Weser-Elbe-Dreieck - ungefährlicher als das Bermudadreieck
die Oste - vom Bach bis zum Sperrwerk
"Die Osteregion war von etlichen Politikern und Touristik-Profis in den zuständigen vier ostefernen Kreisstädten lange Zeit vernachlässigt worden. Den Winsenern lag natürlich die Luhe näher, den Rotenburgem die Wümme. In Stade bewarb man lieber das Alte Land am Elbstrom, in Cuxhaven die Nordseebäder. Wenn man kurz nach der Jahrtausendwende das Wort "Oste" in die Suchmaschinen eingab, erfuhr man erstmal was über Osteoporose.
Skandalöse Formen nahm die Vernachlässigung dieser abgelegenen Region an, als der Landkreis Cuxhaven um 2000 im Begriff war, das in seinem Eigentum befindliche überragende Wahrzeichen des gesamten Ostelandes verrosten und verrotten zu lassen: die denkmalgeschützte Schwebefähre Osten - Hemmoor, den sogenannten Eiffelturm des Nordens." soweit der Bericht des 2004 gegründeten gemeinnützigen Vereins 'Arbeitsgemeinschaft Osteland'.
Bereits im Kapitel 'Kleinoden im Teufelsmoor' haben wir die Oste schon als kleinen Fluß kennengelernt. Nun folgen wir dem Fluß weiter Richtung Mündung in die Elbe und machen zuerst Station im Ort Oste an der Schwebefähre.
Heute quert die Schwebefähre Osten-Hemmoor die Oste seit über 100 Jahren. In gemächlichem Tempo trägt sie ihre Fahrgäste über den Fluss. Einzigartig in ihrer besonderen Bauart ist sie ein technisches Baudenkmal von nationaler Bedeutung.
Im Jahr ihrer Inbetriebnahme 1909 ist sie ein Muster moderner Stahlbauweise, wie sie der Welt erstmalig mit dem Eiffelturm in Paris präsentiert worden war. Vor allem aber ist sie ein Beispiel für die Verbindung von kaufmännischem Denken, bürgerlichem Wagemut und technischer Begeisterung. Zu dieser Zeit gibt es an der unteren Oste keine Brücken. Prahmfähren tragen die Last des Verkehrs. Ostens Kaufleute und Handwerker brauchen aber eine sichere Flussquerung, um ihre wirtschaftliche Vorrangstellung in der Region zu wahren. Aus der Verschmelzung von Sparsamkeit und technischen Anforderungen erwächst schließlich ein filigranes Wunderwerk. Jedes noch so große Segelschiff kann unter der Schwebefähre durchfahren. Winterwetter mit Eisgang auf der
Oste kann dem Verkehr nichts mehr anhaben. Heute öffnet eine Überfahrt mit der Schwebefähre ein Fenster in eine vergangene Zeit.
Im gegenüberliegenden Museum hat die o.g. Arbeitsgemeinschaft ein Museum eingerichtet, das in aller Ausführlichkeit Planung und Aufbau der Schwebefähre, aber auch die Geschichte ihres drohenden Untergangs (Verschrottung) und ihrer Rettung beschreibt. In der Welt gibt es nur acht solche oder ähnliche Schwebefähren, König Juan Carlos setzt sich als Schirmherr des Weltverbandes der Schwebefähren für ihren Erhalt ein.
Aber auch der Ort reizt zu einem Rundgang - zur Oste hin ist ein hoher Damm aufgeschüttet, die Häuser auf ihm haben alle zum Fluß hin Spuntwände, in die sie Holzplanken einsetzen können, wenn Hochwasser droht - und das scheint nach Auskunft eines Ortsbewohners regelmäßig einzutreten. Außerdem ist hier der Tidenhub der Nordsee schon deutlich zu spüren.
Direkt am Deich steht die stattliche Barockkirche St. Petri von 1748 im Angesicht des tide-abhängigen Osteflusses und genau an dem Platz, an dem auch die im 14. Jahrhundert gebaute Vorgängerkirche stand. St Petri ist mit einem hohen Westturm ungewöhnlich groß für eine Dorfkirche, denn Osten hat nur 2.000 Einwohner und ist Teil der Samtgemeinde Hemmoor im Landkreis Cuxhaven.
Beim Betreten der weiten und hellen Kirche mit seiner gewölbten und mit reichen Stuckaturen versehenen Decke zieht der monumentale Kanzelaltar im Osten alle Blicke auf sich. Noch heute ist die ursprüngliche barocke Gestaltung weitgehend erhalten. Typisch für die Ständegesellschaft des Barocks sind die Kabinette an der Seite, die sogenannten Priechen. In ihnen saßen die Bürger und die Gutsfamilien auf der Empore .getrennt" vom "einfachen Volk". Sie mussten dafür extra bezahlen. Die Priechen spiegeln noch heute den damaligen Reichtum der Gemeinde Osten wider. Einige besitzen noch die alte Verglasung.
Weiter geht es nach Neuhaus mit einem malerischen Ortskern - die Deichstraße mit der Bebauung direkt auf der Deichkrone, sowie die vielen kleinen und großen Brücken haben dem Flecken auch den Beinamen "Venedig des Nordens"eingebracht.
Zu den imposantesten Bauwerken zählt gleich am nordwestlichen Ortseingang von Neuhaus, der historische Kornspeicher am Schleusenplatz. Hierher brachten die Bauern, auch aus den umliegenden Ortschaften, ihr Getreide zum Lagern auf den geräumigen Böden, aber auch für den Abtransport per Schiff vom Neuhäuser Hafen aus.
Heute dient er u.a. als Heimatmuseum und Sitz des Tourismus Ostemündung e.V. Der dort sitzende Herr freut sich riesig über unseren Besuch und versorgt uns mit massenhaft Informationsmaterial. Wir kommen fast nicht mehr von ihm los, immer wieder hat er noch etwas zu präsentieren.
An den ehemaligen bedeutenden Behördensitz Neuhaus a. d. Oste erinnert das im Jahre 1896 im wilhelminischen Stil errichtete Amtsgericht. Es wurde mit zwei Richtern besetzt. Bis zum Jahre 1973 wurden hier Gerichtsurteile ausgesprochen. In dem geräumigen Gebäude befand sich auch das Gefängnis. Die Zellen wurden noch bis 1970 für kleinere und mittlere Strafen genutzt.
Die barocke evangelisch-lutherische Emmauskirche - aus Backsteinen erbaut - ist ein rechteckiger Saalbau, überspannt mit einem Mansarddach. Sie wurde 1729 eingeweiht. Die Eingangshalle besteht aus den Resten der Kapelle von 1621. Der Dachreiter kam 1729. Die Wände Kirchenschiffes sind in Rechteckfeldern mit Rundbogenfenster gegliedert.
Auf dem Weg nach Cuxhaven bleiben an den Ufern der Oste und folgen ihr bis zum Sperrwerk, das die Oste vor Sturmfluten schützt.
Das Bauwerk besteht aus fünf Öffnungen mit einer Breite von je 22 Metern. In den beiden rechten und linken Öffnungen wurden fast halbrunde schalenförmige Segmente mit einem Gewicht von 70 t eingebaut. Im mittleren Segment befindet sich die Hebebrücke.
Aufbruch: | 23.09.2014 |
Dauer: | 8 Tage |
Heimkehr: | 30.09.2014 |