Snapshots of India
Die versammelten Berichte eines planlosen Reisenden, der am Ende von Indien nichts Neues findet. Nur sich selbst.
Start
Man sagt ja, auch eine Reise von 1000 Meilen beginnt mit einem einzigen Schritt. Und den tat ich an einem finsteren Januartag 2005 aus meiner Haustür in Berlin, hinein in den Schneematsch und gleich wieder zurück, weil ich vor lauter Aufregung meinen Reisepass vergessen hatte.
Ich hatte nach drei Jahren meinen Job in der glitzernden Werbewelt aufgegeben und war reif für etwas ganz anderes. Deshalb hatte ich mir spontan ein Flugticket nach Delhi gekauft, einer Stadt von der ich ungefähr soviel wusste wie vom restlichen Indien. Nämlich gar nichts. Ich wusste nur, dass mein Weg mich irgendwie von Delhi nach Bombay führen müsste - denn von dort ging in fünf Wochen mein Flieger zurück nach Hause.
Also wiederholte ich den ersten Schritt. Und verpasste den Bus zum Flughafen.
Abwarten und Bier trinken
Zwei Stunden später flog ich nach Frankfurt und irrte dort umher bis ich mein Abflug-Gate in der hintersten Ecke des riesigen Flughafens fand.
Der Wartebereich war so duster, dass man die dunkelhäutigen Wartenden kaum sah. Schnee und Regen klatschte gegen die Scheibe, durch die mich ein schief lächelnder Maharadja anglotzte. Er klebte auf der Air India Maschine, die in der windigen Nacht stand und uns bald nach Delhi bringen würde.
Ich kaufte schnell zwei Dosen Bier um mir Mut für den Flug anzutrinken. Mit jedem Schluck fühlte ich mich euphorischer und der Anblick der wachsenden indischen Gesellschaft um mich herum wurde immer bunter. Ich gesellte mich zur dampfenden Raucherecke und überlegte, ob ich mal probeweise Kontakt zu Jemandem aufnehmen sollte.
Also wählte ich einen indischen Geschäftsmann aus und erkundigte mich in freundlichem Ton nach einer Zigarette. Seine grimmigen Gesichtszüge verwandelten sich augenblicklich in ein strahlendes Lächeln. Freudig versicherte er mir immer wieder, dass ich auch mehrere Zigaretten haben könne, während er nicht aufhörte die Packung wild zu schütteln. Mit viel Fingerspitzengefühl kam ich schliesslich erfolgreich an den Inhalt. Zufrieden zog ich mich in eine kleine Rauchwolke zurück und genoss den Augenblick.
Mein Gefühlszustand schwankte irgendwo zwischen Schmetterlinge im Bauch, Bierseeligkeit und Nikotinrausch - mit voller Intensität. Ich war auf der Reise!
Welcome on Board of Air India
Indien war an Bord. Es roch danach. Es sah so aus. Es fühlte sich so an. Und es hörte sich so an: Die traditionelle Musik aus den Kopfhörern mit Wackelkontakt wirkte wie der Soundtrack zum Flug; auf den wild flackernden Bildschirmen tanzten Scharen von bunt gekleideten Schönheiten um die Wette und an allen Ecken und Enden streckten sich Inder zum Schlafen aus. Ich schloss mich an.
Als ich aufwachte lag der Himalaya bereits hinter uns und die grell gekleidete Stewardess schob mir gerade ein kleines Frühstück auf den Schoss - Chicken curry, very spicy, guten Appetit!
Wenig später waren wir schon im Landeanflug auf Delhi. Die Spielzeugwelt da unten nahm langsam Konturen an und entpuppte sich als ein Meer aus Wellblechhütten, die schliesslich die Rollbahn flankierte, als wir nach sieben Stunden Flug so hart aufsetzten, dass die Mitreisenden zur Begrüßung laut aufschrien.
Aufbruch: | 21.01.2005 |
Dauer: | 5 Wochen |
Heimkehr: | 22.02.2005 |