Gruppenreise durch Guatemala

Reisezeit: Juli / August 2009  |  von Beatrice Feldbauer

Piñacolada

Ich sitze im Hotel Catamaran am Rio Dulce. Um mich völlige Dunkelheit. Alle haben sich in ihre Bungalows verzogen. Die Hotellobby ist geschlossen, Restaurant, Bar, alles verlassen. Zwei Tische weiter spielen drei junge Männer Karten, oder ist es ein Würfelspiel? Egal, ich weiss es nicht. Ich weiss auch nicht, wie sie überhaupt noch irgendetwas sehen. Denn es brennt nur noch eine einsame Lampe in einer Ecke des Restaurants. Des Restaurants? Es sind ein paar Tische und Stühle auf einer Plattform die direkt über dem Wasser liegt. Ich sitze über dem Rio Dulce. Wir sind kurz vor dem Eindunkeln mit dem Boot auf der Halbinsel eingetroffen. Kann man Glück noch steigern? Eigentlich glaubten wir alle, dass gestern das absolute Mass an Glück erreicht war, Harmonie, Zusammengehörigkeit, gemeinsames Erleben, Geniessen. Ein süsser Drink an der Bar, ein letztes kühles Bad im Pool, Stille, Sterne am Himmel, Palmen um den Pool. Es schien, dass es keine Steigerung mehr geben könnte.

Exklusive Zimmer, mit Fluss-Anschluss

Exklusive Zimmer, mit Fluss-Anschluss

in der Abenddämmerung

in der Abenddämmerung

Und dann die heutige Überraschung: Jeder hat seinen eigenen Bungalow. Direkt am Fluss, das heisst, eigentlich direkt im Fluss. Mit einem mehr oder weniger langen Steg gelangten wir in unsere heutige Behausung. Ja, es war heiss heute. Ja es war ein langer Tag.

Am Vormittag verliessen wir Honduras. Allerdings erst nachdem uns René auf dem Hauptplatz noch einmal die vier Himmelrichtungen mit den Farben der Sonne erklärt hatte. Rot im Osten. Da geht die Sonne auf. Weil sie die ganze Nacht mit dem Jaguar gekämpft und dabei verwundet wurde, ist sie rot. Im Süden ist sie gelb, da zeigt sie sich auf dem höchsten Sonnenstand und im Westen wo sie untergeht ist sie schwarz. Da taucht sie ab ins Reich der Toten, da beginnt ihr nächtlicher Kampf mit dem Jaguar. Dieser wird sie in seinem Maul durch die Nacht tragen. Zurück in den Osten. Darum leuchten seine Augen in der Nacht. Die Sonne lässt sich nicht so leicht unterkriegen. Für den Norden steht die Farbe schwarz. Dahin kommt die Sonne nie, jedenfalls nicht hier in Guatemala, jedenfalls nicht im Reich der Maya.

Nach diesem Abstecher in die Mythenwelt der Maya steuerten wir den Vogelpark Macaow Montain an. Hier werden Vögel aufgefangen, die aus verschiedenen Gründen von privaten Besitzern abgegeben werden. Es sind zum Teil kranke oder verhaltensverstörte Tiere oder der Besitzer ist mit der Haltung überfordert. In grossen, zum Teil begehbaren Käfigen leben vor allem Aras, Papageien, Tukane und Falken. Die ganze Anlage ist eingebettet in eine Kaffeeplantage und nicht nur die Vögel, auch die ganze exotische Umgebung ist wunderbar. Ganz am Schluss dürfen wir sogar noch Tuch- oder Federfühlung mit den Vögeln aufnehmen. Als Abschluss gibt es einen feinen Kaffee und dann verlassen wir Honduras.

Wir sind noch kaum über die Grenze, als René die Meldung bekommt, dass in Guatemala viele Strassen gesperrt wären.

Maya ist mit jedem Tier sofort auf Du und Du

Maya ist mit jedem Tier sofort auf Du und Du

Die Campesinos haben sie blockiert. Sie demonstrieren. Wofür? Ja, man kann sich leicht ausrechnen, wofür Campesinos in diesem Land protestieren, in diesem Land, aus dem die exportierten Bananen weit weniger kosten als die einheimischen Äpfel. Wir würden uns wahrscheinlich jederzeit gerne mit den geschundenen Campesinos solidarisieren, nur nicht gerade heute.

Heute sind wir auf einen reibungslosen Ablauf des Strassenverkehrs in Guatemala angewiesen. Was interessieren uns ein paar arme Bauern, die um ihr Überleben kämpfen? Heute wollen wir nach Quirigua. Es ist heiss, tüppig, wir fühlen uns eingesperrt in unserem Bus, wollen damit in keinem Stau stecken bleiben. So schnell ändern sich Interessen.

ein unfreiwilliger Halt

ein unfreiwilliger Halt

spontaner Besuch in einem Autospritzwerk

spontaner Besuch in einem Autospritzwerk

Selbstverständlich würde jeder von uns jedes Verständnis für die schwierigen Verhältnisse der Menschen in diesem Land aufbringen- nur nicht gerade jetzt. Wir haben Glück. Nach einem stündigen Halt an einer Tankstelle, die wir nutzen um unsere Cola-Vorräte aufzufüllen und ein paar Chips zum Apero zu knappern, geht das Gerücht um, dass die Strasse wieder offen sei. Allerdings verstopfen jetzt grosse schwere Lastwagen mit Sattelschleppern die Strasse. Zum Glück kennt Nino einen Umweg und so sind wir schon bald wieder unterwegs.

In der kleinen Provinzstadt Chiquimula machen wir einen kurzen Mittagshalt. Ein paar Marktstände laden zum Bummeln und ein Supermarkt bietet das ganze globalisierte Angebot an. Im zentralen Park blüht ein Flammenbaum und ich versuche mit meiner neuen Kamera ein paar spektakuläre Aufnahmen zu machen. Um ehrlich zu sein, es bleibt beim Versuch, aber auch der ist immerhin noch brauchbar.

Der Flammenbaum

Der Flammenbaum

Und dann fahren wir weiter durch die grüne Landschaft, Richtung Karibik Die Strasse über die wir fahren, gehörte einst der amerikanischen FruitCompany. Diese scheute im 19. und 20. Jahrhundert keine Mühe, ihren Machtanspruch in Guatemala durchzusetzen. Als 1944 der liberale Präsident, Joaquim Arbenz versuchte, etwas Gerechtigkeit für die Landbevölkerung zu erreichen, wurde er 1954 mit Hilfe des CIA kurzerhand aus dem Amt befördert.

Noch immer besitzen die grossen Fruchtkonzerne, wie DelMonte und Chiquito eine grosse Macht in diesem Land, das früher nebst Honduras und Costa Rica als Bananenrepublik verschrieen war. Bei Finca la Esmeralda biegen wir ab und fahren durch eine riesige Bananenplantage von Dalmonte. 20 bis 25 km lang und 5 km breit gehört sie zu einer der grössten im Land. Gerade vor uns senkt sich eine Schranke und der kleine Bananenexpress überquert die Strasse. Die Führungsmaschine hängt an einem Stahlseil und sie schleppt hinter sich jede Menge abgeernteter Bananenstauden her. Endlos scheint der Zug zu sein und doch transportiert er nur einen Bruchteil der täglichen Ernte.

Ernte von DalMonte-Bananen

Ernte von DalMonte-Bananen

Kurz darauf kommen wir in Quirigua an. Gerade fängt es an zu tropfen, als wir den kleinen Park mit den hohen Mayastelen betreten. Rene schafft es noch, die wichtigsten Eckdaten zu erklären, uns die imposanten Stelen zu zeigen, bevor ein gewaltiges Gewitter niedergeht. Donner, wie wir sie eigentlich nur im Entlebuch kennen, knallen durch den Himmel. Unter den grossen Blättern riesiger Bäume fühlen wir uns einigermassen geschützt. Sogar wenn der Regen dicke Tropfen auf die Welt wirft und uns fühlen lässt, wie klein wir angesichts der Macht der Natur wirklich sind.

Vielleicht waren es die Erzählungen von Rene, der uns das Leben des Herrschers von Quirigua erklärte. Lightening Warrier wird er auf Englisch genannt, Blitz-Krieger. Doch so schnell sich das Gewitter aufgebaut hatte, so schnell hat es sich auch wieder verzogen. Jetzt barfuss über den nassen Rasen springen, das kühle Wasser zwischen den Zehen spüren. Was mich aufhält sind einzig die Gedanken an giftige Käfern, agressive Ameisen.

Quirigua

Quirigua

Wir fahren weiter. Unser heutiges Ziel ist nahe. Gegen fünf Uhr erreichen wir die grosse Brücke über den Rio Dulce. Hier besteigen wir ein Boot und fahren hinaus zur Halbinsel, wo wir unser Zimmer für eine Nacht beziehen. Zimmer? Es sind Bungalows, direkt im Wasser, nur verbunden mit einem schmalen Steg zum Wasser. Nach dem heissen Tag im Bus und dem tropischen Gewitterregen braucht es nicht viel und man findet die ganze Gruppe im lauwarmen Swimmingpool. Als dann auch noch eine Runde Piñacolada direkt am Poolrand serviert wird, scheint es nicht mehr möglich, das Wohlgefühl noch zu steigern.

Später gibt es ein feines Nachtessen im Restaurant und ein vom Haus spendiertes Glas Wein. Und dann ist endgültig Bett-Time.

Abkühlen im Pool - mit Piñacolada

Abkühlen im Pool - mit Piñacolada

Ja und da sitze ich jetzt also. Alles ist ruhig, unterdessen haben auch die Gäste am Nebentisch ihr Bungalow aufgesucht. Nichts kann meine Ruhe mehr stören. Zwar haben wir beim Eindunkeln noch einen Frosch im Gras aufgestöbert, interessant, wie sich die ganze Gruppe auf Frösche eingepegelt hat, aber jetzt ist es absolut still. Das was da gerade die Stille durchbrochen hat, war nur ein nach Luft schnappender Fisch. Auf der anderen Seite des Flusses sehe ich ein paar Lichter, die sich im Wasser spiegeln, aber auch diese verlöschen jetzt nach und nach. Darum ist es jetzt wohl auch für mich Zeit, meinen Bungalow aufzusuchen. Eco heisst er und er liegt ganz am Ende der Anlage. An der äussersten Spitze der Halbinsel.

ein Frosch auf dem Heimweg

ein Frosch auf dem Heimweg

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Die Reise
 
Worum geht's?:
Diesmal bin ich mit einer Gruppe unterwegs. Wir besuchen die faszinierenden Mayastätten und die quirligen bunten Märkte. Die Reise mit der Gruppe ergibt auch für mich einen ganz neuen Blick auf dieses Land, das ich von mehreren Aufenthalten zu kennen glaube.
Details:
Aufbruch: 17.07.2009
Dauer: 16 Tage
Heimkehr: 01.08.2009
Reiseziele: Guatemala
Der Autor
 
Beatrice Feldbauer berichtet seit 20 Jahren auf umdiewelt.
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