zu lernen: Dienstag begannen wir mit der Wasserversorgung auf den Koppeln und Weiden, danach sind wir zu einer Rinderverkaufsverantstaltung gefahren, auf der auch ein paar Tiere von Richard verkauft wurden. Viele Farmer mussten einen Teil ihrer Tiere verkaufen, weil Futter und Wasser so knapp ist - denn es hat in dieser Region seit zwei Jahren nicht mehr richtig geregnet- höchstens mal nachts ein bisschen. Aber das reicht nicht. Ohne Regen wächst das Futter nicht mehr und Futter dazukaufen wäre unrentabel - also wird das Vieh erstmal verkauft. Einige der Tiere waren echt sehr, sehr dünn, arme Dinger, bis auf die Knochen abgemagert. Makaber war auch, das die Schlachterei gleich nebenan war - entweder hat die Tiere also die Fabrik gekauft oder ein anderer Farmer zum Schnäppchenpreis, in der Hoffnung, er könne sie aufpeppeln und zu einem besseren Preis später wieder verkaufen..
Richard erklaert uns einiges ueber Kuehe
Benjamin, Birgitte und ich inner Mitte
Die folgenden drei Tage sind wir früh morgens immer geritten, wenn noch nicht sooo heiß war. Richard hat Unterricht gegeben und wir sollten zeigen, was wir können und wie das reiten mit einer Hand klappte. Hatte überhaupt keine Probleme damit, die kleine braune Stute Beagle schien gut ausgebildet zu sein und wir haben uns gleich verstanden, die anderen hatten etwas mehr Probleme.
morgens auf Erriewyn
Später haben wir Kühe zusammengetrieben und zum Hof gebracht, wo wir die Kälber vorübergehend von den Müttern getrennt haben, um sie mit einem Anti-Insektenspray zu besprühen. Außerdem sind wir Motorrad gefahren (gewöhnungsbedürftig, da schwere Maschinen), Traktor gefahren (macht schon mehr Spaß), haben Zäune repariert (Stacheldraht kann sehr schmerzhaft sein) und haben gelernt, wie man eine Kettensäge handhabt. Gar nicht mein Ding, macht mir echt Angst, weil sie so schwer sind und sehr stark vibrieren. Hab gar nicht die Kraft dafür, hatte schon Schwierigkeiten, den Motor zu starten. Damit kann man mich echt jagen. Aber gut es einmal probiert zu haben.
Richard auf seinem Quad
Dienstagabend gab's schon die ersten Jobangebote. Die Leute haben Judie angerufen und sie hat dann das Telefon an uns jeweils weiter gereicht. Bin fast gestorben vor Aufregung und Angst, als ich den ersten australischen potenziellen Arbeitgeber an Telefon hatte. Aber nein danke - als Pferdepflegerin für eine Springreiterin zu arbeiten klingt zwar interessant, aber deshalb war ich ja nicht nach Australien gekommen. Habe ihr dann erklärt, dass ich zwar mit Pferden arbeiten möchte, aber eben auch mit Kühen oder Schafen - so wie es in meinem Jobprofil stand.
Nächstes Jobangebot: auf einer Schaffarm - allerdings arbeiten vom Motorbike aus. Nein danke - möchte zwar mit Schafen arbeiten, aber ohne Pferde?? No way!!
Drittes Angebot: Pferde füttern in einem luxuriösen Privatstall bei reichen Leuten. Nee danke, dafür bin ich nicht extra nach Australien gekommen, das kann ich auch in Dtl. machen.
Das vierte Angebot war dann das perfekte Angebot. Es muss irgendwann Mittwochvormittag reingekommen sein, als wir unterwegs waren. Doch bevor ich informiert wurde, klärte Judie erstmal mit Richard, ob meine Angaben über meine reiterlichen Fertigkeiten auch der Wahrheit entsprachen (kommt ja doch öfter mal vor, dass jemand sagt, er könne reiten und hat erst zweimal auf einem Pferd gesessen...) Richard gab grünes Licht und sagte, ich wäre gut (ein Hoch auf die kleine Beagle, wir hatten eine guten Eindruck hinterlassen) Dann wurde ich herreingerufen und Judie und Richard setzten sich zu mir und erklärten mir, um was es ging: mustering the cattle on a horse - Vieh treiben vom Pferd aus. Auf einer großen Farm. Das war's doch, oder?! Der Grund warum sie mich wollten, war zum einen, das ich reiten konnte und auch nicht mehr arg so jung und unerfahren schien, wie die anderen beiden Mädels mit ihren 20 und 22 Jahren.
Also es war Mittwochmittag und ich hatte als erste einen Job - noch dazu genau den, den ich wollte und obendrein mit 370$ für die Woche netto inklusive Unterkunft und Essen auch noch gut bezahlt. Habe dann zurückgerufen und Mylinda, die schon am Telefon sehr nett war, zugesagt.
Die anderen haben dann Jobs genommen, in denen sie nicht reiten müssen, das lag zum einen daran, dass sie wirklich nichts mit reiten am Hut hatten, oder einfach mal das Doppelte von mir waren, was ihre Reitkünste doch offensichtlich beeinträchtigte. So nett sie alle waren, schnell und wendig mit dem Pferd zusammen ausbüchsende Kühe in Schacht zu halten ist etwas anderes.
Samstagmorgen nach dem Frühstück ging's dann los. Alle zusammen mit dem Bus zurück nach Brisbane. Von dort aus ging jeder seiner Wege - mit Flugzeug oder Bus. Ich für meinen Teil hatte eine längere Busfahrt vor mir, die von 17:00 Uhr Sa. nachmittags bis 9:30 Uhr Sonntagvormittag dauerte. Glücklicherweise hatte jeder Fahrgast zwei Sitzplätze zur Verfügung und Aircondition gab's auch...
Aufbruch: | 27.02.2007 |
Dauer: | 8 Monate |
Heimkehr: | 26.10.2007 |