Südafrika im Winter, Juni 2007
Braai - Grillen auf südafrikanisch
23.06.2007
Eigentlich stand uns ein herrliches Frühstück zu Vogelgezwitscher und mit dem leisen Plätschern des Flusses als Geräuschkulisse bevor. Dennoch kriegten wir uns heute morgen etwas "in die Haare". Es ging um´s Frühstück und die Frage, ob es pervers ist, Hackfleisch zum Frühstück zu essen, oder nicht. Es war nicht wirklich ernst zu nehmen, was wir uns heute morgen an Sticheleien um die Ohren hauten und im nachhinein betrachtet, ist es mehr als albern. Vorausgegangen war die Frage, ob ich auch eine Portion Hackfleisch zum Frühstück wolle, was ich ablehnte, denn wenngleich ich morgens schon fast alles runterkriege, inklusive Nudelsuppe, baked beans und gegrillte Würstchen, so streiken mein Magen und ich definitiv bei Hackfleisch ! Dies brachte mir den Kommentar ein, nicht "afrika-tauglich" zu sein, was mich wiederum ärgerte und so gab ein Wort das andere...Naja, egal und Kinderkram.
Wir schulterten unsere Rucksäcke mit Wasser und Kameras und machten uns auf zu einer Busch-Wanderung. Es gab Pfade durch die Wildnis und wir hatten auch einen kopierten Zettel mit den eingezeichneten Wegen. Mit Glück hätten wir auf diverses Wild treffen können, aber heute morgen hatten wir Pech. Wahrscheinlich hatten wir die höheren Mächte, die sonst so zuverlässig dafür gesorgt hatten, daß meine Tiersichtungswünsche in Erfüllung gingen, mit unserer kleinen Kabbelei am Frühstückstisch verärgert. Und so wanderten wir ca. 2 Stunden durch den Busch, ohne irgendetwas zu sichten. Trotzdem war es schön, weil so eine Wanderung durch den afrikanischen Busch, wohlwissend, daß Leoparden und andere Raubtiere durchaus in der Nähe sein könnten, ist schon durchaus etwas anderes, als ein Sonntagnachmittag-Spaziergang durch heimische Wälder...Naja, andererseits kann man sich in "meinem" Heimatwald "Marienhölzung" wenigstens über diverse Nordic-walker amüsieren, wenn die wilden Tiere in Form von Eichhörnchen, Wildschweinen und Rehen denn schon ausbleiben...
Spannend wurde es dann zum Ende unseres game walks: Zum 3. und letzten mal mußten wir den Fluß überqueren, der durchaus Krokodile beherbergte - wenngleich wir noch keine gesehen hatten. Die vorangegangenen Flußüberquerungen waren einfach gewesen, kleine Furten oder Brücken waren vorhanden. Hier nicht ! Rutschige Steine zwar, aber an Springen von Stein zu Stein war nicht zu denken. Ich machte den Anfang und rutschte sofort ab. Ich stand im Fluss und hatte Panik wegen der Krokodile, gleichzeitig Angst um meine Kamera. Also warf ich Rudi meinen Rucksack mit der Kamera zu und watete durch, so schnell ich konnte. Aber auch direkt am anderen Ufer im Schilf fühlte ich mich nicht sonderlich wohl, ich mag einfach keine Krokodile ! Die haben so häßliche Zähne ! Auch Rudi bekam Probleme, also war wieder Zuwerfen der Kamera-Taschen angesagt. Verständlich, daß Rudi damit Sorge hatte, denn seine niegelnagelneue, digitale Spiegelreflexkamera war irre teuer gewesen. Aber es blieb keine Wahl: Entweder sich darauf verlassen, daß ich fangen konnte oder riskieren, das gute Stück im Fluss zu versenken. Aber n a t ü r l i c h konnte ich fangen ! Heilfroh, uns und die Technik ohne Angriffe von Krokos gerettet zu haben, kehrten wir zur Lodge zurück und hielten Siesta.
Zzzz...Ich wachte auf von meinem Mittagsschläfchen und erfuhr, daß Sharon und Martin noch unterwegs waren. Ich wollte mir die Beine vertreten und machte mich auf der pad auf einen kleinen Spaziergang. Kamera hatte ich nicht dabei. Plötzlich sah ich eine Schlange direkt vor mir aus dem hohen Gras kommen. Ich blieb stocksteif stehen, denn ich hatte natürlich keinen blassen Schimmer, um was für eine Schlange es sich handelte. Sie war relativ groß, ca. 1 m lang und hatte wohl einen Durchmesser von ca. 5 cm, war dunkelbraun ohne Zeichnung. Das eínzige, was ich sicher wusste (und das war ja schon extrem beruhigend): Eine Puffotter war es nicht ! Sie schlängelte dann auch einfach über den Weg und verzog sich ins Gras auf der anderen Seite. Kein Grund, sich nun wie Indiana Jones vorzukommen, wobei ich natürlich an dieser Stelle gern berichtet hätte, einen Kampf auf Tod oder Leben mit einer Mörderschlange ausgefochten zu haben...Neee, war nicht, das Vieh war harmlos und ich ekele mich noch nicht mal vor Schlangen. Es war zu ereignislos, deswegen ging ich zurück zur Lodge. Kurz darauf trafen Martin und Sharon ein. Sharon hatte ich anläßlich unserer Proviantbesprechung in Mbabane ja schon kennengelernt, Martin dagegen nicht. Nett waren sie beide, und so lustig ! Kurz nach Einbruch der Dunkelheit, fingen die Männer an, mit dem Feuer zu spielen, d.h. sie schichteten das eigentlich schon fertig gestapelte Feuerholz um und entzündeten es. Sharon und ich tranken Rotwein, die Herren hielten sich an Bier.
Ich wusste diesen Moment durchaus zu würdigen: Ich, als einzige gebürtige Deutsche, die wir ja absolut keine Ahnung haben von der südafrikanischen Braai-Etikette, unter 3 Südafrikanern ! Ich hatte sowieso verloren, keine Ahnung von der südafrikanischen Kultur-Institution "Braai" und hielt vorsichtshalber lieber die Klappe. Wir tun ja so stillose Dinge, wie Grillen im Park und benutzen dazu so unmögliche Utensilien wie Wegwerf-Grills, oder grillen zuhause im Garten mit indiskutablen Gas- oder Elektrogrills. Oder wir fahren an den Strand (so vorhanden) und bauen verrostete Blechgrills auf, um darauf so unaussprechliche Dinge, wie "Bratwürste", die abgepackt im Supermarkt gekauft worden sind, zu rösten. All das ist eine Todsünde in Südafrika, braai - d i e südafrikanische Institution - ist etwas völlig anderes !
1.) Erst das Feuer ! Irgendwelche industriell hergestellten Grills sind tabu. Eine mit Steinen befestigte Feuerstelle, die groß genug für ganze Baumstämme ist, muß es sein. Als Anzündhilfe sind Grillanzünder hingegen durchaus erlaubt.
2.) Getränke: Man trinkt Bier oder Rotwein, steht in angemessenem Abstand um das Feuer herum und betrachtet es andächtig.
3.) Aktionismus: Das Feuer brennt perfekt, aber - ohne das Getränk wegzustellen - tritt man nach herausragendenden Ästen und staucht das Feuer zusammen.
4.) Man unterhält sich eine Weile und diskutiert z.B. die Qualität und Provenienz der Boere-wors und des Fleisches.
5.) Man beschließt, daß es nun Zeit ist, Fleisch und Boere-wors aufzulegen, was selbstverständlich eine heilige Handlung ist.
6.) Weibliche Wesen sind geeignet, das Fleisch dem Kühlschrank zu entnehmen, alles weitere ist Männersache.
7.) Weibliche Wesen sind nunmehr für Lappalien, wie Grünzeug, Salate, Brot, Besteck und Geschirr zuständig. Tischdecken entfällt, denn der Tisch ist der eigene Schoß. Ist ja klar, das Feuer darf nicht verlassen werden. Um Getränke kümmert sich geschlechtsbedingt die eigene Spezies jeweils getrennt: Bier regeln die Herren, um Wein kümmern sich die Damen.
8.) Während das Fleisch auf dem Feuer brutzelt, wird gelacht, getrunken und erzählt. Das ist identisch zu dem entsprechenden Vorgang in Europa. Unterschiedlich ist, daß die Herren in Südafrika ständig aufspringen, um auf das Feuer einzutreten. (Was in Europa nicht möglich ist, denn unser Feuer findet meist in einer klar umrissenen Form statt - Eintreten auf den Blechgrill ist z.B. meist kontraproduktiv.)
9.) Das Fleisch ist gar ! Und die Freude groß ! Hier ähneln sich die Verfahren Europa-Südafrika. Es wird gegessen, was ebenfalls analog abläuft.
10.) Im Gegensatz zu europäischen Verhältnissen ist kein Mensch dazu verdonnert, den Abwasch zu tun. Das macht irgendwer morgen (im Zweifelsfall der schwarze Angestellte).
11. ) Das Feuer wird jetzt - nachdem das Grillrost weg ist - richtig angefeuert ! Es ist trocken überall, aber sowas wie Waldbrandgefahr wird ignoriert. Jetzt werden richtige Baumstämme ins Feuer geschmissen und die weißen Südafrikaner machen einen Tanz um´s Feuer. Bier in der Hand, freuen sie sich sehr. Es brennt so schön ! Sorry, ich konnte mir diesen Kommentar einfach nicht verkneifen...
12. ) Auch in Südafrika wird man müde nach einer Weile, läßt das heilige Feuer tun, was es will, trägt vielleicht noch ein paar Teller in die Küche und legt sich ansonsten schlafen.
Zzzz.
Aufbruch: | 16.06.2007 |
Dauer: | 16 Tage |
Heimkehr: | 01.07.2007 |
Swasiland