Teil 2 - Pyrenäen 2012 (Katalonien/Aragon) - Spanien

Reisezeit: September / Oktober 2012  |  von Uschi Agboka

Stausee Escales-El Pont de Suert-Vall de Boi

22. Tag - Escales- Vall de Boi - Barruera -Durro -Taüll -Boi -Caldes de Boi

23. September 2012 - Sonntag - 22. Tag
Campingplatz Alta Ribagorca, El Pont de Suert, Lleida (Spanien)
Stausee Escales - El Pont de Suert - Vall d Boi - Barruera - Kirche San Feliu -Durro - Kirche Santa Maria de la Nativitat - Taüll - Kirche Sant Climent - L'ULL - Kirche Santa Maria de Taüll - Boi - Stausee Calvallers - Caldes de Boi -
Fahrzeit: 7 Stunden - 107 km

In der Nacht höre ich wunderbare Trommelmusik und Gesang, ganz einmalig schön. Am Morgen erfahre ich, dass dies von einer Feier in einem nahen Restaurant kam. Es ist heute am Morgen nicht kalt, kein Wind geht, nur ein paar Wolken sind am Himmel zu sehen. Da Rolf annimmt, dass heute, Sonntag, viele Raser unterwegs sind, machen wir nur einen Ausflug ins Boi-Tal mit seinen vielen romanischen Kirchen.
Zunächst fahren wir am Stausee Escales vorbei, durch 13 kleine Tunnel und machen Halt in Sopeira, sehen uns ein altes Kloster, umgeben von Olivenbäumen, an - romanisches Kloster Santa Maria de Alaon.
Im Osten umgibt den Ort die Serra de Sant Gervas (1.352 m) und im Westen der Tallon d'Aulet (1.486 m).

Das Kloster Santa Maria de Alaon ist ein ursprünglich als Cluniazenserpriorat gegründetes ehemaliges Benediktinerkloster. Das auf eine westgotische Gründung zurückgehende Kloster Santa Maria de Alaon wurde um die Wende vom 11. zum 12. Jh. neu gestiftet und im frühen 12. Jh. in lombardisch-romanischem Stil erbaut. In der Desamortisation der Regierung Juan Álvarez Mendizábal wurde das Kloster 1836 geschlossen und anschließend verlassen. Im Jahr 1931 wurde es zum Nationalmonument erklärt. Im Spanischen Bürgerkrieg kam es zur Teilzerstörung durch Feuer. In der Folge wurde die Kirche restauriert.

Weiterer Halt an einer Staustufe, wo wir heute alles in Ruhe anschauen und fotografieren können. Die N 230 ist hier eine der Hauptverbindungen zwischen Spanien und Frankreich. Sie führt durch eine wunderschöne Landschaft.

Zurück in El Pont de Suert statten wir der kurios gestalteten Kirche einen Besuch ab. Sie ähnelt eher einem Ei als einer Kirche. Dieses avantgardistische Werk ist die Arbeit der Baukünstler Torroja und Rodri-guez Mijares und wurde 1955 erbaut. Die alte Kirche ist romanischen Ursprungs, wurde allerdings im 18. Jh. stark verändert. Der Ort auf 841 m Höhe wurde im Hochmittelalter gegründet und die Gebäude im his-torischen Kern sind typisch für die Pyrenäen. An der Placa del Mercadal befinden sich auf einer Seite ein Arkadengang und Schmuckelemente, die aus dem ehemaligen Kloster Santa Maria de Lavaix (im Stausee versenkt) stammen. Schön ist auch der Placa Mayor mit dem Rathaus aus dem 18. Jh. Die Fassaden der Herrenhäuser Ca de Jaumot und Ca del Segretari sind besonders sehenswert. Viele Straßen und Plätze ver-fügen über Arkaden, so wurde der Handel früher auch bei schlechtem Wetter nicht beeinträchtigt. El Pont de Suert, ca. 2.500 Einwohner, Hauptort der historischen Region Alta Ribagorca, ist ein Verkehrsknoten-punkt an der N 230 und gewann in den 50er Jahren enorm an Bedeutung durch den Ausbau der Wasserkraftwerke.

Wir verlassen El Pont de Suert und fahren ins Vall de Boi. In dem nur 25 km langen Gebirgseinschnitt finden sich viele hübsche Dörfer, eine Ski-Station, ein Thermalbad. Vom oberen Teil des Tales erreicht man sehr gut den Nationalpark Aigues Tortes. Doch seine Berühmtheit erlangte das Vall de Boi durch eine Ansammlung romanischer Kirchen, wahrscheinlich die schönsten der katalanischen Pyrenäen. Diese Bauten (11./12. Jh.) zeichnen sich durch architektonische Reinheit und einheitlichen Stil aus - sie werden alle der lombardischen Romanik zugeordnet. Die mehrstöckigen, meist quadratischen Glockentürme erinnern an Kirchen in Nord-Italien.

Im November 2000 wurde das Tal mit seinen neun frühromanischen Kirchen zum UNESCO-Weltkulturerbe ernannt: Sant Climent und Santa Maria in Taüll, Sant Feliu in Barruera, Sant Joan in Boí, Santa Eulalia in Erill la Vall, Santa Maria de l'Assumpcio de Cóll, Santa Maria de Cardet, La Nativitat de la Mare de Deu in Durro und die Einsiedelei von Sant Quirc in der Nähe Durros.

Unser erster Halt ist in Barruera, der Hauptort des Vall de Boi. Wir schauen uns die Kirche San Feliu am nahen Fluss an - UNESCO-Weltkulturerbe. Bei herrlichem Wetter geht es dann in das verträumteste Dorf des Tales - Durro. Die Kirche Santa Maria de la Nativitat mit dem mächtigen Glockenturm entstand im 12. Jh. und weist klassische Merkmale der Romanik auf. Auch sie UNESCO Weltkulturerbe. Mich fas-ziniert mal wieder der kleine Friedhof mit den alten Gräbern. Die Kirche ist - wie meistens in Spanien - geschlossen, so dass sie nur von außen zu bestaunen ist. Der Ort selbst ist sehr schön und viele Häuser sind gut restauriert, hier haben reiche Spanier ihre Zweitwohnung.

Wir besuchen nun Taüll, das schönste Dorf im Boi-Tal, auf 1.520 m Höhe. Am Ortseingang gleich die Kirche Sant Climent, die zu den perfektesten Bauwerken des Boi-Tales zählt und auf der Titelseite so mancher Kunstbände zu sehen ist - UNESCO Weltkulturerbe. Die 1123 eingeweihte Kirche beeindruckt besonders durch den sechsstöckigen Glockenturm.

Mich fasziniert, neben dieser prachtvollen Kirche, ein modernes Kunstwerk "L'ULL" - das Ei - der Künstlerin Oksana Mas. Diese Skulptur mit gemalten höl-zernen Eiern stellt das Auge des Pantokrator (= All-/Weltenherrscher) dar. Sie ist ein Geschenk der ukrainischen Künstlerin zur Feier des 10. Jahrestages zur Ernennung der 9 romanischen Kirchen des Boi-Tales als UNESCO Weltkulturerbe.

Wir fahren jetzt ins historische Zentrum von Taüll und schauen uns dort die Kirche Santa Maria de Taüll an - auch UNESCO Weltkulturerbe. Wir müssen durch eine Baustelle wandern, ehe wir die schöne Kirche erreichen. Sie ist - oh Wunder - offen und so können wir hinein-schauen. Die Kirche wurde am 11. Dezember 1123, einen Tag nach Sant Climent, geweiht. Im 18. Jh. wurde die Kirche renoviert und eine Kuppel hinzugefügt. Leider wurde diese, ebenso wie viele Umbauten und die alten Fresken, entfernt und ins MNAC nach Barcelona überführt. Der alte Ortskern um die Kirche wird gerade restauriert und ist wunderschön. Hier würde ich auch gerne wohnen.

Nachdem ich noch einem kleinen Laden einen Besuch abgestattet habe, fahren wir nach Boi, dem größten Dorf des Tales. Da es 14 Uhr ist, machen wir Pause, genehmigen uns 1 Bier und 1 Glas Wein, 3 €. Wir haben einen herrlichen Blick auf die Berge, auf den Straßen ist es ruhig - Siesta in Spanien. Es ist mal wieder eine typische Einheimischenkneippe mit einer super sauberen Toilette. Kurz vor 15 Uhr verlassen wir Boi und fahren weiter, auf einer engen schmalen Straße bis zu einem Info-Punkt. Rolf hält und ich denke, ich soll absteigen, aber ich habe Rolf falsch verstanden, fast fallen wir um. Doch es geht noch mal alles gut und wir fahren nun bis ans Ende des Tales, umgeben von 3.000 m hohen Bergen, zum Stausee Cavallers. Eine phantastische Landschaft, durchzogen von dem Fluss Rio Noguera de Tor. Hier ist auch wieder das Geläut von Kuhglocken zu hören. Die Rinder wandern hier frei umher. Rolf fährt allein bis hoch hinauf zum Stausee. Ich bin von dem Fastunfall geschockt und warte auf dem Parkplatz, erst geduldig, dann ungeduldig. Ich mache mir Sorgen, es dauert lange, bis Rolf zurückkommt. Wir müssen nun den engen Weg zurück. Ein PKW fährt vor uns her und bahnt uns den Weg, denn die enge kurvige Straße hat es in sich.

Wir kehren aus dem Hochgebirge zurück, halten in Caldes de Boi, einem Kurort, auf 1.500 m Höhe. Es ist die letzte Siedlung des Tales. Ältere Bauteile des Thermalkomplexes, wie beispielsweise eine Renaissance-Kapelle, weisen darauf hin, dass die 37 Mineralquellen mit Temperaturen zwischen 24 und 56 Grad schon seit langer Zeit für medizinische Zwecke genutzt werden. Wir machen einen Spaziergang durch die schönen Parkanlagen. Auch hier gefällt es uns sehr gut. Immer noch sind die Straßen etc. menschenleer - Siesta. Der Ausflug ins Boi Tal hat länger gedauert als Rolf gedacht hat. Doch die Schönheit dieser Hoch-gebirgslandschaft ist einmalig und sollte ausgekostet werden. Auch ein zweiter Besuch würde sich lohnen.

Gegen 17 Uhr sind wir zurück auf dem Campingplatz, nach 7 Stunden und 107 km. Das Wetter ist herrlich, warm und für die nächsten 2 Tage ist weiterhin gutes Wetter vorher gesagt. Heute Abend gibt es nochmals Huhn, Zucchini, Trauben, Salat, Brot und Weißwein. Eigentlich ernähren wir uns auf der Reise ähnlich wie Zuhause, ich versuche, alles direkt vom Erzeuger zu kaufen. Ein herrlicher Tag geht zu Ende und wir gehen schlafen.

© Uschi Agboka, 2012
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Es handelt sich um eine 42-tägige Tour von Niederbayern nach Frankreich, in die Auvergne, weiter in die französischen und spanischen Pyrenäen.
Details:
Aufbruch: 02.09.2012
Dauer: 6 Wochen
Heimkehr: 13.10.2012
Reiseziele: Spanien
Frankreich
Schweiz
Der Autor
 
Uschi Agboka berichtet seit 17 Jahren auf umdiewelt.
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