Der Wilde Westen - Roadtrip an der Westküste der USA

Reisezeit: März / April 2013  |  von Tatjana F.

Las Vegas

Als es endlich dunkel war machten wir uns endgültig auf den Weg nach Las Vegas. Minutenlang fuhren wir durch pechschwarze Nacht, die Interstate führte uns dann einen kleinen Hügel hoch – und plötzlich sahen wir es – vor uns tat sich ein unvorstellbares Lichtermeer mitten im Niemandsland auf, der absolute Wahnsinn! Den Strip, den Stratospheretower oder den Laserstrahl der Luxorpyramide konnte man bereits von hier deutlich erkennen. Aufgeregt checkten wir in unserem letzten Hotel für diese Reise ein. Obwohl wir von dem anstrengenden Wandertag doch sehr geschlaucht waren zogen wir noch einmal los auf den berühmten Strip. Dieser erschlägt einen im ersten Moment, nach tagelanger Wüsten-Stille, völlig! Alles ist rießig groß, alles glitzert, alles blinkt, tausende Menschen schieben sich durch die labyrinthartigen Megahotels, es ist furchtbar laut, von überall dröhnt Musik aus den Boxen. Wir verschaffen uns einen ersten Eindruck vom Strip und vom MGM Grand. Hunderte Automaten reihen sich hier aneinander, es gibt unzählige Blackjack und Roulettetische, abgesperrte High-Roller-Zonen, Separees für die Pokerturniere, Fernsehbildschirme für die Sportwetten. Getränke bekam man gegen ein kleines Trinkgeld sogar umsonst, nur der starke Raumsprayduft, mit dem man wohl gegen den Zigarettenqualm ankämpfen wollte, störte etwas. Schon absurd, wie viele Menschen hier, ob alt oder jung, ihr Geld verzockten, viele schoben ohne mit der Wimper zu zucken 100$ Noten in die Automaten hinein. Gegen Mitternacht fielen wir völlig geschafft und totmüde in unsere Betten.

Gleich um 08:00 Uhr morgens zogen wir zu Fuß los um den Strip zu erkunden (und wussten noch nicht, dass wir erst 16 Stunden später wieder zurückkommen sollten ). Das Wetter war super, strahlender Sonnenschein vom blauen Himmel. Bei Dennys nahmen wir zuerst ein anständiges Frühstück zu uns und freuten uns sehr, dass man sogar bei heißer Schokolade gratis Refills bekam, Wasser kostenfrei war und wir kleine Kaffeestückchen aufs Haus bekamen weil wir ein wenig auf unser Essen warten mussten – super Service für eine Schnellrestaurantkette! Anständig gestärkt stellten wir uns pünktlich zur Öffnung bei Tix4tonight an, ein Laden, der für die Hälfte des ursprünglichen Preises Tickets für die abendlichen Shows und Buffetrestaurants verkauft. Hier bekamen wir auch genau das was wir wollten – Karten für David Copperfield und Buffetgutscheine für das Monte Carlo (was wir nicht wussten war, dass 2 Personen mit einem Ticket essen konnten, sonst hätten wir keine 2 Tickets gekauft. War aber im Nachhinein nicht tragisch da sich definitiv beide Besuche sehr gelohnt haben!). Danach liefen wir den kompletten Strip bis zu den beiden Wynn Hotels auf der linken Straßenseite hoch und auf der rechten Seite zurück und besichtigten dabei jedes Hotel. Das New York New York mit Skyline, Freiheitsstatue und Achterbahn, die Springbrunnen und Figuren vor dem Monte Carlo, die hohen Glastürme des Arias und Cosmopolitans, das Paris mit Arc de Triumph und Eifelturm in welchem es sogar das Eifelturmrestaurant wie im Original gab (im Inneren des Hotels sah man die Füße des Eifelturms durch die Decken brechen und es kam einem so vor, als wäre es Nacht und man wäre Draußen, man konnte in die beleuchteten Fenster der künstlichen Hausfassaden hineinschauen), die Wasserspiele vor dem Bellagio mit der Glasblumendeko an der Decke der Lobby, die Tropenlobby des Mirage mit dem Schmetterlingshaus und einem künstlichen Vulkan vor dem Eingang, der abends zu jeder vollen Stunde ausbrach. Das Ceasars ist unvorstellbar groß, in der hoteleigenen Einkaufspromenade gibt es über 160 Shops, am Kunsthimmel wird innerhalb von einer Stunde ein ganzer Tag simuliert, von der Morgendämmerung bis zum Abendrot. Wir lachten uns schlapp als wir Orte aus den Hangover-Filmen wiedererkannten. Hier verzockten wir auch die ersten Dollar an den Automaten. In der Lobby faszinierten vor allem die großen Salzwasseraquarien, draußen der Trevi-Brunnen. Hier hatten wir ein lustiges Erlebnis: ein offensichtlich völlig verrückter Kerl kam am helllichten Tag unvermittelt angerannt, stürzte sich in den Brunnen, raffte so schnell er konnte die auf dem Boden liegenden Münzen zusammen und rannte davon – was für ein Freak . Vor dem Treasure Island bestaunten wir die Wasserlagunen mit dem großen Piratenschiff (die allabendliche Seeschlachtshow „Sirens of Ti“ sahen wir 2 Tage später nur kurz im Vorbeifahren) bevor es am gold-glitzernden Trump-Tower vorbei zu den beiden Wynn Hotels ging. Diesen sah man wirklich an, dass es sich hierbei um die teuersten Hotels in Vegas handelte, alles war eher schick anstatt so trashig wie in den anderen Themenhotels. Tausende echte Blüten waren zu kunstvollen Gebinden unter der Decke drapiert, vor dem Eingang rauschten Wasserfälle. Besonders beeindruckend war auch das Venetian, wo es im zweiten Stock einen 400m langen künstlichen Canal Grande mit echten Gondolieren und Fakehimmel sowie mehreren Boutiquen gab – der absolute Hammer. Man lief über Kopfsteinpflaster, um einen herum standen kunstvolle Hausfassaden – kaum zu glauben das man sich im zweiten Stock eines Hotels befand. In der „Somewhere 5 o´clock Bar“ im Margaritaville des Flamingo Hotels machten wir eine kurze Pause und genossen einen kühlen Drink auf der Terrasse in der Sonne. Zuvor wunderten wir uns noch kurz über die teilweise unsinnigen Gesetze in den USA: als wir ankamen und uns rein an den Tresen setzten um nach der Karte zu fragen, verlangte man unsere Ausweise. Wir teilten dem Kellner mit, dass wir keinen Alkohol bestellen wollten, mussten unsere Ausweise (und zwar die Reisepässe, Personalausweis genügte nicht) trotzdem zeigen, ansonsten hätten wir gar nicht an der Bar sitzen dürfen… Weiter ging unsere Tour vorbei am Hardrockcafé mit einer rießigen Gitarre am Eingang, dem Harrah´s, dem Harley Davidson Pub aus dem ein übergroßes Motorrad hinaus schoss, verschiedenen Luxuskaufhäusern, rießigen Einkaufspassagen, einem überdimensionalen Coca Cola Shop und einem M&M Megastore. In einem Souvenirshop holten wir uns eine kleine Pizza to go und spielten noch ein wenig an den Automaten des MGM Grand, wo Tatj sogar mal eine kleine Glückssträhne hatte – insgesamt haben wir bislang erst 4$ verloren. Dann ging es direkt weiter zu David Copperfield. Die Show war super spannend, Copperfield zersägte sich unter anderem selbst, lies Papier schweben, faltete aus einem Stück Papier einen echten Schmetterling, zauberte ein Auto auf Stahlpfeilern auf die Bühne und erriet die Gedanken von Gästen, die sich später in vorher abgeschickten Emails oder auf Autokennzeichen wiederfanden. Das Ganze war so gestaltet, dass es für uns wirklich so aussah, als würde er seine Helfer nach dem Zufallsprinzip auswählen, er warf beispielsweise mit dem Rücken zum Publikum einen Gegenstand in die Menge, derjenige, der es gefangen hatte musste es wieder über seine Schulter weiter werfen und erst der nächste Fänger wurde ausgewählt. Wirklich alles schwer beeindruckend! Zum Finale warf Copperfield viele Wasserbälle ins Publikum, die immer weiter geworfen werden mussten, bis die Musik ausging. Einer unserer beiden Tischnachbarn (ein netter junger Kerl aus den USA) hatte einen Ball gefangen. Alle 13 Leute mussten nun auf die Bühne kommen und sich in zwei Stuhlreihen setzen. Sie bekamen Taschenlampen mit denen sie wedeln mussten, dann wurde ein schwarzes Tuch über sie gelegt, sodass wir nur noch den Schein der Taschenlampen sahen. Unser Tischnachbar wurde sogar gebeten seinen Arm am Rand unter dem Tuch herauszustrecken. Dann murmelte Copperfield etwas vor sich hin, es tat einen lauten Rums, das Tuch wurde entfernt und plötzlich war die Bühne leer und alle 13 Personen standen mit ihren blinkenden Taschenlampen hinter uns am anderen Ende des Saals! Wir wollten natürlich erfahren wie das funktioniert hat und warteten an unserem Tisch auf unseren Platznachbarn. Nach einer Weile wurde jedoch ausgerufen, dass man gar nicht warten brauchte, die Leute wurden erst wieder zurückgelassen wenn der Saal leer war. Schade, aber auch verständlich, die Illusion soll ja weiterleben. Wir spazierten zum zweiten Mal an diesem Tag den Strip hoch, mittlerweile war extrem viel los, viele Anquatscher liefen umher um einen in irgendwelche Clubs zu locken und vor allem die Mexikaner mit ihren klicksenden Pornokärtchen gingen einem langsam ganz schön auf den Zeiger. Zwischendurch sahen wir auch hier wieder sehr viele Obdachlose und Tagelöhner und fühlten uns unwillkürlich an Los Angeles erinnert. Vor dem Ceasers sahen wir ein wirklich super gemachtes Alan-Double aus Hangover, mit welchem Jan sich fotografieren lies. Anschließend bestaunten wir die unglaublich schönen Bellagio Fontainen. 1.200 extrem starke Wasserdüsen und 5.000 Scheinwerfer tanzen computergesteuert zu klassischen Arien und moderner Musik. Die Fontainen spritzen bis zu 152 m hoch – wirklich toll. Plötzlich hörte Tatj, dass Jan sich mit jemandem unterhielt. Nanu, wir kennen hier doch niemanden? Als sie sich umdrehte konnte sie es kaum glauben – Jan hatte unseren Tischnachbarn aus der Copperfieldshow wieder getroffen und quetschte ihn natürlich sofort aus, wie denn der Trick funktioniert hatte. Viel sagen konnte er uns allerdings nicht – er hatte selbst nur ein Ruckeln und einen lauten Rums gehört, dann war es um ihn herum schwarz und schon hat er vor der Tür in den Saal hinter uns gestanden. Nicht schlecht . Im Supermarkt holten wir uns noch eine Kleinigkeit zu Essen und liefen dann fix und fertig nach 16 Stunden und fast 20 gelaufenen Kilometern zurück an unser Hotel.

Früh am Morgen waren wir wieder auf den Beinen und brachen mit unserem Cabrio zu einer letzten großen Tagestour auf. Erster Stop war am Stadteingang von Vegas am berühmten Vegas Sign. Das 1959 von Betty Willis entworfene "Welcome to Fabulous Las Vegas" Schild steht am südlichen Ende des Strip, kurz hinter dem Hotel Mandalay Bay. Täglich lassen sich hunderte Touristen vor diesem Schild fotografieren (auf dessen Rückseite übrigens "Drive Carefully, Come Back Soon" steht). Wir hätten uns aus diesem Grund zwar denken können, dass es recht touristisch aufgemacht ist, aber dass es sooo touristisch organisiert ist hätten wir dann doch nicht gedacht. Der Weg zum Schild war ausgeschildert, es gab einen Besucherparkplatz mit Mülleimern, eine eingezeichnete Schlange zum Anstehen. Ein Elvisdouble und eine Profifotografin standen bereit. Auch wir knippsten 1, 2 schnelle Bilder und fuhren dann weiter ins Death Valley. Unterwegs frühstückten wir noch bei Subway, wo eine nette Verkäuferin Tatj eine Biene auf ihre Subtüte malte .

© Tatjana F., 2015
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Nachdem wir vor einigen Monaten im Süden der USA am Land der unbegrenzten Möglichkeiten Blut geleckt hatten, sollte es nun an die Westküste gehen. Leider bekamen wir nicht alle Wunschziele in den 2.5 Wochen unter und beschränkten uns somit erstmal auf den südlichen Teil der Küste. Auf den nördlichen Teil freuen wir uns allerdings schon jetzt :-).
Details:
Aufbruch: 29.03.2013
Dauer: 17 Tage
Heimkehr: 14.04.2013
Reiseziele: Vereinigte Staaten
Der Autor
 
Tatjana F. berichtet seit 9 Jahren auf umdiewelt.
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