Ein Segelsommer auf der Adria
9. Italien - ein würdiger Reiseabschluß: Triest und Schloss Miramare
Die Antriebsmaschine des Motorschiffes brüllt fürchterlich. Doch dieses Getöse direkt am Heck des Schiffes muss ich aushalten, will ich die riesigen Schaumberge aus Salzwasser beobachten, die eben dieser laute Motor mit Hilfe der Schiffsschrauben hochwirbelt. Das Schiff beschleunigt auf eine Geschwindiglkeit "XXL-Knoten" (ich kanns nicht genau messen, jedenfals verdammt schnell) und strebt so angetrieben von Grado in Richtung Triest. Das Gebrüll der Aggregate wird mir zu laut und ich verdrücke mich in das Innere der Yacht an unseren Tisch.
Heute gönnen wir uns einen Ausflugstag in diese östlichste italienische Stadt mit Meerzugang.
Unübertrefflich ist der Anblick von Triest, als sich das Linienschiff der Kaimauer nähert. Es ist eine einmalige Promenadenreihe aus hellen schmuckvollen Repräsentationsbauten. Wiener Klassizismus würden Architekturauskenner jetzt sagen. Da ich kein solcher bin sage ich das also nicht und begnüge mich mit erstaunten Blicken auf diese prunkvollen, sogar majestätischen Anblicke. Die Fassaden strahlen mit der Sonne um die Wette. Die Stadt begrüßt uns mit ihrer eigenen Würde, was uns schon vor dem Anlegen tief beeindruckt.
"Genau so etwas gefällt mir. Genau so sieht das so einmalig, so erstklassig aus." schwärmt Claudia, ohne bisher auch nur eines der Gebäude aus der Nähe oder von innen betrachtet zu haben. "Das ist wieder so ganz anders, als unsere Reisen mit Cleo im kroatischen Inselreich. Gerade diese Abwechslung gefällt mir so!" setzt sie ihrem ersten Statement noch hinzu und gibt mir einen Kuss. Jaaa, den habe ich mir jetzt sicher verdient .
Mit den anderen Reisenden werden wir direkt am Kai vor der Piazza dell'Unità abgesetzt. Ein riesiger Platz, auf drei Seiten von prunkvollen Palazzos eingerahmt: rechts der Palazzo del Governo und der Palazzo Strati mit dem Café degli Specchi geradeaus schauen wir auf den Palazzo Municipale und rechts steht der Palazzo della Regione F.V.Giulia. An der vierten Seite rauscht erst die Strasse und dahinter rauscht die Adria, deren leichte Wellen an die Steinmauer klatschen.
Im Café di Specchia (befindet sich im Erdgeschoss der Casa Stratti)) erlauben wir uns einen nicht ganz billigen Capuccino. Rechts ist das Gebäude, in dem sich das Café befindet, geradeaus ist der Palazzo del Municipio.
Unser erster Weg führt uns in das oben erwähnte Café auf diesem Platz der Einheit. Wir möchten einen Kaffee in Wiener Kaffeehaustradition trinken. Was auch immer das bedeutet. Diese Tradition wird hier in Triest besonders gepflegt, also tun wir das Besondere. Das Café ist tatsächlich besonders. Besonders schön von innen, besonders leer sind die Tische innen, doch auch außen ist nicht viel los. Es ist ja erst elf Uhr. Besonders teuer ist auch der Capuccino, drei Euro fünfzig. Espresso ist geringfügig billiger, den trinken bevorzugt die Triester. Sie kommen herein, bestellen ihn an der Theke, empfangen das winzige Tässchen genau an der Stelle, wo sie eben Bestellung aufgaben, setzen das Puppenstübchen-Geschirrteil maximal zweimal zum Trinken an und verlassen sogleich wieder die Wiener Kaffeehaustradition. - Das könnte man in einem Stehimbiss sicher günstiger erledigen ...
Wir zwei bevorzugen den typisch deutschen Filterkaffee, den hier im Süden sowieso niemand kennt. Wahrscheinlich auch nicht kennen will, man hat hier wie auch anderswo auf der Welt seinen eigenen favorisierten Kaffeegeschmack. Unsere Alternativlösung ist die Bestellung eines Capuccino oder eines Coffee Americano. Das kommt unserem deutschen Gusto noch am Nächsten.
Möglicherweise hat hier, genau auf diesem Platz James Joyce gesessen, als er seinen Roman Ulysses begonnen hatte. Er lebte einige Jahre in Triest und die Eingebungen für seine weltberühmten Romane hat er sicherlich bei einigen Schlucken Kaffee bekommen. Da ich jetzt genau hier am dritten Tisch neben der Eingangstür sitze (von links gesehen natürlich), beschließe ich, dass es genau so gewesen sein muss und das sich James quasi mit mir diesen berühmten Platz teilt ...
Hier am Canal Grande (ja, den gibt's auch in Triest! - Oder ist der tatsächlich sooo lang ? ) haben sich eine ganze Menge Leute entschlossen, sich für immer zu binden. Zumindest die Schlösser halten ganz fest, ich habe persönlich dran gerüttelt!
Gut das wir jetzt Koffein intus haben, denn die folgenden Stunden werden wir durch die Stadt marschieren und hoffentlich keines der vielen Palazzos zu verpassen. Ein wenig Aufputsch kann nur von Nutzen sein.
Triest präsentiert sich als die Stadt der Paläste. Unglaublich, wie hier von sicherlich sehr hohen Herren Palast an Palast gereiht wurde. Wobei ich herausfinde, dass Palazzo di Municipale die Bezeichnung für Rathaus ist, Palazzo del Governo ist das Regierungsgebäude. Und dass der Palazzo die Giustizia das Gerichtsgebäude ist, fällt jetzt nicht mehr schwer zu erraten. Wer, wenn nicht Regierungen, sollte sich auch sonst so viele Paläste leisten können?
Doch irgendwann haben unsere Füße mitsamt uns diese Palazzostrecken auf dem Pflaster satt. In einem der typischen Triester Buffets kehren wir ein und essen uns richtig satt. Bei Da Mario genehmigen wir uns zum Essen auch eine kleine Karaffe Weißwein mit einer Flasche Wasser stehen dabei unseren erhitzten Körpern bei. So haben wir es auf vielen der Nachbartische gesehen und halten uns natürlich gerne an diese Gepflogenheiten .
Und schon müssen unsere Füße weiter: wir besteigen den Colle San Giusto. Claudia schimpft unterwegs mit mir. Zu steil sind die Treppen. Zu hart das Pflaster. Doch es nutzt nichts, wir besichtigen jetzt "gefälligst" (ja, wenn wir schon mal hier sind!) die Kathedrale San Giusto, die das wichtigste Monument der Stadt sein soll. Mir gefällt das nebenan stehende Kastell mit dem römischen Forum besser: davor liegen historische Steine und es stehen auch ein paar alte römische Säulen, die mich wie üblich bei geschlossenen Augen in eine andere Zeit versetzen können. Für Claudia sind es auch Steine.
Aber eben nur Steine. Sie findet die schönen kleinen rundgeschliffenen Steinchen am Meeresstrand viel schöner und interessanter... Trotzdem bin ich froh, dass sie sich mit mir zusammen hier auf diesen Hügel geschleppt hat, den wir nun auch wieder herabsteigen müssen!
Zur Belohnung setzen wir uns wieder einmal gemütlich in ein Café, während in der Viertelstunde, die wir dort sitzen, wiederum mehrere Italiener mit ihrem "Steh-Espresso" abgefertigt werden können.
Danach gehen wir wieder zurück an den Kai. Will man an den Rand des Meeres, ist es in Triest nicht so wichtig, wo genau man in der Stadt gerade ist. Denn die oft so blau schimmernde Adria ist nie viele Straßen entfernt.
Auf keinen Fall lassen wir uns das Schloss Miramare entgehen, welches wir allerdings an einem anderen Tag mit unserem PKW besuchen. Miramare unterbricht eine einzigartigen Strandpromenade, die sich durch die gesamte Stadt zieht und noch viele Kilometer weiter Richtung Westen schlängelt. Die Triester genießen diesen Strand gern und häufig. So kommt es, dass die Badesaison hier offiziell von der ersten Märzsonne bis Anfang November dauert und freie Parkplatze entlang dieses Strandes Mangelware sind.
Das Schloss selbst liegt auf einer umbrandeten Felsklippe. Heute schenkt uns das Schloss in der strahlenden Sommersonne einen leuchtenden Eindruck, die Pflanzen im wundervoll angelegten Garten bezaubern mit ihren Farben. Doch eine dunkle Geschichte liegt auf den Erbauern und Besitzern dieses Prachtbaus, die sich selbst nur für kurze Zeit an dem prachtvollen Verzierungen und stattlichen Säulen des Prunkbaus erfreuen konnten und den Bau nie vollständig fertiggestellt erlebten.
Es handelt sich um den österreichischen Erzherzog Maximilian, der auch der Schwager von Kaiserin Sissi war, und seine Gemahlin. Maximilian nahm 1864 die Kaiserkrone von Mexiko an. In der drei Jahre spätere Revolution kam Präsident Juárez wieder an die Macht. Maximilian wurde hingereichtet. Seine Frau, die belgische Prinzessin Charlotte wurde nach seiner standrechtlichen Erschießung geisteskrank.
Diese tragische Lebensgeschichte wird jeden Sommer im Park des Schlosses als Freiluftaufführung in Szene gesetzt.
Aufbruch: | 01.05.2009 |
Dauer: | 5 Monate |
Heimkehr: | 30.09.2009 |
Bosnien und Herzegowina
Montenegro
Italien
Slowenien