Languedoc-Roussillon - architektonische Schätze
Canal du Midi
Bereits zur Römerzeit träumte man von einer Wasserstraße als Verbindungsweg zwischen Mittelmeer und Atlantik. Aber alle Projekte scheiterten an der Frage, wie man eine solche Wasserstraße dauerhaft mit Wasser versorgen konnte.
Die eigentlich recht einfache Lösung findet Pierre-Paul Riquet (1604-1680). Er war königlicher Steuerbeamter und von seiner Idee überzeugt: Wenn man das Wasser, das durch den dauernden Abfluss an den Schleusen des Kanals von einem Speicherbecken aus dem nahegelegenen Montagne Noire aus nachfüllen könnte, müßte der Plan zu verwirklichen sein.
1662 gelingt es ihm, 'höhere Stellen' zu überzeugen, da man dort wohl sowohl den strategischen wie wirtschaftlichen Nutzen eines Kanals erkannte.
In mehreren Etappen - die erste zwischen Touluse und Trèbes, die zweite zwischen Trèbes und dem Etang de Thau, die dritte der Hafen von Sête - wird Kanalbau 1666 begonnen. Er sollte 14 Jahre dauern.
Ein paar Fakten:
Tiefe mindestens 1,40 m - Breite bis zu 24 m
12000 Arbeiter
240 km Kanalbett mit 63 Schleusen und 50 Brücken und einem Tunnel
mehr als 45000 Platanen
Tragisch war, dass der gesundheitlich angeschlagene und letztlich auch finanziell ruinierte Riquet die Vollendung des Canal du Midi, der am 24. Mai 1681 eingeweiht wurde, nicht mehr erlebte, da er zur Verwirklichung seines Lebenstraumes nach Versiegen der öffentlichen Mittel sein persönliches Vermögen und mehr eingesetzt hatte. .
Eine Reise von Toulouse nach Sête dauerte nur noch 4 Tage!
Außerdem war der Komfort der Kanalschiffe ein weiterer Vorteil gegenüber einer Postkutschenfahrt. Neben dem Personenverkehr wurden auch nahezu alle Wirtschaftgüter auf dem Wasserweg transportiert, so dass der Kanal den erwarteten wirtschaftlichen Aufschwung brachte.
Natürlich dauerte diese Hausse nur bis zum Bau einer Eisenbahnlinie zwischen Toulouse und Sête Ende des 19. Jh..
Heutzutage wird der Canal du Midi, der 1996 in das Weltkulturerbe aufgenommen wurde, noch gerne von zahlreichen Hausbooten genutzt. Die zahlreichen Bootsverleih-Stationen zeugen davon. Leider sind die Boote inzwischen kaum noch zu bezahlen. Man tauscht eine Luxusunterkunft mit einer Art Camping-Urlaub. Trotzdem drängeln sich die Boote bislang an den Schleusen. Siehe unten bei den Écluse de Fonserane.
Zu den Hausbootferien auf dem Canal du Midi fand ich einen recht netten Bericht im Internet.
Sogar einen Videoclip kann man finden, da die UNESCO den Kanal zum Weltkulturerbe erklärt hat.
An einem noch recht sonnigen Tag haben wir den Westteil des Canals 'unter die Lupe' genommen; den östlichen Teil konnten wir leider nur an einem Tag mit Nieselregen besichtigen:
Castelnaudary - großer künstlicher See (Grand Bassin) mit zahlreichen Liegeplätzen für die Hausboote - umgeben von mehreren Schleusen
Das Provinzstädtchen Castelnaudary (12000 Einw.) liegt nordwestlich von Carcassonne in der fruchtbare Ebene des Laugarais. Hier liegt die Wiege der Katharerbewegung in Südfrankreich.
Das Grand Bassin dient der Versorgung der vier Schleusen von St-Roch.
Leider ist nicht Montag! Denn an diesem Tag findet der traditionelle Montagsmarkt statt und soll das sonst ruhige Städtchen zum Leben erwecken. Dann sollte man wohl auch 'am Ort' das Cassoulet de Castelnaudary probieren. Das angeblich beste Rezept für diesen gehaltvollen Eintopf aus weißen Bohnen, Speckschwarte, viel Knoblauch, mit Würsten, Enten- oder Gänseconfit sowie Schweinefleisch, der während der Belagerung der Stadt im Hundertjährigen Krieg als Kraftspeise aus den letzten Vorräten zusammengemischt worden sein soll, soll nämlich aus Castelnaudary stammen. Wir probieren es einige Tage später - auch am Canal du Midi - in einem kleinen Restaurant der Logis de France.
Wir machen daher einen kleinen Rundgang und bewundern Brücken, Schleusen und genießen die Atmosphäre am Kanal.
Nächste Station ist der Obelisk zu Ehren des Erbauers, der an der natürlichen Wasserscheide, also dem höchsten Punkt des Canal du Midi zwischen Atlantik und Mittelmeer, zwischen 1825 und 1827 erbaut wurde. Er liegt wenige Kilometer westlich von Castelnaudary in Narouze.
Wenige Kilometer östlich von Castelnaudary kann man sozusagen von außen die Raststätte der Autobahn Narbonne-Toulouse betreten. Man parkt ausserhalb, da man ja nicht auf die mautpflichtige Autobahn soll, und betritt das Areal zu Fuß, um Restaurants, die Verkaufsstelle regionaler Produkte, die Touristinfo und - für uns der Anlaufpunkt - die Ausstellung zum Canal du Midi zu besuchen.
Weiter östlich liegt ein alter Hafen des Canal du Midi - Port Lauragais - direkt an der Autobahn Narbonne-Toulouse. Dort wurde eine Ausstellung am Autobahnrastplatz eröffnet, in der mit alten Plänen und Fotos eine ausgezeichnete Dokumentation präsentiert wird.
Die Unterstadt von Carcassonne wurde im 13. Jahrhundert gegründet. Am östlichen Stadtrand verläuft der Canal im Aude-Tal fast parallel zum Fluß. Der alte Hafen wird heute noch von Touristenbooten genutzt.
Etwas ausserhalb der Unterstadt finden wir die dreibogige Brücke über den Fresquel aus dem 19.Jh., deren Besonderheit darin besteht, die Straße und den Kanal über den Fluß zu führen.
Wir folgen dem Kanal weiter in östliche Richtung. Erkennbar ist der Verlauf, auch wenn die Straße nicht ganz parallel zum Canal verläuft, an dem Platanensaum des Kanals.
Das auf drei Bögen ruhende Aquädukt über den Fluß Orbiel wurde 1688 nach Plänen Vaubans erbaut. Die etwas weiter entfernt gelegene, dreifach Schleuse von Trèbes wurde zum Teil in den Fels gebaut. Am Beckenrand steht eine Mühle, die um 1700 gebaut wurde und heute ein - angeblich gutes - Restaurant beherbergt. Aber um die Mittagszeit ist bereits alles besetzt.
Auch das 1693 gebaute Überlaufbecken des Flusses Argentdouble gehört zu den von Vauban angeordneten Bauwerken. Ein flaches Reservoir mit 50 m Seitenlänge dient dazu, die überflüssigen Wassermassen des Kanals abzuführen
Das Repudre-Aquädukt war die erste Brücke in Frankreich, die einen Kanal über einen Fluß führte, und die zweite in der Welt. 1676 von Riquet erbaut ist sie das älteste Aquädukt des Kanals.
Le Somail ist die nächste Station auf unserer Canal-Tour.
"Das Wahrzeichen dieses verschlafenen Irgendwo im Nirgendwo bei Kanalkilometer 166 ist eine römische Bogenbrücke. Backbord, also links, liegt ein holländischer Kanalfrachter Baujahr 1928 und versorgt uns Freizeitkapitäne mit Ess- und Trinkbarem. Nur einen Steinwurf weiter hatte einst der Zufall den Pariser Buchhändler Raymond Gourgues an Land gespült. Sein Lebenswerk von weit mehr als 50 000 gesammelten Büchern wurde fein säuberlich in einer Scheune archiviert. Wir gehen stöbern - und staunen. Über zerfledderte Kitschromane, jedoch auch über den "Kleinen Prinz", Ausgabe 1950, und über Voltaires "Lettres Chinoises", Jahrgang 1776. Da gäbe es viel zu kaufen, was daheim im Bücherregal Eindruck schinden könnte." (Auszug aus dem Bericht von Gerhard Penzl - Url s.o)
Die Robine wurde 1686 begradigt, um so eine Verbindung von Narbonne mit dem Kanal zu schaffen. 1776 wurde dann beschlossen, den Verbindungskanal weiterzuführen und so einen Zugang zum Etang de bages et de Sigean zu verwirklichen. Damit war dann in Port-La-Nouvelle auch der Zugang zum Mittelmeer gegeben. Näheres zu Narbonne in den Städtebeschreibungen.
Unsere Fahrt geht jedoch weiter Richtung Osten bis nach Beziers, wo wir die neunteilige Schleusereihe von Fonserane anschauen. Dort ist die Hölle los: In östlicher Richtung, d.h. Richtung Etang de Thau warten mehr als 20 Boote auf den Weg 'nach unten'. In jede der ovalen Schleusen passen mit Mühe 4 Boote.
Wie im obigen Plan zu sehen ist, gab es auch einmal eine Alternative, die jedoch wegen technischer Probleme nie voll ausgenutzt werden konnte: Auf einer schiefen Ebene sollte eine 'Badewanne' mit Booten gefüllt, herabgelassen oder hochgezogen werden, um in einem Arbeitsgang alle neun Schleusen zu umgehen.
Nur der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass wir auch unseren Gourmet-Tick nicht vergessen haben und daher am Etang de Thau eine Austernzuchtstation besucht haben.
Aufbruch: | 23.09.2007 |
Dauer: | 15 Tage |
Heimkehr: | 07.10.2007 |