Teil 2 - Pyrenäen 2012 (Katalonien/Aragon) - Spanien

Reisezeit: September / Oktober 2012  |  von Uschi Agboka

Es handelt sich um eine 42-tägige Tour von Niederbayern nach Frankreich, in die Auvergne, weiter in die französischen und spanischen Pyrenäen.

Sant Joan Abadesses-La Garrotxa-Ripoll

15. Tag-San Joan de Abadesses-Sant Salvador de Bianya-Santa Pau-Ripoll

16. September 2012 - Sonntag - 15. Tag
Campingplatz Moli Serradell, Cat. 3, Ctra Campdevanol a Gombren (Girona) - Spanien
Sant Joan de les Abadesses - Sant Salvador de Bianya -Santa Pau -
Naturpark Vulkangebiet La Garrotxa - Ripoll -
Santa Maria de Ripoll - Kirche Sant Pere
Fahrzeit: 8 Stunden - 213 km

Um 7.30 Uhr werden wir wach. Es sind schon die Hunde der Jäger zu hören, die sich sammeln. Unter den Bäumen ist es schattig, doch die Sonne lacht bereits vom Himmel. Dieser Campingplatz hat viele Dauercamper, die nur für das Wochenende von Barcelona kommen. Doch es ist sehr ruhig. Gegen 9.30 Uhr starten wir zu unserer ersten Tour hier. Im Tal wallen unheimlich die Nebel. In Ripoll scheint alles wie ausgestorben zu sein. Keine Bar, nichts offen.

Es geht weiter nach Sant Joan de les Abadesses. Das schöne Städtchen liegt im Tal des Rio Ter, auf 775 m Höhe und hat ca. 3.500 Einwohner. Dokumente erwähnen den Ort seit der Zeit, als die Mauren vertrieben wurden. Es gibt Hinweise darauf, dass sie bereits zuvor in den Jahren 717/718 hier ansässig waren. Der damalige Graf von Barcelona, Wilfried der Haarige (Guifré el Pelós), begann mit der Besiedlung des Tales und gründete um 880 ein Nonnenkloster, in das die Töchter der besten Familien des Landes einzogen. Seine Tochter Emma wurde die erste Äbtissin der Benediktinerabtei. Bis zum Jahr 1017 führten Äbtissinnen das Kloster. Dann wurden sie vom Papst des Aufruhrs beschuldigt und ausgewiesen.

Der nach der Abtei ("Sant Joan") benannte Ort bildete sich um das Kloster herum und bezog sich auch in seinem Namenszusatz darauf (abadesa = Äbtissin). Im 11. Jh. wurde die religiöse Gemeinschaft aufgelöst. Die Kirche des Klosters durchlebte mehrere Besitzerwechsel und diente kurzfristig als Kathedrale. Zu Ende des 16. Jh. wurde das Münster eine Stiftskirche. Nach den ersten Benediktinerinnen kamen Augustiner- und Benediktinermönche, die das Ansehen des Klosters wieder verbesserten. Sie legten Archive an, in denen die Lieder der Troubadoure enthalten sind, die die Kultur der damaligen Zeit dokumentieren. Teile der Klosteranlage und die romanische Kirche (12. Jh.) sind erhalten geblieben.

Das in Form eines lateinischen Kreuzes gebaute Gotteshaus beherbergt die Sklupturengruppe Santissim Misteri (13. Jh.), die als eine der bedeutendsten Werke katalanischer Schnitzkunst gilt. An die schlichte Kirche schließt sich der Kreuzgang (15. Jh.) an. Zu der Klosteranlage gehören auch die barocke Schmerzenskapelle sowie der Abtpalast. Im Klostermuseum, welches Rolf allein anschaut, zeigt Bildhauer- und Goldschmiedearbeiten. Ich interessiere mich mehr für die gotische Brücke, die mit einer Spannweite von 33 m als längste mittelalterliche Brücke ganz Spaniens galt. In Sant Joan findet heute nicht nur ein Fest statt, sondern auch ein Berglauf. Die Teilnehmer passieren die alte Brücke, in deren Nähe wir geparkt haben.

Wir kaufen Einiges im Supermarkt ein, dann in einer Patisserie. Wir müssen in dem herrlichen alten Laden (gegründet 1910) eine Nummer ziehen. Ein älterer Herr macht das für uns, wir haben das gar nicht gecheckt. Es gibt in diesem Geschäft und Cafe die köstlichsten Süßigkeiten, kleine feine Teilchen und Kuchen, Torten, alles richtige Kunstwerke. Da wir jedoch am Anfang der Tour heute sind, müssen wir verzichten.

Es geht weiter San Pau de Seguries, Colle Le Capsacosta, 984 m, Sant Salvadorde Bianya (Besichtigung der alten Kirche von außen), durch Olot nach Santa Pau, wir wollen den mittelalterlichen Ort, der von den meisten Touristen übersehen wird, anschauen.

Im Stadtkern findet sich ein historisches Haus neben dem anderen. Früher war Santa Pau Sitz eines Barons und von seiner Bedeutung zeugen die gut erhaltenen Stadtmauern und das Kastell (14. Jh.), welches allerdings nicht besichtigt werden kann. Ich finde das sehr schade, ich mag die alten Gemäuer. Besonders schön ist der arkadengesäumte Placa Mayor mit der gotischen Marien-Pfarrkirche aus dem 16. Jh. Dieses Zentrum, ein dreieckiger mit zahlreichen Bogengängen umsäumter Platz, ging aus dem mittelalterlichen Ochsenmarkt hervor, der hier stattfand. Wir machen Pause mit alkoholfreiem Bier und Wein, Kosten 3,70 €. Seit 1971 steht der schöne Ort unter Denkmalschutz.

Weiter durch den Naturpark Vulkangebiet La Garrotxa, das ist die bedeutendste Vulkanlandschaft der iberischen Halbinsel und zugleich eine der interessantesten Europas. 30 Vulkankegel, mehrere Explosionskrater und ca. 20 Basaltfelder machen die Einzigartigkeit des Gebietes aus. Ein überdurchschnittlich feuch-es Klima sorgt für eine üppige Vegetation. Zwar wurden hier Wolf und Reh Ende des 19. Jh. ausgerottet, doch die seltene Ginsterkatze, Steinmarder, Dachs, Wildschweine und Fischotter leben hier in Frieden. Schlangenadler, Habicht, Bunt- und Schwarzspecht sowie Wanderfalken sind ebenfalls, neben einigen Reptilien, hier Zuhause. Besonders schön sind auch die vielen verschiedenen Schmetterlingsarten, die hier überall herumfliegen.

Weiter, vorbei an Mieres, in eine kleine Seitenstraße bis zum Castell Falgons (12./13. Jh.). Leider geht die Straße dort nicht weiter, an ihrem Ende finden wir eine entsetzliche Hühnerfarm, Tierquäler sind das.

Schnell fahren wir zurück, über Banyoles, Girona - eine ziemlich hässliche Stadt - bis Olot. Kurz vorher biegt Rolf ab Richtung Vic. Wir passieren einige Tunnel, von 82 m Länge bis fast 5 km Länge. Weiter über Torello, Sant Quirze de Besora nach Ripoll, wo wir uns das Kloster ansehen wollen.

Auf unserer Fahrt heute haben wir einige sehr schöne Pferdegestüte gesehen, dazu unzählige Rinder- und Schafherden, alles in einer grandiosen Landschaft. Wir haben festgestellt, dass die Straßen in den spanischen Pyrenäen besser als in Frankreich sind. Die Toiletten in den kleinen Bars und Cafes sind immer sauber und schön, auch das im Gegensatz zu Frankreichs Cafe-Toiletten. Getränke und Essen sind wesentlich preisgünstiger als im Nachbarland.

Das Wetter heute ist herrlich, 24 Grad, ideal zum Motorrad fahren. Es ist 16.15 Uhr und Rolf genießt seinen Cafe con Leche, bei dem ich mich schütteln muss. Mein Espresso ist mir lieber.

Ripoll ist eine Stadt (ca. 11.000 Einwohner) in der Provinz Girona in Katalonien. Sie wurde am Zusammenfluss der Flüsse Ter und dessen Nebenfluss Freser gegründet. Der Ort entstand um "Santa Maria de Ripoll", eine ehemalige Benediktiner-Abtei aus dem 6. Jh. Das Kloster wurde nach der Zerstörung durch die Araber von Wilfried dem Haarigen um 880 zurück ins Leben gerufen. Er ist in der Kirche bestattet. Bis ins 15. Jh. blieb Santa Maria das kulturelle Zentrum Kataloniens. 1428 zerstörte ein Erdbeben Teile der Abtei, die danach im gotischen Stil wieder aufgebaut wurde. Im Inneren ist die Kirche recht dunkel. Die Fenster sind nicht aus Glas, sondern aus Alabaster. Die letzten Mönche verließen Anfang des 19. Jh. das Kloster und es wurde erneut zerstört. Aus kunsthistorischen Gründen begann man jedoch noch im selben Jahrhundert mit der Renovierung. Heute ist das Kloster berühmt für seine Buchmalerei.
Nur das Prunkstück der Basilika, das riesige Westportal aus dem 12. Jh., hat alles unbeschadet überstanden und präsentiert sie noch heute im originalen Zustand. Das Portal, 11,60 m Breite und 7,65 m Höhe, zählt zu den Meisterwerken katalanischer Bilderhauerkunst. Es erinnert stark an römische Triumphbögen. Die Vorderseite ist mit einem Relief aus dem 12. Jh. versehen. Es besteht aus 7 Ebenen. In der Mitte findet sich Christus als Weltherrscher, umgeben von den 4 Evangelisten. Zahlreiche mythologische Tiere stellen die Todsünden dar. Der Innenraum der romanischen Kirche ist sehr schlicht gehalten, doch der 2-stöckige Kreuzgang ist mehr als beachtenswert. Die untere Etage wurde nach 1180 begonnen und war Anfang des 14. Jh. vollendet. Die obere Etage stammt aus dem 15. und 16. Jh. Die schönen, korinthisch beeinflussten Kapitelle der Rundbögen zeigen Szenen aus der antiken Mythologie oder dem Alltagsleben.

Im 16. Jh. ließen sich in Ripoll die ersten Waffenfabrikanten nieder und so wurde die Stadt einer der führenden Orte der Waffenherstellung in ganz Europa. Neben dem Kloster ist auch die Kirche Sant Pere aus dem 12. Jh. hervorzuheben. Einige ihrer präromanischen Elemente sind im Völkerkundemuseum ausgestellt.

Während Rolf eine längere Besichtigung des Klosters vornimmt, schaue ich mir diese Kirche an. Um zu fotografieren trete ich einen Schritt zurück, ohne zu erkennen, dass ich auf einer schrägen Zufahrt stehe, die steil abfällt und durch einen Blumenkübel aus Metall verdeckt ist. Ein falscher Tritt ins Leere, ein starker Schmerz im rechten Knie, falle, kann nicht aufstehen, da das Bein wegknickt. Obwohl einige Leute vorbeilaufen und alles sehen, hilft keiner. Ich kann es nicht fassen. Nach einiger Zeit bin ich in der Lage, mich aufzurechten und mich in eine nahe Fensternische zu hocken. Ich kann nicht allein laufen, das Bein knickt immer weg. Rolf kommt von der Besichtigung und hilft mir humpelnd zum Motorrad. Nur mit Schmerzen kann ich aufsteigen, irgendwas stimmt mit dem Knie nicht. Gegen 17.30 Uhr erreichen wir unseren Campingplatz, nach 8 Stunden und 213 km - 50 km Umweg über Girona.

Wir haben leider von dieser Region keine Michelin-Karten. Die Marco Polo und andere Karten, die Rolf gekauft hat, taugen nicht viel, Straßen sind entweder in der Karte nicht enthalten oder falsch eingetragen. Ätzend. Ich verarzte zunächst mein Knie, einreiben und dann nehme ich einige Schmerzmittel. Zum Abendessen gibt es gebr. Zucchini, Schnitzel, Tomatensalat, Trauben, Brot und Rotwein. Um 20 Uhr wird es kühl, die Schafe kommen und wir verziehen uns in den Bus.

Katalonien ist eine von 17 autonomen Gemeinschaften Spaniens. Sie liegt im Nordosten der Iberischen Halbinsel zwischen der Mittelmeerküste und den Pyrenäen. Die Hauptstadt ist Barcelona. Die Einwohner heißen Katalanen. Amtssprachen sind Katalanisch und Spanisch sowie Aranesisch. Aufgrund geschichtlicher und kultureller Besonderheiten gilt die Region neben dem Baskenland und Galicien als eine der "historischen Autonomen Gemeinschaften". Sie umfasst 6,3 % der Fläche Spaniens (32.114 km²), hat etwa 7,2 Millionen Einwohner (15,9 %), ihr Pro-Kopf-Einkommen liegt 24 % über dem EU-Durchschnitt (Quelle: Wikipedia). Wer sich für die ausführliche Geschichte Kataloniens interessiert, schaue bitte in den Anhang. Dort habe ich eine Zusammenfassung von Wikipedia eingefügt.

© Uschi Agboka, 2012
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Die Reise
 
Details:
Aufbruch: 02.09.2012
Dauer: 6 Wochen
Heimkehr: 13.10.2012
Reiseziele: Spanien
Frankreich
Schweiz
Der Autor
 
Uschi Agboka berichtet seit 17 Jahren auf umdiewelt.
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