Patagonien - Weite mit dem Rad erfahren

Reisezeit: Januar - März 2011  |  von Jörn Tietje

Tropent(f)est - die Wasserfaelle von Iguazú

Heute (1. Maerz 2011) gibt es mal wieder einen Bericht ohne Fotos, da ich in einem Internetcafé gelandet bin, das zwar ueber einen recht schnellen Anschluss verfuegt, dafuer aber den Zugriff auf externe Dateien verweigert - ich liefere nach. Versprochen!
Erst einmal muss ich noch ein paar Saetze ueber Regen verlieren. Meinen letzten Bericht aus Puerto Madryn beendete ich damit, dass es draussen zu regnen anfing. Dieser Regen hat sich zu einem Gewitter ausgewachsen, wie ich es selten erlebt habe - im Zelt schon gar nicht. Und es hat so gegossen, dass sich der Staub der Pampa als Schlamm auf den Strassen und Buergersteigen der Stadt wiedergefunden hat. Und der Regen hat mich auch auf der Strecke nach Trelew, von wo ich geflogen bin, nicht mehr verlassen. So weit, so schlecht. Allerdings habe ich inzwischen zum Regen ein etwas zwiespaeltiges Verhaeltnis entwickelt. Von Trelew bin ich frueh morgens nach Buenos Aires geflogen, nachmittags ging es dann weiter nach Puerto Iguazú. Wieder ein sehr problemloser Flug und obwohl man mir gesagt hatte, ich habe 15 kg Freigepaeck, jedes Kilo mehr schluege mit 12 Pesos zu Buche, habe ich fuer meine ca. 50 kg nichts extra bezahlt. Die Gruende will ich hier lieber nicht hinterfragen. Und das Fahrrad, diesmal in eine stabile Folie eingewickelt kam wohlbehalten mit allem anderen Gepaeck an und war in Windeseile zusammengebaut. Allerdings kam ich vor dem Flughaben dann auch gleich die tropische Schwuele des argentinischen Nordens zu spueren. Bevor jemand kleinlich wird: Es ist mir schon klar, dass die Tropen zwischen dem noerdlichen und dem suedlichen Wendekreis, also 23,5 Grad noerdlicher Breite und 23,5 Grad suedlicher Breite und dass Iguazú etwa auf dem 25. Breitengrad liegt. Trotzdem - die Vegetation sieht fuer mich tropisch aus und das Klima fuehlt sich ziemlich tropisch an.

Schon auf dem Flug sagte mir meine Platznachbarin, eine Argentinierin aus der Gegend, mit Blick aus dem Fenster, dass ungewoehnlich viel Wasser in der Landschaft stehe und dass es in letzter Zeit sehr viel geregnet hatte. Deswegen ist es auch nicht so heiss, denn sonst erreichen die Temperaturen hier im Sommer 48 - 50 Grad. Nun gut, der Sommer neigt sich dem Ende zu, aber solche Temperaturen sind fuer micht nicht mehr fahrbar. So gesehen bin ich hier ganz froh ueber den Regen, der zudem warm ist und die dichte Wolkendecke die Sonne ein bisschen von meiner Haut fern haelt.
Ich quartiere mich auf einem Campingplatz am Ortseingang fuer drei Naechte ein und am naechsten Morgen fahre ich mit dem Rad in den argentinischen Nationalpark. Das Braun-Grau der Pampa liegt hinter mir. Hier ist rundum Gruen in allen Farbstufen! Und dazu eine Graeuschkulisse, die nur erahnen laesst, was sich alles in der ueppigen Vegetation verbirgt (Viecher, Pilze, Blumen... werden auch im Bild nachgeliefert).
Die Wasserfaelle von Iguazú! Wohl mit die spektakulaersten Wasserfaelle der Welt. Auf ueber zwei Kilometer Laenge stuerzt das Wasser hier in die Tiefe! Brasilien und Argentinien teilen sich die Wasserfaelle, wobei der groessere Teil in Argentinien liegt, die schoenere Aussicht auf die Faelle sich aber von der brasilianischen Seite zeigt. Diese Attraktion gehoert zu den meistbesuchten Touristenzielen in Suedamerika - flugzeug- bzw. busseweise treffen sich hier die Touristen aus aller Welt - allen voran natuerlich die Japaner. Obwohl ich gleich mit Parkoeffnung um 08.00 Uhr zur Stelle bin, bleibt das Gedraenge nicht aus - aber es gibt nichts zu meckern, ich bin ja auch extra hergekommen, weil hier Wasser ueber ein Kante laeuft. Und dabei bin ich in Chile wohl an bestimmt 100 Wasserfaellen vorbeigefahren, ohne auch nur anzuhalten! Aber jeder Vergleich hinkt. Eindruecke lassen sich auch kaum in Worte fassen, insbesondere, wenn man auf der Aussichtsplattform ueber dem Teufelsrachen steht, wo das Wasser von drei Seiten tosend in die Tiefe stuerzt. Unbeschreiblich!

Und jetzt kommt wieder mein Problem mit dem Regen. Nicht genug damit, dass die Kamera immer wieder dem Spruehwasser ausgesetzt ist, es faengt auch noch an zu regnen und die Licht- und Sichtverhaeltnisse werden schlechter. Zudem ist der Wasserstand des Rio Iguazú so hoch, dass die Bootpendelverkehr zur Isla San Martin, von der man beeindruckende Aussichtspunkte auf die Faelle haben muss, eingestellt wurde. Dieser Shuttle-Service ist im Eintrittspreis inbegriffen. Andere Bootstouren, die extra bezahlt werden muessen, finden statt... Wasserfaelle ohne Wasser sind doof, aber auch die Wassermenge auf Wasserfaellen hat wohl seine Grenzen.
Nach einer Wanderung sieben Kilometer durch den Regenwald (Pilze und Viecher sammeln) kehre ich in den Park zurueck und die Sonne scheint - also alle Wege noch einmal gehen, mit deutlich besseren Bildern.
Am naechsten Morgen: Regen. Also nicht so frueh aus dem Zelt, warten, bis es trocken ist und mal eben nach Brasilien radeln. Ca. 20 km zum Park mit der gesamten Ausreise- und Einreiseprozedur auf beiden Seiten - und nachmittags noch einmal das gleiche in die andere Richtung. Aber alles geht zuegig und ohne Probleme. Vom Parkeingang - auch hier betraegt der Eintritt umgerechnet ca. 18 Euro - wird man mit Bussen zu den Wasserfaellen gebracht. Und wirklich, das Panorama auf die Wasserkaskaden auf der anderen Seite des Grenzflusses ist ueberwaeltigend! Aber auch hier der Kampf gegen das Wasser auf der Kamera. Und als ich am Parkeingang angelange, kommt die Sonne durch und ich steige gleich in den naechsten Shuttlebus - auch hier eine zweite Runde fuer die besseren Bilder. Und auch hier hat es sich gelohnt! Man kann also nicht sagen, dass ich meinen Eintritt nicht ausgekostet haette.

Iguazú liegt hinter mir, nicht abgehakt, sondern in vollen Zuegen und mit allen Sinnen genossen. Jetzt kommt die lange Fahrt zurueck nach Buenos Aires. Ich habe bei meinem Start in Puerto Iguazú noch gut zwei Wochen Zeit, bis mich Air France wieder nach Hamburg bringt und vor mir liegen ungefaehr 1500 km. Noch einmal die Groesse des Landes und dieses Kontinent mit dem Rad erleben. Nicht im Buss, nicht mit geschlossenen Augen und zugezogenen Vorhaengen, sondern Kilometer fuer Kilometer die Wechsel der Landschaft, der Vegetation, des Klimas und der Lebensweise der Menschen erfahren. Das ist nicht immer interessant und besondere Highlights gibt es auf dem Weg auch nicht. Die ersten zwei Tage ging es nur bergauf und bergab. Einen Kilometer mit 40-50km/h runter, einen Kilometer mit 8-10km/h rauf. Das ist kraftraubend und man hat das Gefuehl, nur bergauf zu fahren. Dazu die schwuele Waerme, sodass ich staendig im eigenen Saft fahre und an die acht Liter Wasser, Saft und Kaffee einfuelle und ueber die Haut wieder verdampfe. Inzwischen bin ich vier Tage und ca. 500 km von Iguazú entfernt und in Santo Tomé angekommen. Muss man wirklich nicht kennen. Folgte ich zuerst dem Rio Paraná, dem Grenzfluss zwischen Argentinien und Paraguay, ohne ihn aber auch nur einmal zu Gesicht zu bekommen (ausser an seinem Zusammenfluss mit dem Rio Iguazú am Dreilaendereck Argentinien-Brasilien-Paraguay in Puerto Iguazú) bin ich jetzt am Rio Uruguay angekommen, der hier die Grenze zu Brasilien und flussabwaerts zu Uruguay bildet. Ihm werde ich ab jetzt bis Buenos Aires folgen. Erst einmal noch auf dieser Seite, spaeter dann in Brasilien und Uruguay, um hoffentlich in etwa 6 - 7 Tagen in mit der Faehre in die Hauptstadt ueberzusetzen und dort noch ein paar Tage auszuruhen und die Stadt zu erkunden (wann ist eigentlich Karneval???). Die Tropen, die Huegel liegen hinter mir und die Landschaft ist wieder flach und weit. Hier wachsen die argentinischen Steaks! Und heiss ist es auch, denn der Regen ist wieder von mir gewichen und ich kaempfe mit Holz- und Viehtransporten, mit denen ich mir die schmale Strasse teile. Und mit den Fahrern der Ueberlandbusse, von denen ich ueberzeugt bin, dass es sich um verurteilte Moerder handelt, die dazu verurteilt sind, den Rest ihres Lebens geradeaus zu fahren - und davon weichen sie keinen Millimeter ab - auch nicht fuer einen Radfahrer. Also immer Augen und Ohren offen halten und jederzeit bereit sein, auf den Gruenstreifen zu fluechten...
Mein erster Ausflug mit dem Fahrrad an den Rand der Tropen liegt hinter mir mit dem Ergebnis, dass ich mich fuer einigermassen tropentauglich halte, auch wenn ich als Auslaufmodell kaum genug trinken kann, um den Fluessigkeitsverlust auszugleichen. Die langen Tage auf dem Fahrrad, ich fahre zz. ca. 9 - 10 Stunden pro Tag, haben mich zudem faul gemacht. Ich suche mir abends lieber ein Bett und ein Restaurant, statt mein Zelt aufzubauen und den Kochen anzuwerfen. Aber das bisschen Komfort ist nach dem roten Staub, dem Schweiss und der langen Strampelei mehr als verdient!
Bis zum naechsten Mal - mit Fotos - Joern

© Jörn Tietje, 2011
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Acht Wochen mit dem Rad durch Chile und Argentinien liegen nach 13 Monaten Urlaubsabstinenz vor mir. Ab Puerto Montt folge ich der Carreterra Austral Richtung Süden bis zu ihrem Ende in Villa O'Higgins. Von dort geht es durch die Weiten Argentiniens zur Peninsula Valdéz am Atlantik. Wenn die Zeit reicht, stehen die Wasserfälle von Iguazu auf der (Wunsch-)Reiseliste, bevor ich von Buenos Aires die Rückreise antreten werde. Ich lade euch herzlich ein, mich hier auf meiner Tour zu begleiten!
Details:
Aufbruch: 16.01.2011
Dauer: 8 Wochen
Heimkehr: 15.03.2011
Reiseziele: Chile
Argentinien
Der Autor
 
Jörn Tietje berichtet seit 15 Jahren auf umdiewelt.
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