OMAN - "12 und 1 Nacht"
13.02.2015 - IN DER WÜSTE
6:30 werde ich von irgendwelchen Lachtauben geweckt.
Beim Zähne putzen am Außenwaschbecken scheint die aufgehende Sonne über die Dünen geradewegs in den Spiegel. Es gibt ein leckeres Frühstück mit gutem Kaffee in großen!! Tassen.
Dann geht es auf zu einem kleinen Ausritt auf den "Wüstenschiffen". Anfänglich sehr komisch: da die Tiere aneinander gebunden sind, taucht ständig ein Kamelkopf neben dem rechten oder linken Oberschenkel auf...Manchmal sind sie mir sogar so nahe, dass es kurz vor "Bussi geben" ist. Meine Morgengymnastik beinhaltet nun Gleichgewichtsübungen auf dem schwankenden Tier mit gleichzeitigem Ausbalancieren von Fotoapparat und Action-Cam. Der kleine Ausritt dauert ca. 30 Minuten.
Die ganze Zeit habe ich den Song von America im Ohr "horse with no name": "I've been through the desert on a horse with no name. It felt good to be out of the rain."
(durch die Wüste auf einem Pferd - hier halt Kamel - ohne Namen. es fühlte sich gut an, dem Regen - oder auch Schnee? - entronnen zu sein)
Danach geht es für Frank und mich mit eigenem Fahrer ab in die Wüste. Ich habe das von Deutschland aus direkt im Nomadic Deser Camp gebucht. Der Tagesausflug kostet 120 OR für 2 Pers. mit eigenem Fahrer im Jeep inkl. Getränke und lunch.
Unser Fahrer heißt Sultan, er fragt, ob er uns arabische Namen geben darf. Ab jetzt heißt Frank Saiid und ich Yasmin. Wieder habe ich den o. g. Song im Kopf: "In the desert, you can't remember you name..." (in der Wüste kannst du dich nicht mehr an deinen Namen erinnern) - Na so lange mich Sultan nicht "Schatzi" nennt, ist alles gut.
Ab geht es, von Straße nicht mal mehr ansatzweise eine Spur. Ab und zu mal Spuren von Rädern anderer Fahrzeuge, aber nicht immer. Es geht hoch und runter, aber in Winkeln, die wir nicht für machbar halten. Vor allem bei steilen Dünen nach unten sieht es oft so aus, als würden wir mit der Frontscheibe direkt im Sand am Boden landen, aber trotzdem gelingt es Sultan immer wieder, den Wagen auch wieder in die Waagerechte zu bringen.
Manchmal fragt Sultan, ob wir Angst hätten, aber warum sollten wir: ich gehe davon aus, dass er das nicht zum ersten Mal macht. Wenn wir selber fahren würden, hätte ich Angst. Ich finde zwei Dinge faszinierend: zum Einen, wie Sultan das Fahrzeug beherrscht und den immer wieder unterschiedlich griffigen Boden richtig einschätzen kann, zum anderen sein Orientierungsvermögen. Schon nach den ersten Kilometern haben weder Frank noch ich noch irgendwelche Vorstellungen von Richtungen. Ich frage Sultan, woran er sich orientiere, vielleicht an der Sonne? Nein, antwortet er, er kenne einfach das Gebiet. Aha, so einfach ist das also....
Nur ein Mal bleiben wir stecken und Sultan bittet uns, auszusteigen. Jetzt darf Frank Krafttraining machen: er schiebt - ich kann leider nicht helfen - ich "muss" ja fotografieren
Sehr interessant auch eine Fahrt schier senkrecht ca. 50 m nach oben. Drei Anläufe mit Vollgas sind nötig, um über die Kuppe zu gelangen, aber "geht nicht, gibt's wohl nicht".
Ein kurzer Stopp wird bei einer Kamelgruppe eingelegt - das sind Kamele seines Onkels. Die Tiere laufen frei, es werden ihnen lediglich die Vorderbeine zusammen gebunden, so dass sie nicht so weit weg laufen, aber sie kommen immer wieder an die Stellen zurück, wo sie ihr Futter bekommen. Das Futter in der Wüste reicht nicht.
Um die Mittagszeit sind es nun 37 °. Sultan steuert eine Ebene an, in der vereinzelt Bäume stehen. Einer davon wird nun unser Rastplatz für ein Mittagessen in der Wüste. Wir legen einen großen Bastteppich, eine Matratze und zwei bunte Kissen unter den Baum. Sultan macht ein kleines Feuer aus ein paar trockenen Ästen.
Als erstes bekommen wir einen starken Kaffee, Datteln und Obst angeboten. Dann knetet Sultan einen Teig aus Mehl und Wasser, klopft ihn platt und legt ihn direkt auf die glühenden Äste - im Moment sieht es aus wie ein Pizzaboden, aber eben mitten im Feuer - ohne irgendwelche Unterlage. Frank's Blicke werden skeptisch, aber es wird noch besser: jetzt ist der Fladen durchgebacken, Sultan vergräbt ihn im Sand und schichtet die glühenden Äste wieder darüber. Jetzt kommt ein Topf zum Einsatz, den er auf das Feuer stellt.
Während alles vor sich hinkocht, setzt Sultan sich zu uns und beantwortet - so gut er mit wenig Englisch kann - geduldig unsere vielen Fragen. Ein interessantes Thema für dieses Aufeinandertreffen von arabischer und westlicher Welt: hier heiratet ein Mann "nur" vier Frauen. Diese Info entlockt Frank ein erstauntes: "und wie machen die das, ich find' nicht mal EINE....!?" Mich interessiert, ob die dann zusammen bleiben, bis ans Lebensende. Die Antwort: "ja, wenn sie was taugen, können sie bleiben, sonst müssen halt mal welche gehen und man(n) nimmt sich neue".... So langsam überlegt Frank, ob er einen dauerhaften Ortswechsel anstreben soll Ich versuche Sultan zu erklären, dass in Deutschland ein Mann nur eine Frau heiratet und wenn die nicht "funktioniert", dann ist es oft sehr teuer, sie wieder los zu werden. Sultan schüttelt entsetzt den Kopf.
Inzwischen ist das Essen fertig. Das Brot wird ausgegraben, die Asche abgeklopft. Dann wird es in eine Schale gebröckelt und nun kommt das Essen aus dem Topf zum Einsatz: Hühnchenteile mit Gemüse und Soße, lecker gewürzt. Alles wird über die Brotbrocken gegeben und dann sitzen wir zu dritt auf dem Boden um die Schale und essen. JA, alle mit den Fingern, JA alle aus der gleichen Schüssel. Komischer Gedanke, dies in Deutschland zu machen, aber hier wäre ein Campingtisch und Besteck schon irgendwie "too much" - so ist es einfach perfekt - authentisch und ein kleines Erlebnis zum Thema "geht doch". Kurz überlege ich, dass das daheim auch nicht schlecht wäre, spart jede Menge Abspülen
Nun ordnet unser Fahrer an "RELAX". Damit ist Frank sofort einverstanden und liegt innerhalb von wenigen Sekunden auf der Matratze. Sultan macht sich links von mir auf der Bastmatte lang, legt einen Zipfel vom Turban über das Gesicht und nach kurzer Zeit höre ich in der Stille der Wüste Schnarchgeräusche in Stereo - klingt arabisch und deutsch übrigens ähnlich.
SHUKRAN (danke) Sultan
Einen Tipp noch für alle meine Geschlechtsgenossinnen, deren Blasen auch nicht die Zeit von 10 bis 15 Uhr ohne Entleerung verkraften: es gibt keine public toilets, es gibt keine Büsche, keine Bäume und wenn ihr nicht mitten im Sand weithin sichtbar in die Hocke gehen wollt, gibt es zwei Gelegenheiten während der Tour: einmal verschwindet unser Fahrer hinter einer Düne während einem kurzen Stopp - ob er selbst mal muss oder zum beten geht - egal - und die zweite Gelegenheit ist der Mittagschlaf des Fahrers. Die Reifen des Jeeps sind groß genug, dass frau dahinter in der Hocke vor versehentlichen Blicken geschützt ist.
Gegen 15 Uhr sind wir wieder zurück im Camp und wir nutzen diese Zeit für eine Dusche! JETZT gibt es HEISSES Wasser - klar, weil die Sonne auf die Leitungen scheint. Super, da geht sogar Haare waschen.
Heute fahren wir auch mit, als die Jeeps auf die Dünen zum sunset-watching aufbrechen. Wir erklimmen eine hohe Düne - das ist Sport: zwei Schritte vorwärts steil nach oben, ein Schritt mit fallendem Sand wieder zurück.
Es lohnt sich: wunderschöne Farben, nochmal eine herrliche Aussicht über die unendlich anmutende Weite der Sanddünen, ein paar Tässchen Kaffee in der Dämmerung und dann ein "downhill-run" ....jipiiiiiiiiieh, hier kommt auch das Kind in der Frau hoch und die steile Düne, die mich einen 5-Minuten-Aufstieg gekostet hat, ist in 30 Sekunden "im Flug" bewältigt.
so nah habe ich bisher noch kein Kamel betrachtet und bin neidisch auf die hübschen langen Augenwimpern
"I've been through the desert on a horse with no name. It felt good to be out of the rain." (America)
"So you run and you run to catch up with the sun but it's sinking
Racing around to come up behind you again.
The sun is the same in a relative way but you're older,
shorter of breath and one day closer to death.
(Pink Floyd)
Aufbruch: | 07.02.2015 |
Dauer: | 14 Tage |
Heimkehr: | 20.02.2015 |