Ein Segelsommer auf der Adria
7. Ende des Seeweges in Italien: Grado und Barbana
Erklärung für alle, die den vorigen Abschnitt (Wieder festen Boden unter der Matratze) gelesen haben: Nein, wir sind nicht dem (dunklen) Alkohol verfallen. Nein, wir verbringen unsere sonnigen Tage nicht auf dem Balkon. Und nein - wir sind trotz dem Ende der Segelei lange noch nicht am Ende unserer Adriareise angekommen. Italien hat uns und wir haben Italien! Und slowenische Ziele warten auch noch auf ihre Entdeckung durch uns.
Doch beginnen möchten wir mit dem naheliegenden: mit Grado, der Stadt, die nur durch einen schmalen Streifen mit dem Festland verbunden ist. Der Stadt zu Füßen liegen mehr als vier Kilometer lange und ausnehmend breite Sandstrände. Die Badenden gelangen über diese samtweichen goldbraunen Sandflächen sachte in die Adria. Hinter der Stadt wiederum breitet sich die Lagune mit den dalbenbegrenzten Wasserwegen und den Marinas aus. Ja, Grado ist fast wie eine Insel und nicht zu Unrecht wird sie hier die "Sonneninsel" genannt.
Früher war Grado nur ein kleiner Ort am Hafen, der Hafen die für die bedeutende Stadt Aquileia. Erst gegen Ende des neunzehnten Jahrhunderts erlebte das damals österreichische (1815-1914) Grado mit der Eröffnung des Ospizio Marino (1872) und der ersten Badeanstalt (1890) einen ungeahnten Aufschwung als Seebad der österreichischen Aristokratie.
So schwingen auch wir uns auf und gehen zum ersten Mal auf unserer langen Adriareise wie die alten Aristokraten an einem Sandstrand baden.
"Wir haben es uns verdient!" verkündet Claudia und hat mit diesem Spruch schon fast einen genialen Marketing-Spruch für das Reisegewerbe gelandet. Findet Ihr nicht auch?
Im Innern der Kirche finden wir an den Wänden unzählige Dankesbekundungen an die Jungfrau von Barbana. Meist geht es um Unglücke - auch auf See - die letztlich noch glimpflich abgegangen sind. Auch wir zünden hier eine Kerze an und bedanken uns für den guten Ausgang der Ankernacht während des Gewitters.
Und am Sonntag pilgern wir morgens nach Barbana. Barbana ist eine kleine Insel in der Lagune von Grado. Von Weitem schon ist sie in der Lagune von Grado an dem hohen Turm auszumachen. Wir fahren mit dem Linienschiff vom Canale della Schiussa (zwischen Grado und der Stadtinsel Isola della Schiusa) zu dieser Wallfahrtsinsel hinüber. Heute ist das weiße Schiff besonders voll mit Menschen: auf Babana findet eine Marien-Prozession statt. Nach kurzer Überfahrt haben wir die Insel der heiligen Jungfrau erreicht. Die Insel wird heute ungewohnter Weise noch voll von Pilgerern. Viele Menschen möchten an der Prozession auf Barbana teilnehmen, wo in der Wallfahrtskirche eine wertvolle Madonnenstatue steht, die von den Wellen angeschwemmt wurde. Seit über 700 Jahren feiern die Gradoeinwohner die Heilige Madonna, die sie dazumal von einer schrecklichen Epidemie gerettet hat.
An "normalen" Tagen wird die kleine Insel in der Lagune von vielen Menschen als Ort der Besinnlichkeit genutzt. Unter mächtigen Erlenbäumen stehen viele Bänke, auf denen dann Leute sitzen und sich die Ruhe der Insel einverleiben oder auch Leseratten, die mit einem Schmöker in der Hand auf einer Bank hocken und sich ungestört den schwarz-auf-weißen Geschichten hingeben.
Wir sind wieder zurück in Grado, wo wir uns die kleine, aber feine Altstadt ansehen. Nicht ohne uns in den gemütlichen Ristorantes und Pizzerien der Altstadt den unvermeidlichen Kaffee oder einen Capuccino servieren zu lassen.
"Ich habe mich in den letzten Tagen verliebt." eröffnet mir Claudia mit ihrer Kaffeetasse in der Hand.
Nun, umgehauen hat mich dieses Geständnis nicht, waren wir doch mehr als nur die letzten Tage fast ununterbrochen zusammen. Und ich passe ja schließlich auf.
"... verliebt in Grado" schiebt sie jetzt hinterher. Nicht ohne sich ein klein wenig Enttäuschung wegen meiner fehlenden Eifersucht anmerken zu lassen. Mein Lächeln sagt ihr dann allerdings, dass ich keinen Augenblick daran gezweifelt habe, dass sie Grado meint. Denn diese Liebe habe ich längst bemerkt. Auch an mir.
Der streng rechteckige Bau der Taufkirche (6. Jh.) erhebt sich nördlich des Domes, der am rechten Bildrand ebenfalls noch sichtbar ist.
Die Basilika S. Eufemia (579 n.Chr). Der Dom ist das wichtigste Bauwerk in der Geschichte Grados. Der Markuskult fand gerade hier seine ersten Bekundungen und wurde später von der Republik Venedig geerbt.
In den Gassen von Grado lebt ein archaisch venezianischer Dialekt weiter. Wir können das freilich nicht beurteilen und bestellen beim Kellner hoffentlich auf "hochitalienisch": "Una birra grande e uno cappuccino, per favore."
Aufbruch: | 01.05.2009 |
Dauer: | 5 Monate |
Heimkehr: | 30.09.2009 |
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