Snapshots of India
Essen & Trinken
Vorbei an einer Millionen Ledergeldbeutel-Läden, Räucherstäbchenbuden und Lilliput-Internetstuben tastete ich mich unter Lebensgefahr den Main Bazar entlang. Ich sah mich schon mit überfahrenem Fuss in der Kuhscheisse liegen. Die Kuhscheisse war übrigens der Strassenbelag. Ich nehme an, da waren einige heftige Regenfälle beteiligt, um die nicht vorhandene Kanalisation zusammen mit der städtischen Mülldeponie gleichmässig auf der Strasse zu verteilen um jedes Lebewesen mit und ohne fahrbaren Untersatz durch pflügen zu lassen. Ach riecht das gut! Und diese netten Menschen dazu. Drängel hier, drängel da und mit jedem Schritt klebte mehr Strassenbelag an meinen Beinen. Wahrscheinlich wurde ich auch ständig dumm angelabert, aber ich verstand ja nix. Ich war mit überleben beschäftigt.
So nach ein paar hundert Kilometern...ääh...Metern war ich an der Hauptstrasse, gegenüber von der Delhi Railway Station. Eine ca. 10 spurige Strasse trennte uns voneinander, aber das machte nichts. Ich blieb einfach auf meiner Seite, da sah es ungefähr gleichschlimm aus wie drüben.
Ich steuerte nach links an einigen Restaurants vorbei, wo lustige Kringel auf irgendwelchen Pappschildern mir völlig fremdes Essen anpriesen, dass schmutzige, dunkle Männer mit ihren schwarzen Händen in sich reinschaufelten während im Vordergrund der 4-jährige Sohn des 12-Jährigen Besitzers das gebrauchte Geschirr in der Gosse saubermachte.
Mir fiel auf, dass ich wirklich nicht die geringste Ahnung hatte, was Inder so essen. Chicken Curry? Ich esse kein Fleisch. Aber was dann? Das hier hatte wirklich nichts mit Thailand zu tun.
Masala Dosa
An der nächsten Ecke hielt ich inne, um mir über die Möglichkeiten der Nahrungsaufnahme klar zu werden. Kaum stand ich still, näherten sich neugierige Inder. Viele, viele Hände wurden geschüttelt. "How are you?" - "I´m fine" - "Where are you from?" - "Germany" - "I have Friends in Germany" - "aha" - dann fühlte ich mich von staunenden Augenpaaren umzingelt.
Zum Glück beherrschten zwei Computerinder aus Bangalore mehr als den üblichen Smalltalk und begleiteten mich auf meinen Wunsch hin in eines der Pappschild-Restaurants mit dem unbekannten Angebot am Wegesrand, wo sich vorher wahrscheinlich noch nie ein Tourist hinein verirrt hatte. Dementsprechend gross war die Aufregung des Personals und der übrigen Gäste, die auf ihren klapprigen Plastikhockern sassen und gespannt beobachteten, wie meine Begleiter mir die Speisekarte übersetzten, indem sie mir ein Gericht nach dem anderen in Hindi vorlasen. Ich verstand nicht mal Bahnhof und entschied mich für Masala Dosa, weil das so schön klang. Eifrig machte sich der junge Koch hinter der verschmierten Plexiglasscheibe ans Werk und präsentierte kurz darauf stolz das Ergebnis: Pfannkuchen (Dosa) mit einer Pampe aus Gemüse und Gewürzen (Masala).
Das ganze Restaurant beobachtete meinen ersten Masala-Dosa-Bissen mit aufmunterndem Lächeln und schließlich mit zustimmendem Nicken. Es schmeckte wirklich sehr gut. Als ich fertig war, erwartete ich Applaus. Stattdessen bekam ich fürchterlichen Kaffee.
Chai
Meine Begleiter rieten mir, lieber Tee zu trinken. Also ab zur nächsten Strassenecke. Dort gab es einen Chai-Walla. Walla heisst Händler. Es wimmelt in Indien von Wallas. Und bei diesem Walla gab es also Chai: Tee aus Milch und Wasser und Gewürzen und Zucker, frisch aufgegossen. Schnell kaufte ich mir beim Zigaretten-Walla noch eine putzig kurze Goldflake (einzeln, für eine Rupie) und genoss den besten Tee meines Lebens.
Chai war ab sofort mein Lieblingsgetränk. Und Chai-Stände meine Lieblingsorte. Da es nämlich für uns Touristen schwierig ist in Indien auf offener Strasse einfach mal auszuruhen ohne im Weg zu stehen und extrem aufzufallen sind Teestände die perfekte Lösung: man findet sie an jeder Ecke. Es gibt mein Lieblingsgetränk. Und obendrein einen Logenplatz zum Studium des indischen Alltags!
Chai Walla bei der Arbeit
Aufbruch: | 21.01.2005 |
Dauer: | 5 Wochen |
Heimkehr: | 22.02.2005 |