Solo durch Jamaika

Reisezeit: Oktober / November 2007  |  von Stefan O.

Deutsch-jamaikanische Freundschaft

13. November 2007

Ich werde von Geräuschen geweckt. Nein, diesmal ist es nicht der Regen, zu meinem Erstaunen kann ich heute nämlich einen seltenen Himmelskörper beobachten: die Sonne. Nein, die Geräusche stammen aus dem Haus. Scheint so, als würden heute neue Gäste kommen. Wie gut, dass ich gestern noch aufgeräumt habe.

Ich mache mir Frühstück in der Küche und weiß vor Schreck gar nichts mit diesem herrlichen Tag anzufangen. Erst mal laufe ich in die City, dann die West Street hoch und will die Bars und Restaurants aus dem Lonely Planet checken. Einige davon finde ich sogar und im Großen und Ganzen muss ich sagen, dass dieser Reiseführer hier echt Gold wert ist. Ich esse irgendwo Mittag und gehe dann wieder kurz ins Gästehaus.

Dort ziehe ich mir die Badehose drunter und mache mich auf den Weg zum Fisherman's Beach. Mal schauen, was der Tag noch so bringt. Wenn mir danach ist, kann ich ja auch mal zum Folly Point Lighthouse hoch. Diesen historischen Leuchtturm aus dem Jahre 1888 kann man von Port Antonio aus deutlich sehen.

Auf dem Weg treffe ich auf Patrick, er spricht ein paar Brocken Deutsch. Die hat er bestimmt von den paar Touristen hier aufgeschnappt, denke ich mir. Nein hat er nicht, versichert er mir. Seine Schwester sei mit einem Deutschen verheiratet und lebe seit 17 Jahren in Berlin. Vor fast zehn Jahren hätte er mal das Glück gehabt, sie für drei Monate besuchen zu können.

Irgendwie ist er cool drauf und ich merke sofort, dass er nicht einer dieser selbst ernannten Guides ist, die einem ja nur die Stadt zeigen wollen und hinterher die Hand aufhalten. Er sagt, er hätte gegenüber einen kleinen Shop und ich solle auf meinem Rückweg doch mal auf 'n Bier vorbei schauen.

Gesagt, getan. Wir trinken Bier, rauchen was und quatschen den ganzen Abend. Über das Leben hier. Über Berlin (immerhin bin ich dort aufgewachsen) und über das Leben in Deutschland, über Jah und die Welt.

Sein Shop wirft nicht viel ab. Zu allem Überfluss haben sie ihm vor vier Monaten einen Supermarkt vor die Nase gebaut, dort gibt zum Beispiel ein kühles Red Stripe für 60 J$, bei ihm kostet es 100 J$ und ist auch noch warm, da er keinen Kühlschrank hat. Ein paar Kröten verdient er sich mit dem Verkauf von Ganja, aber auch davon kann er grade eben so die Miete bezahlen.

Was ich denn noch so plane auf meiner weiteren Reise, will er wissen. Eigentlich nichts konkretes, denke darüber nach, noch in die Blue Mountains zu fahren, bevor ich wieder nach Kingston zurück gehe. Er kenne in den Mountains einen sehr netten Rasta, der auch ein kleines Gästehaus da oben hat, erzählt er mir. Wenn ich Lust hätte, würde er mit mir da morgen mal rauf fahren. Natürlich müsste ich die Fahrt- und Versorgungskosten übernehmen, aber das ist sowieso klar. Dafür würde er dann auch kochen, er sei ein ausgezeichneter Koch, versichert er mir. Seinen Shop könne er mal für ein, zwei Tage schließen, der wirft sowieso nix ab. Ich denke kurz nach. Hier gibt es eh nicht mehr viel zu sehen und ein paar Tage habe ich ja noch. Also verabrede ich mich mit Patrick für morgen neun Uhr.

Inzwischen ist es dunkel draußen. Denke über meinen Rückzug nach. Eigentlich will ich zu Fuß gehen, aber Patrick will für mich ein Route-Taxi anhalten. Dummerweise habe ich inzwischen nicht einmal mehr die 50 J$ dafür in der Tasche. Patrick will mir was leihen. Das ist mir ehrlich gesagt etwas unangenehm, aber er besteht darauf.

Ich fahre bis zur Polizeistation in Port Antonio im Route-Taxi mit und laufe dann von dort aus den Rest nach Hause.

© Stefan O., 2008
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Ein beruflicher Aufenthalt in Florida brachte mich auf die Idee, meinen diesjährigen Urlaub jenseits des Atlantiks zu verbringen, da ich mit den USA aber nicht viel anfangen kann, suchte ich mir ein Ziel, an dem ich mich mit Sicherheit wohl fühlen würde.
Details:
Aufbruch: 31.10.2007
Dauer: 3 Wochen
Heimkehr: 19.11.2007
Reiseziele: Jamaika
Der Autor
 
Stefan O. berichtet seit 15 Jahren auf umdiewelt.
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