Kirgistan - Kasachstan
Goldene Worte - Karzaman
Goldene Worte - Karzaman
Derselbe Fahrer, der uns von Kochkor zum Sammelplatz der Pferde gebracht hatte, steht an diesem Morgen mit dem Auto vor der Jurte, ein freundlicher älterer Mann. Nach einem Griesbrei-Frühstück umrunden wir noch ein Stück weit den See. Wegen des verhangenen Himmels ist die Sicht jedoch ungenügend. Im Nachhinein kann man sagen, dass er in seiner kühlen Pracht nur jenen kurzen Moment sichtbar war, als wir über den letzten Hügelkamm geritten kamen. Jetzt beherrschen andere Bilder die Szene. Nicht zuletzt die zahlreichen Herden, die an den Hängen weiden. Als Ziegen und Schafe einmal die Straße überqueren, fährt unser Chauffeur mit unverminderter Geschwindigkeit auf sie zu und verlässt sich darauf - was auch passiert -, dass alles Viehzeug panisch auseinanderstiebt und irgendwelche Rettungssprünge in letzter Not vollführt. Bei Pferden ist er merklich vorsichtiger. Das Auto quält sich über die Geröllpiste, jeder entgegenkommende Wagen hüllt uns in eine große Staubwolke. Die meisten Fahrzeuge, die hier verkehren, unseres mit eingeschlossen, scheinen ihres fortgeschrittenen Alters wegen inzwischen jenseits von Gut und Böse zu sein. Denkt man. Bis uns dann leider ein Reifen platzt. Die Luft hat sich bereits stark erwärmt, als der Fahrer das defekte Rad austauscht. Mit dem Ersatzreifen fährt er zurück ins nächste Dorf. Ein Passant zeigt ihm den Weg zu einer Werkstatt, die von außen betrachtet allerdings keinerlei Hinweis auf ihre Existenz gibt. Aber es ist eine, ein kleines Haus mit einem kleinen Fenster, weiter nichts. Es ist niemand da, aber als dann einer kommt und die Tür geöffnet wird, staunt man, dass zumindest alles vorhanden ist, um einen Reifen zu flicken, sogar eine Maschine, die ihn wieder auf die Felge zieht. Mit einer Stunde Verspätung wird die Fahrt nun fortgesetzt. Plötzlich ändert sich die Landschaft. Man könnte meinen irgendwo in den Alpen zu sein: schroffe Felsen, durchzogen von grünen Grasmatten und mit hohen, schlanken Bäumen bewachsen, ein silbernes Bächlein darf auch nicht fehlen. Plötzlich ein Stopp. Der Chauffeur deutet auf ein wenige Meter entferntes Murmeltier, das sich vor seiner Felshöhle aufgerichtet hat und uns beobachtet. Bald wird die Landschaft wieder eintöniger, bis nach einer Kurve sich plötzlich ein famoses Bergpanorama auftut. Von Karzaman, dem heutigen Ziel, sagt der Reiseführer, dass es förmlich darum bettle links liegen gelassen zu werden. Unsere Unterkunft, wieder ein B&B, ist soweit in Ordnung. Es gibt sogar eine heiße Dusche. Auch Kazarman ist weiträumig angelegt und der Hinweis unserer Wirtin, dass der Basar "gleich rechts vom Ende der Straße" zu finden sei, bedeutet mindestens einen Kilometer Fußweg. In einem Restaurant, dem einzigen, das wir in der kleinen Stadt entdecken, die wieder in viel Grün gehüllt und deshalb so hässlich gar nicht ist, gibt es leider nur fade Kost. Mit Laurence und Pierre schlendern wir anschließend noch durch einen Park. Ein martialisches Kriegerdenkmal wird dort von drei kleinen Mädchen bespielt, die an einem Flachrelief akrobatische Übungen machen. Unweit davon laute Musik, offenbar eine Veranstaltung. Wir nähern uns einer Halle, sind neugierig und werden von Leuten, die am Eingang stehen, sogleich hereingebeten. Es handelt sich zwar um eine geschlossene Gesellschaft, um, wie wir bald erfahren, die Jahresfeier der Metallurgen, die in einer in der Umgegegend gelegenen Goldmine beschäftigt sind. Einige der Männer, vermutlich sind es nur Ingenieure und Manager, stürzen sich sofort auf uns, um Gruppenfotos zu schießen. Wir lächeln in ein Dutzend Kameras und werden zu einem mit Früchten und Süßigkeiten beladenen Tisch gelotst. Jeder nennt uns seinen Namen, viele tragen Orden an ihren leichten Hemden. Ein DJ heizt die Stimmung an, es wird getanzt. Eigens für uns führen sie einen traditionellen Tanz vor, wenn auch zu elektronischen Rhythmen. Schließlich reicht mir jemand ein Mikrofon: Ich soll eine Rede halten. Nun ja, ich gebe mir Mühe. Einer, der Englisch spricht, übersetzt es und ich erhalte nach jeder Passage schallenden Beifall. Danach wieder Musik, Karin lässt sich auf die Tanzfläche ziehen, weitere Fotos werden gemacht und ständig werden Wodkagläser voll gegossen. Als wir uns nach vielleicht einer Dreiviertelstunde wieder verabschieden, sind alle die, die mich zu Anfang begrüßt haben, mehr oder weniger betrunken. Es ist nun finstere Nacht und schon elf Uhr, als wir in die Betten fallen.
Aufbruch: | 12.07.2014 |
Dauer: | 4 Wochen |
Heimkehr: | 08.08.2014 |
Kasachstan