Norwegenreise für reife Erstlinge zum Kennenlernen
26.06.2007 Fährfahrt Gudvangen, Flam, 243 km
Heute ist unsere große Rundreise durch diese Region mit einigen touristischen Höhepunkten geplant. Von unserer Hütte haben wir den Fähranleger in Kaupanger im Blick und bereits eine Stunde vor Abfahrt sammeln sich die ersten Busse und Autos dort. Es heißt also Beeilung, um uns ebenfalls in die Schlange einzureihen. Das war unser Glück, sonst wären wir heute nicht auf die Fähre gekommen.
Entsprechend voll ist das Schiff und an Deck kaum ein Sitzplatz zu bekommen. Die Fahrt dauert bis Gudvangen etwas über 2 Stunden und führt aus der Amlabucht heraus ein Stück durch den Sognefjord, dann durch den Auerlandsfjord und letztlich durch den engen Naeröyfjord nach Gudvangen.
Eine landschaftlich beeindruckende Fahrt mit immer wieder faszinierenden Aussichten auf das wechselnde Zusammenspiel von Wasser und Bergen, die darüber thronenden schneebedeckten Gipfel und die zahlreichen sich sanft windenden, in Stufen springenden oder einfach herabstürzenden Wasserfälle. Im Naeröyfjord ist es fast bedrückend eng. Eine gerade gegen Mittag erst von der Sonne getroffene kleine Halbinsel mit einem Haus und zwei Zelten darauf macht bewusst, wie dunkel und kalt diese Schluchten im Winter sein müssen, wenn wahrscheinlich monatelang kein Sonnenstrahl bis hierunter kommt.
Die Passagiere halten sich fast alle ständig an Deck auf, fotografieren und füttern die begleitenden Möwen. Das ist Fjordnorwegen wie in den kitschigsten Vorstellungen. Zwischendurch ereilt mich mal der Gedanke, dass wir vor zwei Wochen bei Kiel in der Ostsee gebadet haben und vor einer Woche ebenfalls mit dem Schiff in den Geirangerfjord gefahren sind. Es kommt mir vor wie ewig lange her, da jeder Tag wieder eine Flut von Eindrücken und Bildern bringt. Diese Schiffsfahrten durch den Fjord verbinden die Intensität der Landschaftseindrücke gut mit einer besinnlichen Verarbeitung. Diese Mischung aus - etwas zu viel - Autofahrt, Schiffstour und etwas mehr wandern gefällt mir prinzipiell sehr gut und ist auch für die Seele sehr angenehm. In Gudvangen schauen wir uns etwas um, auch um die anderen Schiffspassagiere voraus fahren zu lassen. Das grasgedeckte Hotel, die Holzfiguren, ein kleines altes Boot und die Steine im glasklaren Wasser, rundherum die gewaltigen Berge - Genuß pur.
Dann geht's in Richtung Flam auf der RV 50 durch den Gudvangatunnel - mit 11,4 km der längste von uns durchfahrene Tunnel und ich habe mächtig mit meinen Ängsten zu kämpfen - glücklicherweise ist kaum Verkehr. Mit kurzem Licht- und Luftholen kommt noch der Flentjatunnel und danach sind wir in Flam. Parkplatzsuche ist kein Problem, auf dem Zug- und Schiffsanlegerterminal ist jedoch unerwartet viel Betrieb. Wir kaufen unsere Fahrkarten für die Myrdalfahrt hin und zurück, ich such noch eine Toilette. Und schon dürfen wir in den Zug. Ein Teil des viel geprießsenen "Norwegen in der Nussschale" erwartet uns. Erst steigt das Flamsdalen langsam an, dann geht es durch Tunnel und Windungen schnell und imposant hinauf. Nebenher geht ein Wander- und Radweg, der relativ gut frequentiert ist. Gleich nach einem Tunnelausgang hält der Zug, laut Durchsage sollen wir fünf Minuten aussteigen. Draußen bewundern wir auf einer extra dort errichteten Holzplattform den berühmten Kjossfossen.
Mit Folkloremusik und zwei über dem Wasser tanzenden Feen werden die Bahnfahrer dabei unterhalten. Erstmals finde ich in Norwegen etwas albern und bekomme es mit der sonst hier wahrgenommenen lebenspragmatischen, gelassenen und so gar nicht inszenierenden Mentalität nicht überein. Weiter geht's nach Myrdal und nach einem längeren Halt wieder zurück. Gleiches Schauspiel am Vossen. Teuer und so nur zu empfehlen, wenn man wirklich wenig Zeit hat. Ansonsten lieber eine Strecke laufen und unbedingt Norwegen abseits der Touristenströme genießen.
Zurück in Flam trinken wir noch einen Kaffee ehe es Richtung Aurland weiter geht. Hinter Aurland folgen wir nicht der Hauptstrasse durch den 2001 eröffneten 25 km langen Tunnel sondern fahren die knapp 50 km lange Schneestrasse über die Höhe nach Laerdal. Zunächst geht es in vielen engen Windungen hinauf. Lange fahren wir langsam hinter einem VW-Bus her, was sehr angenehm ist. Dieser hält dann jedoch, um uns vorbei zu lassen und dann bete ich wieder dass kein Auto, schon gar kein größeres entgegen kommt. Plötzlich oben ein Haltepunkt mit einem über den Fjord gebauten Holzausichtspunkt. Vorne als Begrenzung ist eine durchsichtige Plexiglasscheibe angebracht - nichts für Höhenängstliche - aber dadurch ein wunderbarer Ausblick auf den Fjord und Aurland mit interessanten Spiegelungen.
Die nächste Stunde Fahrt über die Schneestrasse wird eine der schönsten Erinnerungen an diese Norwegentour. Die Strasse führt jetzt sanfter in langen Serpentinen und Windungen hinauf, oft sind die Kurven weiter oben gut sichtbar. Wir überholen eine Truppe jugendlicher Radfahrer und fragen uns, wo diese heute noch hin wollen. Erst werden die Schneefelder auf den sichtbaren Felsen umfangreicher, dann kriechen sie bis an die Strasse heran und bald fahren wir auf der freigefrästen Schneestrasse. Wir sind begeistert, kommen aus dem Schwärmen und Fotografieren wieder nicht heraus, jede Kurve, jeder Höhenmeter bringt neue faszinierende Blicke.
Diese Fjellstrassen begeistern uns noch mehr als die Fjorde. Oben am Pass auf 1306 Höhenmetern direkt über dem Strassentunnel tief darunter, gibt es einen Steinhügel und ein paar Bänke. Wir halten zusammen mit mehreren Autos und Motorrädern und genießen eine Weile Luft und Landschaft auch wenn es empfindlich kalt ist.
Nach einigen Kilometern weiterer Fahrt über die Hochebene nehmen wir auf einem Stein unseren mitgebrachten Kaffee und genießen unser Glück hier sein zu dürfen. Bevor es wieder hinunter geht, taucht in der Ferne im Sonnenlicht der Jostedalsbreen auf. Wir denken an unseren Besuch bei eben diesen Gletschern gestern, die Fjordtäler einschließlich unserer Hütte dazwischen, genießen die Weite des Blickes und fühlen uns frei, beschenkt und demütig gegenüber dieser Natur zugleich.
Auf der besser ausgebauten Strasse nach Laerdal hinunter kommt uns ein Bus mit polnischem Kennzeichen entgegen. Will der etwa in Aurland runter fahren? Kommt er dort wohl um die Kurven? Ein kräftiger Wasserfall erfreut noch unsere fast kindlichen Gemüter bevor wir, an Laerdal vorbei und durch den Fodnestunnel, am Fähranleger ankommen. Diesmal müssen wir eine ganze Weile warten, ehe die Überfahrt möglich ist. Beim Anleger in Manheller verschwindet die Strasse gleich im Berg (Amlatunnel), um dann mit Blick zu unserer Hütte wieder heraus zu kommen. Genau diese Strasse beobachten wir sonst immer. Heute hatten wir einen langen Tag und sind erschöpft aber auch voller wunderbarer Eindrücke.
Aufbruch: | 13.06.2007 |
Dauer: | 3 Wochen |
Heimkehr: | 02.07.2007 |