Thailand 2010
12.06.10 Tag des Schreckens mit Licht am Ende
Da Khun Tschadsudaa und Prasit am Morgen wieder zurück nach Phuket fliegen mussten, wurden wir ziemlich früh geweckt. Die beiden wollten unbedingt vor der Abreise noch einmal bei Renato vorbei schauen.
So waren wir alle zusammen um 06:15 Uhr im Krankenhaus auf der Intensivstation. Ich erschrack, als ich den noch tieferen Puls auf der Anzeige sah, als am Vortag. Er schwankte mittlerweile zwischen 38 und 40. Renato sah aus, als ob er friedlich schlafen würde - immer abgesehen von all den Schläuchen. Ich konnte es nicht fassen - entgleitet er uns? Wird er nun einfach immer schwächer und schwächer?
Wieder vertröstete man mich auf später. Ich soll doch gegen 08:30 Uhr wieder kommen. Vielleicht bessert sich der Zustand ja bis dahin. Ich klammerte mich an diesen dünnen Faden. Ich wollte ganz fest daran glauben.
Siti, Rolf und ich entschieden uns zurück zum Seascape Resort zu fahren, um dort zu versuchen etwas zu essen.
Die Stimmung war total gedrückt und traurig.
Wir zwangen uns, etwas zu essen. Der Kaffee bzw. Tee tat uns gut.
Die Zeit ist noch nie so langsam gelaufen wie zu diesem Zeitpunkt. Wir alle wussten, dass der Oberarzt nicht vor 09:00 Uhr eintreffen würde.
Dann um 08:15 Uhr hielten wir es nicht mehr aus. Wir mussten einfach zurück zu Renato.
Der Puls war noch schwächer als am frühen Morgen. Nun pedelte er bei 35 bis 37. Die Schwestern versicherten mir, dass er die stärksten Medikmente bekomme, die man ihm zur Zeit verabreichen könne. Immer wieder fragte ich, ob man ihm nicht anderweitig helfen könne. Aber man vertröstete mich erneut auf den Oberarzt, welcher bald eintreffen müsse.
Dann war der Oberarzt endlich da. Er machte mir keine grossen Hoffnungen mehr. So wie der momentane Zustand von Renato sei, werde er wahrscheinlich einschlafen. Der Flugarzt nehme ihn mit diesem tiefen Plus nicht mit, da er einen Flug nicht überleben würde.
Unendlich traurig ging ich zurück zu Renato, nahm seine Hand und legte sie mir direkt auf den Bauch. Seine Hände waren so kalt. Ich konnte ihn nicht einmal mit meiner eigenen Körperwärme aufwärmen. Ich legte sein Handy neben seinen Kopf und spielte unsere Lieblingsmusik ab: I've got a feeling von Barclay James Harvest. Ich streichelte ihn ununterbrochen und sagte ihm wie lieb ich ihn hab.
Ich bin ganz sicher, dass er mich gehört - gefühlt oder gespürt hat.
Um 10:25 Uhr sagte mir die Schwester, dass er gestorben sei. Wir durften noch bei ihm bleiben. Dann fragten mich die Schwestern, ob ich ihm eine hübsche Shorts und T-Shirt bringen könne. Sie würden ihn in der Zwischenzeit von allen Apparaturen befreien und waschen. Ich konnte fast nicht von ihm weggehen und ich zitterte so stark, dass ich kaum laufen konnte.
Aber dann wollte ich ihm seine Lieblingsshort und sein Shirt bringen. Als er dann angezogen auf dem Bett lag, konnte ich es wirklich kaum glauben, dass er uns verlassen hat. Ich fühlte mich total leer.
Plötzlich hatte ich jede Menge Dinge zu tun. Ich musste all unsere weiteren Buchungen annullieren. Siti wollte mir dabei helfen, aber da alle Buchungen über das Internet gemacht worden sind, akzepierte man nirgends eine telefonische Annullation.
Zum Glück konnte ich diese Aufgabe meiner Schwester Pia übergeben.
Die Nachricht von Renatos Tod ist uns voraus geeilt. Als ich im Seascape Resort eintraf nahm mich die Chefin von der Reception in die Arme und überreichte mir einen Blumenstrauss und eine Karte vom Personal vom Resort und vom Restaurant.
Da ich völlig apathisch war, nahmen Siti und Rolf den weitern Verlauf in ihre Hände. Sie sagten mir, was ich zu tun habe, wann ich wo sein musste usw. Etwas Besseres hätte mir nicht passieren können. Danke euch beiden!
Am Abend werden wir von Prasit abgeholt. Er führt uns zu einem schönen Seeview-Restaurant.
Ich kann mich nicht freuen, Renato fehlt am Tisch! Aber die drei sind so lieb und versuchen alles um die Spitze von meinem Schmerz zu brechen.
Ich sage ihnen, dass ich einen "Kom Loy" für Renato steigen lassen möchte. Sofort wird das organisiert.
Dann will Siti noch einen zweiten Ballon steigen lassen - diesmal im Namen von der IG Thaikultur.
Wir beschliessen zuerst jenen der IG steigen zu lassen. Alles klappt ganz wunderbar.
Dann kommt mein Gruss für Renato dran. Diesmal war's ganz sonderbar. Der Ballon stieg etwa 3-4 Meter über unsern Köpfen hoch und blieb dann unmittelbar stehen. Wie wenn er nicht weggehen möchte. Erst nach ein paar Sekunden gings dann weiter in Richtung Himmel.
Plötzlich gesellten sich ganz viele Kom Loy zu meinem für Renato. Ein schöner Gedanke - da wo er jetzt ist, ist er nicht allein!
Aufbruch: | 03.06.2010 |
Dauer: | 4 Wochen |
Heimkehr: | 01.07.2010 |