Patagonien - Weite mit dem Rad erfahren
El fin del mundo - das Ende der Welt
Bis ans Ende der Carreterra Austral
Es ist geschafft! Die Carreterra Austral bin ich von ihrem Anfang in Puerto Montt bis ans Ende ich Villa O'Higgins auf eigenem Reifen gefahren - 1250 km (und mit ein paar Extraschleifen sind es ca. 1500 km geworden). Den Rest der Strecke, den ich seit Cochrane noch schuldig bin, koennt ihr unten auf der Karte sehen. Wie man erkennt, habe ich mich zwischen den beiden gigantischen Gletschern Campo de Hielo Norte und Campo de Hielo Sur bewegt - den groessten Gletschern ausserhalb der arktischen Regionen!
Auf dem Weg nach Sueden machen Bill und ich einen Abstecher nach Tortel - einem Ende der Welt, dass erst vor gut 10 Jahren durch eine Stichstrasse an die Carreterra Austral angeschlossen wurde. Bis dahin war der Ort nur ueber den See- oder Luftweg erreichbar! Der Weg dorthin ist ganz gut zu fahren - allerdings gibt es unterwegs so ziemlich nichts. Der einzige "Campingplatz" an der Strecke war eine feuchte Wiese ohne Toiletten, Dusche oder sonstigen Comfort, sollte dafuer aber 13.000 Pesos fuer zwei Zelte kosten! Nein Danke - da campen wir denn doch lieber wild an einer wunderschoenen Flussbiegung.
... das zwar aussieht, wie schon mal getrunken, aber nie Probleme bereit hat - auch ohne Filter oder Sterilisation
Warum Menschen sich in Tortel angesiedelt haben, bleibt mir ein Raetsel! Wir hatten richtig gutes Wetter, das heisst hier, es hat mal einen ganzen Tag nicht geregnet. Der Untergrund ist ueberall matschig und deswegen sind alle Haeuser und Ortsteile ueber schier endlose Holzstege und Treppen miteinander verbunden - da ist es schon ganz gut, sich gleich am Ortseingang eine Unterkunft zu suchen - der Campingplatz befindet sich am entgegengesetzten Ende und ist daher mit dem Fahrrad unerreichbar! Das schoene Wetter gibt sogar Gelegenheit zu einer Wanderung auf den Hausberg, die nicht ohne nasse und matschige Fuesse abgeht, dafuer aber mit einem schoenen Ausblick auf die Muendung des Rio Baker belohnt wird.
Wir verlassen die Sackgasse bei Tortel und fahren von dort zum Puerto Yungay. 43 km als Tagesetappe sind kein Problem - auch wenn auf der Strecke noch ein langer, giftiger Berg auf uns wartet - dafuer entschaedigt wiederum die herrliche Berglandschaft und der Wind hilft auch. Die kostenlose Faehre zum Puerto Rio Bravo faehrt erst am Abend und so sind ein paar Stunden Warten angesagt. Diese Pause wird unterbrochen durch eine Begegnung mit einer dieser kuriosen Fahrradtypen, die man unterwegs so trifft. Bill und ich sitzen bei Tee und Kaffee am Faehranleger als ein irischer Radler einen starken Auftritt hinlegt: BMX-Helm, 3/4-Camouflagehose, rasierter Schaedel und extrem cooler Auftritt. Er ist in 19 Tage (!!!) von Santiago hierher gefahren - Respekt! Jetzt will er noch die letzte Etappe von hier nach Villa O'Higgins, um auch das Ende der Carreterra Autral zu sehen. Danach will er von hier mit der Faehre nach Chiloe! Diese Faehrverbindung gibt es aber nicht und ein Blick auf sein Ticket verraet, dass er eine Ueberfahrt von einem Hafen gebucht hat, der gut 500 km weiter noerdlich liegt - in drei Tagen! Genauso stark wie sein Auftritt war, ist auch sein Abgang. Nach einem Tee setzt er seinen Helm auf, setzt sich auf sein Rad und faehrt wieder in die andere Richtung zurueck...
Wir nehmen die Faehre und uebernachten am Puerto Rio Bravo in dem Wartehaus - sehr komfortabel und das einzige Gebaeude weit und breit. Am naechsten Tag wollen wir die knapp 100 km bis Villa O'Higgins angehen.
Zwei sehr lange und steile Berge liegen auf der Strecke, aber ein starker Rueckenwind schiebt kraeftig. Aber heute ist Pannentag! Zuerst hat Bill einen Platten, dann ich - Snakebite, diese elende Kombination aus Schotter, zu schneller Fahrt, Unaufmerksamkeit und zu niedrigem Luftdruck. Schliesslich muss Bill noch ein zweites Mal zum Werkzeug greifen und einen zweiten Platten beheben.
...zwei parallele Loecher, die die Flege in den Schlauch geschlagen hat: Snakebite - kein Beinbruch, nur nicht so einfach zu flicken.
Bei strahlendem Sonnenschein fahren wir dann in die letzte Ortschaft an der Carreterra Austral ein und quartieren uns im El Mosco ein - dem Treffpunkt aller 300 - 400 Radfahrer, die jaehrlich hier die Grenze zwischen Chile und Argentinien ueberqueren. Die Hiobsbotschaft ist allerdings, dass die Faehre ueber den Lago O'Higgins am uebernaechsten Tag ausgebucht ist und eine Warteliste besteht - statt Mittwoch erst Sonnabend Der erste Weg fuehrt Bill und mich in die Agentur. Bill hat vor Wochen reserviert - alles klar. Ich auch und wir reisen zusammen und wollen gemeinsam ein Pferd fuer den Grenzuebertritt mieten - Notluege, aber erfolgreich. Ich verlasse die Agentur mit einem Ticket fuer den uebernaechsten Tag in der Tasche, inclusive einem Abstecher zum Gletscher O'Higgins und der Faehre ueber des Lago del Desierto in Argentinien! Glueckes Geschick!
Im El Mosco sind schon andere Radfahrer untergekommen und so schliessen wir uns mit Bud und Eric - ebenfalls in unserem Alter und auch beide aus den Staaten zusammen und verbringen den Ruhetag mit einer Wanderung in der Umgebung von Villa O'Higgins.
Am kommenden Morgen verlassen wir gleichzeitig zu neunt das El Mosco und fahren die 8 km zur Faehre, die eigentlich ein Ausflugsschiff ist und eben auch Radfahrer und Trecker auf die andere Seite des Sees bringt.
Traumwetter und Traumland am Ende der Welt - mit etwas Phantasie kann man am Fuss des Berges auch den kleinen Ort Villa O'Higgins erkennen.
Keine Wolke stoert das Bild - strahlender Sonnenschein! Nur das Temperaturempfinden ist unterschiedliche Bud, Eric, ich und Bill
Die Fahrt ueber den See ist bei diesen Wetterverhaeltnissen ein Traum und am Ende wartet der Gletscher, der direkt in den See kalbt.
Am spaeten Nachmittag verlassen wir das Schiff bei Candelario Mansilla, einer einsamen und abgelegenen Estancia. Hier kommen wir fuer die letzte Nacht in Chile unter. Bud und Eric - Perfektionisten - haben vorgebucht und im Voraus gezahlt, aber auch Bill und ich kommen problemlos unter. Von hier aus beginnt der schwerste Teil der Strecke: 22 km die sich viel Arbeit bedeuten. Zugegeben, wir sind Weicheier. Wir haben zwei Pferde gebucht, die unser Gepaeck die 22 km zum Lago del Desierto in Argentinien bringen sollen. Andere machen das allein. Aber fuer 10.000 Pesos pro Nase, umgerechnet ca. 15 Euro, wollen wir uns diese stundenlage zusaetzliche Schinderei nicht antun. Die Entscheidung war richtig! Nur Bud und Eric habe diesmal Pech. Die im Voraus bezahlten Zimmer und der Preis fuer das Pferd stehen nicht auf der Quittung der Agentur und das heisst doppelt zahlen - Telefon, SMS, E-Mail zum Nachfragen sind hier ungefaehr so weit weg wie der Mond...
Aber solange wir in Chile sind, gibt es immerhin noch so etwas wie einen Weg. Nach unserem Grenzuebertritt nach Argentinien verlaeuft sich dieser in einen Trampelpfad im Wald, der sich ueber etwa 7 km hinzieht und nur noch zu schieben ist. Wasserlaeufe, Wurzeln, umgestuerzte Baeume, Sumpf und steile Auf- und Abfahrten machen selbst das Schieben schwer. Dafuer oeffnet sich der Wald auf einem Mal und vor strahlend blauem Himmel schiebt sich spektakulaer und schoen der Monte Fitz Roy ins Bild - bessere Bedingungen kann man fuer dieses Traumziel von Bergsteigern aus aller Welt nicht haben - viele warten tagelang darauf, ueberhaupt einen Blick auf diesen Berg zu ergattern und wir radeln von jetzt an immer mit diesem Berg vor Augen einen ganzen Tag nach El Chalten!
Irgendwo im Niergends der Grenzverlauf zwischen Argentinien und Chile, der mit grossen Tafeln gekennzeichnet ist.
Zum Glueck geht's bergab - diese Rinne ist so tief wie das Fahrrad hoch und zu schmal um richtig zu schieben. Wie geht das in die andere Richtung mit Gepaeck?
Direkt am See erwartet uns die argentinische Grenzkontrolle - die letzte Formalitaet des des Grenzuebertritts. Um 18.15 Uhr kommen puenktlich die Pferde mit unseren Packtaschen und nur eine halbe Stunde spaeter sitzten wir auf dem Schiff, das uns zum wieder fahrbaren Schotter in Argentinien bringt.
Aufbruch: | 16.01.2011 |
Dauer: | 8 Wochen |
Heimkehr: | 15.03.2011 |
Argentinien