Iran - mit dem Fahrrad im Orient
Kilometerfressen auf der Autobahn
Es ist immer ein Problem wenn man eine Reise mit einem absoluten Highlight wie Isfahan beginnt. Danach ist dann vieles, was für sich phantastisch ist, nicht mehr ganz so strahlend. So ist es mir zumindest mit Yazd gegangen. Nur zwei Nächte - also einen Tag - bin ich dort gewesen und das war zudem noch ein Freitag, an dem zwar nicht alles ruht, aber das Leben in der Stadt auf Sparflamme vor sich hinköchelt. Deswegen nur ein paar Bilder aus der Stadt...
Aber nicht alles, was wie Moschee aussieht, ist auch eine Moschee - das hier ist der Eingang zu eine Basar- und Geschäftsbereich
Riesige Holzgestelle stehen überall in der Stadt herum, die zu Prozessionen mit Tüchern bespannt durch den Ort getragen werden.
Es gibt so viel zu lernen - auch dass arabische Zahlen in arabischer Schrift anders aussehen als unsere (das hier ist eine 50 - Zahlen von links nach rechts, Schrift von rechts nach links...)
Wer klopft denn da? Geschlechtertrennung bis hin zum Türklopfer - links für Männer, rechts für Frauen. Der Klang macht den Unterschied
Aber eine Stadt, die Radfahrern (und ich hoffe es sind nicht die Straßenfeger gemeint) ein Denkmal setzt, muss einem doch einfach sympatisch sein
Auf dem Weg nach Shiraz
Nach einem Ruhetag mit Stadtrundgang und gutem Essen verabschiede ich mich von Yazd und mache mich auf den langen Weg nach Shiraz, der nächsten Millionenstadt auf meinem Weg. 470km Autobahn liegen vor mir ohne nennenswerte Höhepunkte, die die Motivation bisschen hochziehen könnten. Im Gegenteil. Die ersten 72km aus der Stadt ziehen sich endlos und steigen ständig immer weiter an. Dann ist endlich eine Passhöhe erreicht und ich kann noch ein bisschen das Rad laufen lassen und ein paar Kilometer gut machen. Die Straße ist gut ausgebaut und die Autofahrer sind sehr rücksichtsvoll. Mein einziges Problem: Ich bräuchte eine dritte Hand, um all den freundlichen Menschen zurückzugrüßen.
Nik hatte mir den Tipp mit auf den Weg gegeben, ich könne auch beim Roten Halbmond übernachten, der überall im Land Rettungsstationen eingerichtet hat. Falsch. In der Dämmerung finde ich an der Strecke so eine Station, werde aber abgewiesen. Die nächste Stadt ist zwar nicht mehr weit, aber ich habe keine Lust in der Dunkelheit auf der Autobahn zu fahren oder in einer fremden Stadt eine Unterkunft zu suchen. Wasser habe ich genug dabei, also schlage ich mein Zelt etwas abseits der Piste auf.
Glück gehabt - nach einer völlig vegetationslosen Wüstenstrecke gibt dieser Busch ein wenig Schutz - wogegen eigentlich? Jedenfalls schläft man hervorragend auf dem Wüstensand. Wenn nur nicht der allgegenwärtige Staub wäre.
Auch der nächste Tag bringt nicht so viel Abwechslung. Jedenfalls ist der Verkehr nicht so dicht und die Richtungsfahrbahnen liegen teilweise mehrere hundert Mter auseinander
Nächte in der Wüste im Zelt sind nicht das Schlechteste. Hauptsache man hat genug Wasser mitgenommen und auch Verpflegung in der Satteltasche. Hier hat man jedenfalls seine kleine Welt für sich. Privatsphäre ist hier sonst nicht immer vorhanden. In den Orten auf der Strecke bekommt man auch alles, was man zum Leben braucht. Je näher ich Shiraz komme, desto mehr ändert sich die Landschaft. Die Wüste wird mehr und mehr von landwirtschaftlichen Flächen abgelöst und schließlich fahre ich durch eine fruchtbare Ebene, in der es offenbar nicht an Wasser mangelt. Und es ist Erntezeit und es gibt alles im Überfluss.
Täglich lade ich mir reichlich frisches Obst in die Taschen - gegen alle üblichen Ratschläge und Warnungen esse ich es ungewaschen und ungeschält - bisher ohne Probleme. Das soll auch gern so bleiben
Jetzt wird mir auch noch einmal deutlich, wie angenehm das Fahren in der Wüste ist. Unterkünfte gibt es hier auch nicht - oder ich finde sie nicht, aber es ist ungleich schwerer einen ungestörten Zeltplatz zu finden. Am Rande eines Tomatenfeldes und einer Granatapfelplantage denke ich, die Nacht ungestört verbringen zu können. Und welch ein Luxus: Aus einem dicken Bewässerungsschlauch sprudelt reichlich kühles Wasser und nach drei Tagen auf dem Rad ist ausgiebige Körperpflege angesagt. Das tut gut! Und dann kommt doch der unerwartete Besuch. Ich habe keine Idee was der Mann mir sagen will. Auf keinen Fall ist er unfreundlich oder will mich vertreiben. Aber für alle, die einmal mit Menschen zu tun haben, die kein Wort von dem verstehen, was man sagt, hier ein Tipp: Es hat keinen Sinn, dieselben Worte wieder und wieder aufzusagen. Das Verstehen wird dadurch überhaupt nicht besser. Und selbstkritisch dazu: Es hat auch keinen Sinn, in allen möglich Sprachfetzen, die einem so einfallen, zu antworten, dass man nichts versteht. Insbesondere das Plattdeutsche hat hier eine sehr geringe Erfolgsausicht - zugegeben. Obwohl, bei aggressiven Hunden hat sich gerade dies bestens bewährt. Man muss nur laut genug ein Stück aggressiver als die Hunde wirken. Zur Unterstützung noch einen Stein aufheben und den Hunden entgegengehen und schon sind alle Verständigungsprobleme überwunden. Bei meinem nächtlichen Besucher hat das nicht so schnell geklappt. Aber irgendwann bin ich dann wieder allein und habe meine Ruhe.
Kulturtrip
Ich bin in der Provinz Fars angekommen. Persisches Kernland und hier liegt sehr viel sehr alte Geschichte links und rechts am Wegesrand. Zuerst fahre ich an der Abfahrt nach Pasagardae vorbei - UNESCO-Weltkulturerbe - wie auch anders. Ich erspare mir aber den Umweg. Es kommt ja noch mehr. Die Reliefs und Grabmahle von Naqsh-e Rostam lasse ich aber nicht aus. Mehr als 2500 Jahre alt und beeindrucken auch noch heute (Interessierte dürfen die Einzelheiten gern bei Wikipedia oder sonstwo nachlesen...)
sehr detailreiche Reliefs, die die Geschichte illustrieren und dreisprachig in Kleinschrift beschreiben (was war zu dieser Zeit eigentlich gerade bei uns so los?)
Nur einen Katzensprung entfernt kommt das absolute MUSS, wenn man hier in der Gegend unterwegs ist, selbst wenn man die geschichtlichen Details nicht bis ins Einzelne weiß oder auch wissen will: Persopolis, die Hauptstadt des persischen Weltreichs vor 2500 Jahren. Auch hier lasse ich einfach ein paar Bilder sprechen.
Vor allem sind es aber die unglaublich fein und detailreichen Reliefs, die die Wände schmücken und so hervorragend die Jahrtausende überstanden haben
Genug der Kultur. Ich bin in Shiraz angekommen, habe mich in einem kleinen Hotel eingemietet und werde die Stadt jetzt zwei Tage besichtigen und mich von 470 Autobahnkilometern und Unmengen verruster Abgabe der Uralt-LKW erholen. Dann kehre ich der Autobahn den Rücken und fahren überwiegend auf Nebenstrecken Richtung Norden.
Vielen Dank noch mal für die vielen lieben Rückmeldungen - und bleibt mir gewogen...
Aufbruch: | 19.09.2015 |
Dauer: | 8 Wochen |
Heimkehr: | 10.11.2015 |