Gruppenreise durch Guatemala

Reisezeit: Juli / August 2009  |  von Beatrice Feldbauer

Thermaljodel

Unter den Bäumen im Park von Copán ist es im Moment noch angenehm kühl. Antonio, unser einheimischer Führer macht uns auf eine junge Ceiba aufmerksam. Mit ihren spitzen Stacheln am ganzen Stamm schützt sie sich um nicht von Tieren angefressen zu werden. Weiter vorn erzählt René die Geschichte vom Kalebassenbaum. Einsjäger und Siebenjäger spielten vor dem Eingang zur Unterwelt mit einem Ball, was die Herren der Unterwelt so sehr störte, dass sie sie holen liessen und den beiden den Kopf abschlugen. Zur Strafe wurden die beiden Köpfe an den Kalebassenbaum gehängt. Die Tochter eines der Herren ging an dem Baum vorüber und einer der beiden Jäger spuckte ihr in die Hand. Das Mädchen wurde daraufhin schwanger und gebar die Zwillinge Iypalaque und Huepua, zwei Jungen. Als die beiden auszogen, stiegen sie auf an den Himmel und sind seither bekannt als Sonne und Mond.

Die Früchte des Kalebassenbaumes sind nicht essbar, aber aus ihnen wurde früher und heute Gefässe gemacht oder sie wurden als Musikinstrumente verwendet.

Der Kalebassenbaum

Der Kalebassenbaum

Über uns breiten Urwaldgiganten ihre Äste aus. Riesige Blätter spenden angenehmen Schatten. Unten im Laub raschelt es und Sepp entdeckt einen kurzohrigen Urwaldhasen. Beim Eingangstor zum Park schnattern bunte Aras von den höchsten Ästen. Sie werden hier gezüchtet. Bald stehen wir vor dem ersten Mayatempel. Es ist der Tempel der Inschriften. Eindrücklich sind die Schriftzeichen die in die Stufen der Pyramide eingemeisselt sind und vor allem ist eindrücklich sind die Erklärungen die die Rene uns dazu gibt. Er erklärt einzelne Glyphen und zeigt uns den Aufbau des Zahlensystems.

eine riesige Ceiba, Nationalbaum Guatemalas

eine riesige Ceiba, Nationalbaum Guatemalas

An einem Altar zeigt er uns alle 16 Herrscher von Copán. Einer der wichtigsten Herrscher ist 18 Kaninchen, der gegen den Herrscher von Quirigua in den Krieg zog, von diesem gefangen und umgebracht wurde. Dieses Ereignis war der Beginn des Untergangs von Copán als einem der machtvollsten Stadtstaaten der Mayas.

Wir besichtigen den Hauptplatz, setzen uns unterhalb des höchsten Eingangs, der anhand seiner eindrücklichen Eckzähne als riesiges Maul einer Schlange erkennbar ist. René erzählt, wie der Mayaherrscher vor 100'000 Zuschauern, in prachtvolle Gewänder gehüllt, geschmückt mit Federn und allen Insignien der Macht, begleitet von Rasseln und Muschelklängen hinauf bis zum höchsten Punkt der Pyramide stieg. Dort fügte er sich mit spitzen Stacheln Wunden in Hände, Beine oder Penis zu. Das Blut wurde eingesammelt, zusammen mit Harz angezündet und so stieg von der obersten Pyramide ein Rauch auf, aus dem der Herrscher in seinem Schmerzensrausch neue Erkenntnisse für die Führung seines Volkes bekam. So wie René den Anlass erzählt, könnte man meinen, er sei vor 600 Jahren in einem früheren Leben selber dabei gewesen.

Die Akropolis von Copán

Die Akropolis von Copán

Wer will, taucht jetzt hinunter in die Unterwelt, respektive in die Tunnels wo der überbaute frühere Tempel Rosalia zu besichtigen ist. Ich bevorzuge derweil einen ruhigen Schattenplatz, wo ich mit ein paar anderen Gruppenteilnehmern auf die Rückkehr der Tunnelforscher warte. Unter dem grossen Baldachin bewundern wir daraufhin die hohe Hieroglyphentreppe und spazieren über den Ballspielplatz wo die Maya rituelle Ballspiele durchführten. Es geht gegen Mittag und es wird heiss, Mit tiefen Eindrücken von einer längst untergegangenen Kultur kehren wir zum Hotel zurück.

Die Hieroglyphentreppe

Die Hieroglyphentreppe

Nach dem Mittagessen holt uns ein überdachter Pickup zu einem Ausflug ab. Es geht über holprige Piste weit ins Land. Hinter uns bleibt eine Staubwolke, die allerdings auch auf der Ladefläche ihre Spuren hinterlässt, jedenfalls fühle ich mich wie frisch gepudert. Wir haben das Gefühl, der Fahrer rase durch die Gegend. Manchmal sieht die Strasse eher wie ein Bachbett aus, trotzdem überholen uns gelegentlich Kamikatze-Motorradfahrer.

Nach einer guten Stunde erreichen wir unser Ziel, eine Thermalquelle im Wald. René steigt mit den übrigen Teilnehmern hinab in die Unterwelt ab. Hier im mystischen Dschungel steigen überall Dämpfe auf. Es gibt verschiedene Becken, in denen das Wasser gestaut wird. Kneippen im heissen und kalten Wasser, bis man den Unterschied zwischen den Temperaturen nicht mehr spürt, dazu mystische Märchen aus dem reichen Schatz der Maya. Trudy und ich steigen derweil ganz hinauf zur Quelle. Hier, ganz oben, hoch über der heissen Quelle, die mit 80 Grad aus der Erde kommt, wurde eine kleine Hütte gebaut. Hier empfängt uns eine sympatische junge Frau und lädt uns zu einer Massage ein.

Einladung zur Massage

Einladung zur Massage

Was für ein Gefühl. Hoch über der heissen Quelle, umgeben von Nebelschwaden und tropischen Pflanzen. Sich gehen lassen, ganz dem Augenblick verpflichtet.

Der ungewöhnlichste Massageplatz

Der ungewöhnlichste Massageplatz

Später gehen wir zurück in die Niederungen der Wasserbecken, lassen andere hinaufsteigen zum Olymp der Gefühle. Wir haben genug Zeit. Zeit zum geniessen, entspannen, schwatzen. Wir sind mitten in Frauengespräche vertieft, als gleich in der Nähe ein Juchzer ertönt. Männer können also durchwegs auch ihre Gefühle ausdrücken. Sepp ist in der Nähe, liegt ganz allein in einem der versteckten Becken und stimmt einen Jodel aus.

Langsam steigt die Dunkelheit hoch. Und der Hunger meldet sich. Wir glauben zu riechen, dass unten das Feuer entfacht wurde. Also packen wir unsere Sachen zusammen, solange wir noch etwas sehen und steigen hinab, zurück in die Gegenwart. Lassen Maya Rythen und Sagen hinter uns. René hat nicht nur ein Picknick organisiert, er hat ausserdem eine Flasche Ron spendiert und so gibt es heute Cuba libre zum Apero. Währenddessen brutzelt über dem Feuer das Fleisch und Gemüse.

Nächtliches Picknick im Dschungel - auf Luxus getrimmt.

Nächtliches Picknick im Dschungel - auf Luxus getrimmt.

Im kleinen Restaurant lernen wir Meira kennen. Das kleine Mädchen hat morgen Lempira-Fest. Dazu hat es ein neues Kleid bekommen. Und das wird nun von Mutter und Tanten festlich geschmückt. Rote und schwarze Bohnen, grüne und reife Kaffeebohnen werden aufgefädelt und auf das Kleid genäht. Dazu gibt es Blätter und Blumen. Und morgen sollen noch ein paar Lempiras aufgenäht werden. Das sind die Noten. Lempira heisst die Währung in Honduras. Stolz präsentiert sich Meira in ihrem neuen Kleid.

Die stolze Meira im neuen Kleid

Die stolze Meira im neuen Kleid

Zum Dank für das feine Nachtessen stimmt Sepp ein Lied an und zum grossen Erstauen aller, stimmen wir alle mit ein. Wie lange ist es her, dass ich in einer Runde sass, in der Lieder gesungen wurden. Bevor wir wieder in den Pickup steigen hören wir im kleinen Weiher noch den Fröschen zu. Sie sind so richtig in ihrem Element und ihr Konzert ist noch fast lauter als unsere Gesänge.

Die Heimfahrt kann gar nicht lange genug dauern, wir verkürzen sie durch Singen. Immer wieder stimmt jemand ein Lied an. Besonders Romy kennt viele alte Lieder und ich glaube, jedes von uns staunt über sich selber. Denn obwohl kaum jemand die Lieder in den letzten 30 Jahren gesungen hat, der Text kommt irgendwo aus dem Untergrund der Seele und die Melodien scheinen eh im Herzen gespeichert zu sein.

Noch ein kurzes Zusammensitzen in der Bar und eine rasche Abkühlung im Hotelpool, dann wird es auch in unserer Reisegruppe ruhig. Wir träumen von vergangenen Erlebnissen und freuen uns auf neue Abenteuer. Dieser Tag heute hat die Gruppe endgültig zusammengeschweisst.

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Die Reise
 
Worum geht's?:
Diesmal bin ich mit einer Gruppe unterwegs. Wir besuchen die faszinierenden Mayastätten und die quirligen bunten Märkte. Die Reise mit der Gruppe ergibt auch für mich einen ganz neuen Blick auf dieses Land, das ich von mehreren Aufenthalten zu kennen glaube.
Details:
Aufbruch: 17.07.2009
Dauer: 16 Tage
Heimkehr: 01.08.2009
Reiseziele: Guatemala
Der Autor
 
Beatrice Feldbauer berichtet seit 20 Jahren auf umdiewelt.
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