Zürich-Chisinau-Zürich

Reisezeit: Juli 2008  |  von Roland E.

Durch Serbien

Es ist 6 Uhr morgens, als ich aus im Bahnhof Belgrad verschlafen den Zug verlasse. Ich bin immer noch völlig überrascht. So hatte ich mir Serbien nicht vorgestellt. Der Bahnhof ist gut organisiert, obwohl hier kaum mehr Züge fahren. Der freundliche Geldwechsel erfüllt alle meine mühsamen Sonderwünsche. Alle sind ausgesprochen freundlich. Ich kaufe ein Ticket nach Sofia, was mich keine 20 Euro kostet. Dann gehe mich waschen. Die Toilette ist etwas heruntergekommen, aber sauber. Ich kaufe ein paar Utensilien für die Reise an den wenigen Kiosken. Ausserhalb des Bahnhofes wirkt diese Stadt wenig einladend. Es scheint keine schöne Stadt zu sein, aber sie wirkt sehr speziell. Sie hat etwas angenehmes, urchiges. Zumindest soweit ich das beurteilen kann.

Der Bahnhof von Belgrad scheint sich seit den legendären Orient-Express-Zügen nicht verändert zu haben. Das Bahnhofsgebäude ist wunderschön und alt, die Perrons und Gleise heruntergekommen, von den Eisenbahnwagen gar nicht zu sprechen. Wie romantisch muss dieser Bahnhof vor rund 100 Jahren gewesen sein! Ich frage mich, ob hier seit dieser Zeit überhaupt seither geändert wurde.

Bahnhof Belgrad

Bahnhof Belgrad

Bahnfahren tut offenbar in Serbien niemand mehr. Der Zug nach Istanbul besteht aus drei Wagen. Zwei serbischen Wagen, die ihre beste Zeit - falls sie mal eine hatten - längst hinter sich haben und ein verlotteter, wenig einladend wirkender Schlafwagen der türkischen Eisenbahnen. Der türkische Schlafwagenschaffner wirbt offensiv für seinen Wagen. Für 10 Euro bietet er ein Bett ein. Ich will von ihm aber nur wissen, ob alle Wagen nach Sofia durchfahren oder nur der Türkische. Er sagt nur immer "kein Problem, 10 Euro". Ich setze ich mich in einen serbischen Wagen und bin begeistert. Endlich kann ich ein Fenster öffnen und den Kopf raushalten. Das ist für mich Eisenbahn!

Pünktlich rollen die drei Wagen los und durchqueren eine menschenleere Gegend. Lediglich kleine Dörfer säumen den Weg. Die Häuser wirken gut gebaut, von Verfall ist nichts zu sehen. Der Zug rollt, hält nie lange, schafft es aber bis Nis drei Stunden Verspätung einzufahren. So wird der geplante einstündige Aufenthalt in Nis auf 5 Minuten verkürzt und schon geht es weiter mit einer Diesellok, welche die Elektrolok ersetzte, durch die vielleicht schönste Gegend meiner Reise. Mitten durch steile Felswände braust der Zug, hupend kurvt er sich durch die Berge Richtung Bulgarien.

Richtung bulgarische Grenze

Richtung bulgarische Grenze

An der Grenze ist dann aber erstmals Schluss. Im trostlos wirkenden Dimitrovgrad fehlt die bulgarische Lok. Und da stehen wir. Ich steige aus und schaue micht etwas um. An der Strasse hat es einen Kiosk und so kaufe ich einen geschmacklosen Hamburger, Bier, Cola, Wasser etc. und brauche dafür fast kein Geld. Auch hier sind die Leute ausgesprochen freundlich, auch wenn wir uns nicht verstehen. Danach ist Zeit genug, meine Mitreisenden näher kennenzulernen. Diese Eisenbahnverbindung scheint sowieso nur für Backpacker in Betrieb gehalten zu werden, denn einen Serben sehe ich nicht. Da ist das holländische Päärchen, das etwas den Reisekoller zu haben scheint. Ein lustiger Nordire, der seit Belgrad auf Biersuche ist, eine türkische Grossfamilie, die in London lebt und mit dem Auto in ihre Heimat wollte. Das Auto lag aber ab und nun sitzen sie im Zug. Dann ein junger Amerikaner, der vorallem dadurch auffiel, dass er alles konnte (zumindest nach eigener Aussage). Der Kroate fing mit allen serbischen Beamten Streit an, ob Zöllner oder Bähnler, sei es nun wegen dem Krieg oder der grundsätzlichen "Trötzelei" gegenüber Autoritäten. Gegenüber von mir sitzt ein Slowene, der aber leider nur slawische Sprachen konnte.

Irgendwann kam der Zoll, ein untrübliches Zeichen, dass es bald weitergeht. Die Serben sind hier wesentlich aggressiver als an der kroatischen Grenze. Mit Hunden marschierten sie durch den Zug - und mit dem motsenden Kroaten im Schlepptau.

Ich weiss nicht nach wievielen Stunden es weiterging. 3-4 Stunden dürften der Aufenthalt schon gedauert haben. Und kaum fahren wir los, hält der Zug auch schon wieder. Jetzt kommt der bulgarische Zoll und zwar gleich mit Laptop. Mit etwa 4 Stunden Verspätung erreiche ich Sofia.

© Roland E., 2009
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Eine Zugsreise nach Moldawien und zurück.
Details:
Aufbruch: Juli 2008
Dauer: unbekannt
Heimkehr: Juli 2008
Reiseziele: Serbien
Bulgarien
Rumänien
Moldau
Ukraine
Polen
Der Autor
 
Roland E. berichtet seit 18 Jahren auf umdiewelt.