Indiens Norden

Reisezeit: November / Dezember 2007  |  von Constanze Klug

2.12. Von Bikaner nach Jaisalmer: 3.12. Jaisalmer

Jaisalmer ist grossartig. Wie die Filmkulisse von "Palast der Winde". Nun ja, bis auf die vielen Touristenshops und Internetafes, die sich aber ganz guts ins Stadtbild einfuegen. Wir treiben uns den ganzen Tag im Fort herum, das ist die urspruengliche Stadt auf einem Huegel. Komplett in goldfarbenen Sandstein gehauen.

Heute Abend habe ich eine Verabredung mit einem Silberschmied, der mir einen Ring etwas weiter machen soll. Er stellt ganz fein ziselierten Silberschmuck her, solchen habe ich in Indien noch nie gesehen. Aber leider passen seine Ringe alle nicht ... Mal sehen, was er mir spaeter anbietet ...

Wir streichen weiter durchs Fort, das viel kleiner ist als man denkt. Nur wegen der 1000 verwinkelten Gaesschen kommt es einem vor, als ist man ewig unterwegs. Eigentlich muesste irgendwo eine Art Sindbad, eine Maharaja-Tochter auf der Flucht, wenigstens ein Turban-Prinz auf weissem Schimmel vorbeikommen! Statt dessen treffen wir auf Mrs Shontis, die vor ihrem Beauty-Salon sitzt. Sie macht "Facials, Bodi masaaas, Henna Tatoos" und vertreibt zudem Kissenbezuege aus einem Wohltaetigkeitsprojekt. Blindenhilfe vermutlich, wie die Bezuege aussehen ... Ausserdem im Angebot: Palm Reading! Und ihr Konterfei befindet sich in einem hoch offiziellen "Government book", ein Heft komplett auf Hindhi, das vermutlich besonders geschaeftstuechtige Frauen ehrt. Denn wie koennte es anders sein: Sie schafft es, uns in ihren Laden zu bugsieren. Dann fuehrt sie noch ein Handy-Telefonat, nimmt konzentriert einen Schluck aus der Wasserflasche und es geht los. Fuer den Preis einer Hoteluebernachtung weiss ich nun: Ich werde steinalt und bleibe bei bester Gesundheit. Zur besseren Entscheidungsfindung sollte ich am besten Regenbogen-Farben tragen. Ausserdem werde ich innerhalb der naechsten 4 Jahre mit zwei Kindern in einem Haus am Wasser leben. Und (dabei biegt sie meinen linken Zeigefinger um (aua): "You drink?" (strenger Blick). "Och ab und an, ... hm little bit ..." Gut so, denn wenn ich viel trinken wuerde, waere das schlecht! Ich mag die Dame!

Auf dem Hoteldach gibt es Sonnenuntergang zum Abendessen. Untermalt von den Klaengen von "Karma Collection Vol. I", die tatsaechlich viel besser ist als der Name vermuten laesst. Doris kauft eine Kopie.

Kurz vor acht schlagen wir im Juweliergeschaeft auf. Nicht ohne zuvor schon einmal den Weg gecheckt zu haben, damit wir uns spaeter nicht verlaufen, oder - noch schlimmer - nach dem Weg fragen muessen, um dann von provisionshungrigen Schleppern geleitet zu werden. Hari Om Jewellers ist in der Naehe des Hotels Simla, ganz oben an der Fortmauer. Wir bahnen uns den Weg durch drei Kuehe nebst Kuhdung , eine steile Steintreppe hinauf. Oben eine offene rosa Tuer. Dahinter ein Mini-Raum, raucherstabgeschwaengert. Hinter einen Mini-Theke hockt im Schneidersitz ein weiss gekleideter junger Mann, der dem von heute morgen entfernt aehnlich sieht. Er ist ueber ein Buch gebeugt und ignoriert die spaete Kundschaft voellig. Dann schaut er laechelnd auf und nickt zu den dunkelroten schweren Sesseln. Wir nehmen Platz und warten. Nach einer Weile: Er kuemmere sich gleich um uns, wenn er mit der Arbeit (Mantras) fertig sei. No Problem! Was fuer ein entspannter Mensch. Schliesslich schildere ich mein Anliegen. Der Bruder haette mich hierher bestellt, um einen weiter gemachten Ring abzuholen (Ich denke: Was fuer eine Schnapsidee). Aber mitnichten. Der Bruder wird herbeitelefoniert (er ist eh schon unterwegs). Er hat den Ring dabei und auch den, der als Groessenmuster gedient hat. Passt perfekt. Wie das mit dem ueblichen Discount sei, will ich wissen. Gibt's nicht. Alles Handarbeit und absolut ihr Geld wert. Touristen bestellen aus aller Welt Silberschmuck, den der Bruder (noch einer!) gefertigt hat. Schon der Vater steht im Guiness-Buch, weil er soundsoviele Ziffern auf ein Reiskorn schreiben konnte. Gute Arbeit verdient einen guten Preis. Der Mann (namens Raja) hat Prinzipien. Ich kaufe. Raja plaudert noch ziemlich lange mit uns. Das macht er mit jedem und jeder bekommt Tee bei ihm. Ob man sich fuer seinen Schmuck interessiert oder gar etwas kauft, ist ihm komplett gleichgueltig. Leute, besucht diesen grandiosen Laden!

Wir hatten den Tee allerdings abegelehnt, es sei uns zu spaet, wir koennten sonst nicht schlafen. Komplettes Unverstaendnis auf der indischen Seite. Beim Verabschieden erwaehnen wir, dass wir auf dem Weg ins Hotel noch irgendwo einen Saft trinken wollen. "It's juice! Why you did not tell!" Raja gibt seinem Bruder 100 Rupien. Er soll uns Saft spendieren. Er selbst muss noch arbeiten, evtl. kommt er spaeter nach. In Indien geschehen wundersame Dinge. Der Bruder findet eine offene Saftbar, gibt Ananas-Saft aus. Raja kommt nach (wie hat er uns gefunden, Fluesterpost?), spendiert noch einen. Was fuer freundliche Leute. Heute mag ich Indien besonders gern!

© Constanze Klug, 2007
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Drei Wochen lang Delhi, Rishikesh, Rajasthan. Oder so aehnlich
Details:
Aufbruch: 24.11.2007
Dauer: 3 Wochen
Heimkehr: 15.12.2007
Reiseziele: Indien
Der Autor
 
Constanze Klug berichtet seit 16 Jahren auf umdiewelt.