The eye of the tiger - Indien 2010/2011

Reisezeit: November 2010 - Januar 2011  |  von Erich Baggenstos

Puri

2010-11-30: Puri - Hochzeit

Heute ist relaxen angesagt. Nach dem Frühstück geht's zu einem kleinen Hindu-Tempel am Strand. Dieser ist wohl für alle da, die eigentlich den grossen Tempel sehen wollen aber nicht dürfen, da sie keine Hindus sind und vorerst auch keine werden wollen. Ein netter junger Mann, der vermutlich für den Tempel verantwortlich ist bittet uns freundlich herein - natürlich nachdem wir schon vorher die Schuhe ausgezogen haben und uns barfuss dem Tempel näherten. Das gilt hier übrigens sowohl für Tempel als auch für die Internet-Cafés (habe zwar in keinem dieser Läden bisher weder Tee noch Kaffee bekommen, nenne sie aber trotzdem so), oder wahrscheinlich für alle sauberen Innenräume, dass man die von der Strasse schmutzigen Schuhe draussen lässt.
Der junge Herr im Tempel hat mich dann über die Gottheiten, die man sehen kann genauestens aufgeklärt, mir alle Namen inkl. deren Familienverhältnisse geschildert. Verstenden habe ich gerade einmal, dass der mit dem schwarzen Kopf in Puri der Hauptgott Jagannath ist, der mit dem weissen Gesicht (nein nicht ich) ist sein Bruder und dazwischen ist deren Schwester. Aus dem Weihwassertopf (heisst natürlich anders, ist mir aber eindeutig zu kompliziert) in der Mitter hat er mir dann einige Blüten auf die Hände gegeben. Im Gegensatz zum Abendmahl in der katholischen Kirche muss hier die rechte Hand auf der Linken liegen, da die Blüten in die rechte, reine Hand gelegt werden können. Nachdem ich ihm etwa fünf Minuten lang irgendwelche unverständlichen Wörter möglichst ähnlich nachgeplappert habe hat er mich mit dem Weihwasser bespritzt, wie bei uns in der Kirche bei der Segnung, danach durfte ich Jagannath die Blüten auf sein Gewand legen. Für 20 Rs durfte ich mich dann noch ins Spenderbuch eintragen. Der junge Gottes- oder vielleicht doch Geschäftsmann hat mich zwar noch darauf hingewiesen, dass 50 Rs normalerweise der Minimalbetrag wären. Leider, leider hatte ich aber grad nicht mehr dabei - schliesslich hatte er sich auch nicht sonderlich Mühe gegeben die jeweils zwei Nullen hinter den Spendenbeträgen meiner Vorgänger wenigstens ein wenig an deren Handschrift anzupassen.

Nach einigen kleineren Sehenswürdigkeiten sind wir dann noch an den Strand gefahren, bevor Pradip heute sogar pünktlich zur Schule ging. Ich bin noch ein wenig sitzen geblieben, habe mich mit der Dorfjugend unterhalten, die zwei Mädchen hinterhergesabbert hat, welche sich in den Wellen vergnügten, habe Perlen- und Korallenhändler und auch Masseure abgewimmelt, die alle ein paar Rupien an mir verdienen wollten.
Am Abend ist Pradip wieder wie angekündigt aufgetaucht, damit wir gemeinsam zur Hochzeitsfeier seines Schulkameraden fahren konnten. Dieser hat zwar schon vor zwei Tagen geheiratet, heute ist aber die grosse Party, zu der alle mit ihren Geschenken kommen und dem Brautpaar gratulieren. Auf die gemeinsame Hochzeitsnacht müssen die beiden aber noch etwas warten erst am vierten Tag, also morgen Abend dürfen sie sich das Schlafgemach teilen - dafür soll dann wohl der Erfolg der Hochzeitsnacht um so sicherer sein. Bevor wir aber wirklich vor dem Brautpaar stehen haben Pradip und ich aber noch einen kleinen GP Puri zu absolvieren. Zu spät kommen wir aus dem Internetcafé los. Als erstes müssen wir noch ein paar Blumen besorgen. Der erste Laden - eigentlich nur ein Tisch irgendwo auf der Strasse scheint ziemlich ausgeschossen. Nebst den paar Blumengirlanden hat der Florist zwar ein wirklich schönes Gesteck fast fertig, dieses liegt aber mit 500 Rs deutlich über dem Budget. Im nächsten Laden sieht's auf den ersten Blick nicht viel besser aus, das auch hier vorhandene, etwas kleinere Gesteck liegt mit 150 Rs gar nicht schlecht. Brauchen wir noch ein kleines Kärtchen, das zwischen die Blumen gesteckt werden kann auf dem unsere Namen stehen. Kein Problem auch das ist nach ein paar Minuten aus irgend einem Karton hervorgezaubert. Ratlos sieht sich Pradip nach einem Stift um. Schon will ich ihm meinen Kuli reichen, da meint er entschieden, dass nur ein roter Stift in Frage komme. Na denn. Ringsum ratlose Gesichter, auch in den benachbarten Shops kein Erfolg, irgendwann hat er dann trotzdem einen in der Hand - keine Ahnung wer den woher gezaubert hat. Mit dem Blumengesteck inkl. der Karte mit der roten Schrift setze ich mich hinter Pradip auf's Motorrad. Den Hinweis, dass er etwas langsamer fahren soll endet ebenso im Fahrtwind wie die ersten Teile des Gestecks. Egal - weiter geht's zu einem anderen Shop wo noch ein Umschlag besorgt werden soll in dem dem Brautpaar noch ein paar Rupien zugesteckt werden sollen. Irgendwann sind wir dann tatsächlich vor dem Festgelände. Das Gesteck wieder ein wenig zurechtgezupft geht's über einen Kuhrost wie er auf schweizer Passstrassen zu finden ist auf das Festgelände zielstrebig auf die Bühne mit dem Brautpaar zu. Kaum hat der Fotograf das Bild mit den letzten Gratulanten geschossen geht's an den Wartenden vorbei, dem Fotografen meine Kamera noch kurz in die Finger gedrückt, damit er mit dieser auch noch gleich ein Bild macht, zum Brautpaar auf die Bühne, die Gratulationen überbracht und die Fotos geknipst. Der Pflichtteil ist vorbei, nun aber ran an's Buffet. Die wunderbarsten Leckereien liegen bereit und werden ständig nachgelegt. Alles was das Herz begehrt ist hier zu haben von der Suppe über das kunstvoll drapierte frische Gemüse bis zum zuckersüssen Sahneeis. Alles hinterlegt mit der noch viel süsseren und klebrigeren Musik der Live-Band und deren Sänger. Im ganzen ein risiges Gartenfest mit mehreren hundert Gästen. Als wir eine halbe Stunde später wieder abmarschieren lächelt das Brautpaar immer noch tapfer auf der bunt dekorierten Bühne während ringsum ihr eigenes Fest an ihnen vorbei gefeiert wird.

Kokosnuss-Lieferservice.

Kokosnuss-Lieferservice.

Achha: Gemütliches Gartenrestaurant fürs Frühstück.

Achha: Gemütliches Gartenrestaurant fürs Frühstück.

Den Tag mit Müsli zu beginnen ist doch einfacher als mit Curry.

Den Tag mit Müsli zu beginnen ist doch einfacher als mit Curry.

Jagannath-Mandir: Die kleine Ausgabe am Strand.

Jagannath-Mandir: Die kleine Ausgabe am Strand.

Ausritt gefällig? Schon hundert mal abgelehnt.

Ausritt gefällig? Schon hundert mal abgelehnt.

Rasen mähen: nicht nur die Ränder werden so geschnitten!

Rasen mähen: nicht nur die Ränder werden so geschnitten!

Unser Hochzeitsgeschenk - noch vor der Fahrt aum Festgelände.

Unser Hochzeitsgeschenk - noch vor der Fahrt aum Festgelände.

Trotz der Fahrt sorgte es noch für Freude.

Trotz der Fahrt sorgte es noch für Freude.

Die Band.

Die Band.

Sitzplätze gäbe es genügend ...

Sitzplätze gäbe es genügend ...

... aber wenn man im Stehen isst kann an den Buffets schneller Nachschub geholt werden.

... aber wenn man im Stehen isst kann an den Buffets schneller Nachschub geholt werden.

Das Gemüsebuffet hat zwar schon etwas gelitten, sieht aber immer noch toll aus.

Das Gemüsebuffet hat zwar schon etwas gelitten, sieht aber immer noch toll aus.

Chapati wird vorweg nachgeliefert.

Chapati wird vorweg nachgeliefert.

Überall laufen kitschige Powerpoint-Präsentationen.
Liebe Grüsse aus Puri.

Überall laufen kitschige Powerpoint-Präsentationen.

Liebe Grüsse aus Puri.

© Erich Baggenstos, 2010
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Die Reise
 
Worum geht's?:
"Indien? Oh ja, da will ich Tiger fotografieren!" So in etwa war die Reaktion von Linda auf meine Reisepläne. Das ging ja mal einfach – ich hatte mit mehr Überzeugungsarbeit gerechnet. "Wenn ich ein gutes Tiger-Bild habe können wir wieder nach Hause fahren" – Aha, dacht ich's mir doch! Wahrscheinlich auch deswegen werde ich nun den ersten Monat alleine in Indien unterwegs sein, bevor wir dann zu zweit die Nationalparks unsicher machen.
Details:
Aufbruch: 14.11.2010
Dauer: 9 Wochen
Heimkehr: 15.01.2011
Reiseziele: Indien
Der Autor
 
Erich Baggenstos berichtet seit 13 Jahren auf umdiewelt.
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