Kaninchen, Krätze, Kartoffeln: Kroatiens Landleben
Der Blick zurück und Zukunftspläne
Der Ausflug nach Pula hätte eigentlich eine Reise in die Vergangenheit werden sollen - hier war ich vor 19 Jahren zum Sprachkurs. Doch außer den Schiffskränen, dem allgegenwärtigen hämmernden "dong-dong-dong" (die Werft "Uljanik" war früher die zweitgrößte von Jugoslavien) und den Häusern am Stadtrand "aus der Zeit, in der es Arbeit für jeden gab, der arbeiten wollte" (Zitat Ljuba) erinnert kaum mehr etwas man das Pula von damals. Zwar bröckelt von diesen Gebäuden der Putz, und die rostigen Eisenzäune biegen sich in alle Richtungen. Aber es gibt eine Fußgängerzone, klimatisierte Cafés, und um die Arena herum herrscht so wenig Verkehr, dass man nicht mehr sein Leben riskiert, um zum Eingang des stattlichen Amphitheatern zu kommen. Entweder liegt es am Samstag, oder die Gegend wurde verkehrsberuhigt, ich weiß es nicht. Aber schön! Das Forum hat eine neue Pflasterung bekommen und sieht nun nicht mehr aus wie aus der Römerzeit ... Und während der schmutziggraue Festungsturm mit seinem verbeulten Blechdach damals wenig hermachte, erstrahlt er heute schwanenweiß mit glänzenden Fenstern, in denen sich die Sonne spiegelt.
Trotzdem bekomme ich meinen Blick zurück: Ich bestehe auf den Besuch einer etwas schmierigen Imbissbude am Hafen. Womöglich dieselbe, in der wir damals nach unserem Vollzeit-Kulturprogramm immer noch zum Biertrinken waren. Es war das einzige Etablissement gewesen, das noch nach 23 Uhr geöffnet hatte in der Zeit kurz nach dem Krieg um Kroatiens Unabhängigkeit mit eingeschränkten Ausgehmöglichkeiten. Tatsächlich hatte der Wirt seine Bude schon vor 1994, und er gibt mir bereitwillig Auskunft auf meine Fragen. Urban isst derweilen einen Hot-dog von zweifelhafter Qualität. Der Laden hat also seinen Ruf erfolgreich verteidigt. Wir sehen zu, wie die Parkwächter einem deutschen Auto Krallen anlegen. Die Parkgebühren sollte man sich wirklich nicht sparen. Ansonsten ernähren wir uns heute überwiegend von den schönen Eindrücken in Pula und geben nur Geld für Getränke aus, denn möglicherweise kommen größere Ausgaben auf mich zu ...
Ich hatte nämlich am Morgen ein Gespräch mit Ljuba. Wegen des Kaninchens. Sie will ihn eigentlich nicht rausrücken, weil sie ihn für die Zucht braucht und bietet mir eins der Kleinen an. Ich ihr einen guten Preis. Und als ich sage, dass ich sehr traurig war am Vorabend, meint sie, sie könne mir doch nichts abschlagen. Ich bitte sie, darüber nachzudenken, und auch wir wollten uns Gedanken über einen möglichen Transport machen.
Am Abend sitzen die großen Kaninchen zusammen. Die Karnickeline (ihr Ohr ist übrigens fast verheilt) beißt, schlägt aus und gibt klagende oder lockende (so genau kann man das nicht sagen) Töne von sich. Ljuba scheint also mein Angebot akzeptiert zu haben und sichert sich durch weiteren Nachwuchs ihren Wintervorrat an Kaninchenfleisch. Das kann ich nicht verhindern. Aber vielleicht dem Großen ein Leben mit frischem, gutem, regelmäßigem Futter, Zuwendung und Bewegung geben? Doch erst gilt es, über den Transport nachdenken. 10 bis 12 Stunden (zwar mit Pausen und Klimaanlage) sind kein Pappenstiel. Toni kramt derweil in der Scheune herum und präsentiert mir einen Vogelkäfig. Zum Transport. Ich muss sehr lachen und meine, darin könne man allenfalls ein Küken tragen, aber keinen Deutschen Riesenschecken von geschätzten viereinhalb Kilo. Er heißt nun offiziell Tonci, ein slovenischer Name, der auch ein wenig an Toni erinnert. Insgeheim nenne ich ihn auch Slobodan - der Freie - aber diesen serbischen Namen möchte ich hier nicht laut aussprechen.
Aufbruch: | 01.07.2013 |
Dauer: | 17 Tage |
Heimkehr: | 17.07.2013 |
Deutschland