Mittelamerika und Kolumbien 2015
Guatemala IV
Am nächsten Morgen ging es in aller Frühe los in Richtung Xela. Diese kleine Stadt hatte mir eine Australierin empfohlen, weil man dort, abseits der Touristenströme, in Ruhe Spanisch lernen könne. Als ich in Xela ankam, dauerte es im Hostel auch keine zehn Minuten, bis mich Paula, die Chefin einer der im Ort zahlreich vorhandenen Spanischschulen ansprach. Mit ihr bin ich dann kurz zur Schule marschiert, alles sah sehr nett aus und so vereinbarte ich mit ihr fünf Tage Spanischunterricht inklusive Homestay bei einer lokalen Familie für (genau weiß ich den Preis nicht mehr) etwa 150 US.
Am nächsten Morgen wurde mir auch gleich eine ausgemacht hübsche, junge Lehrerin zugewiesen, was mich mit Blick auf die nächsten 25 Stunden Einzelunterricht freudig stimmte. Ich weiß nicht, wie es meinen Lesern geht, aber ich schaue halt einfach gerne in ein hübsches Gesicht, wenn ich jemandem tagelang gegenüber sitze. Der Unterricht ließ sich auch recht vielversprechend an. In erster Linie lernte ich die wichtigsten unregelmäßigen Verben, lernte ihre Konjugation und die Anwendung in einfachen Sätzen. Währenddessen saßen wir immer schön im Garten der Schule, der Kaffee ging aufs Haus und auch das Rauchen verbot mir meine Lehrerin nicht. Ich habe mich mit ihr immer sehr gut verstanden, ab und zu verarschte sie mich auch und so war ich am Ende der Woche schon traurig, als ich wieder gehen musste. Ich musste natürlich nicht, aber das, was ich wollte, ein paar spanische Basics zu lernen, hatte ich nach einer Woche geschafft. Ich konnte nach dem Bus fragen, mich informieren, was das Essen kostet, ob es kaltes Bier gibt und ob noch ein Zimmer frei ist. Wenn ich später ein spanisches Wort nicht wusste, habe ich einfach das entsprechende englische Wort genommen (Englisch ist ja genau genommen nur eine Mischung aus einer anständigen Portion Latein, etwas Deutsch sowie Französisch) und es Spanisch ausgesprochen. Am Ende der Woche kam ich nicht drum herum, mich auf Spanisch vor der ganzen Gruppe zu verabschieden und ließ es mir dabei auch nicht nehmen, noch einmal zu erwähnen, wie hübsch meine Lehrerin war ("mi maestra bonita"). Noch mitten in meiner kurzen Ansprache erschollen schon die Rufe "besos, besos", sodass ich allen Damen auch noch ein Küsschen geben musste. Wie so oft hatte ich auch hier bei der lokalen Weiblichkeit einen Schlag . Am letzten Tag hatte ein Kamerad von mir Geburtstag, sodass ich auch noch Zeuge einer klassischen Piñata wurde. Dabei wird eine mit Bonbons gefüllte Comicfigur (die Piñata - in unserem Fall Bart Simpson) an einer Leine aufgehangen, dem Jubilar werden die Augen verbunden und mit einem Stock in der Hand muss er versuchen, das Ding so zu zerschlagen, dass alle Bonbons rausfallen. Dabei wird das Ding an der Leine hin- und hergezogen, sodass man zur Freude aller öfter mal ins Leere haut, bis man es endlich trifft.
Den Geburtstag des Kameraden aus Neuseeland haben wir mit einer Gruppe anderer Reisender Bier trinkend vor dem Hostel sitzend gefeiert, gequatscht und etwas geraucht. Es war einfach ein super Abend, den ich mit zu meinen besten zähle auf dieser Reise.
Häufiges Bild in Guatemala: Security mit Pumpguns (vor Banken, Tankstellen, aber auch zum Schutz vor Räubern auf dem Beifahrersitz von LKWs).
In Xela hatte ich auch zum ersten Mal Ceviche gegessen, einer Spezialität, von der ich komischerweise zuvor noch nie gehört habe. Sie stammt aus Peru, wird aber in ganz Central (und, so ist zu vermuten, auch in Südamerika) verkauft. Dabei handelt es sich um gewürfeltes Seafood (Fisch, Schnecken, Tintenfische), das mit einer Sauce aus Limone, Tabasco und ein wenig Ketchup übergossen wird. Die Frische und Textur der unterschiedlichen Sachen ist einfach gigantisch. Leider haben sie es hier in Xela mit der Limone deutlich übertrieben, was dem Genuss eines großen Bechers Ceviche eher abträglich war. Meinen Verdacht, dass man dieses Gericht durch weniger Limone noch verfeinern könnte, fand ich Monate später auf dem Fischmarkt in Panama City bestätigt.
Mein homestay war etwas gemischt. Das Zimmer war prima, keine Frage. Leider war es aber keine lokale Familie, sondern eine ältere Dame, die zwei ältere Söhne (oder Pflegekinder) hatte, die halt auch ihr eigenes Leben hatten, sodass ich mit denen nicht allzuviel zu tun hatte. Nett waren aber beide. Mithin saß ich meistens in der Küche bei der älteren Dame, die mich, getreu ihres Auftrages, ausschließlich auf Spanisch besprach. Am Anfang habe ich wenig verstanden und die Gespräche waren für mich deshalb eher ernüchternd, zum Ende hin ging es etwas besser. Die alte Dame hatte ein Herz für Hunde, sodass sie in einem Verschlag immer eine Handvoll Straßenköter hielt, zusätzlich zu ihren eigenen zwei Hunden. Diese Hunde hatten in dem großzügigen Haus (einstöckig aber weiträumig und zwei hintereinander liegende Höfe) sogar ihr eigenes Zimmer. In dem Zimmer lag ein altes Sofa, auf dem sie schliefen, in das man sich aber, wenn einem der Sinn danach stand, auch gut und gerne mal anständig verbeißen und dran zerren konnte. Wenn die Jungs Durst hatten, steckten sie einfach den Kopf in die Toilette auf dem Hof und schlabberten. Gerne haben sie auch - Gassigehen kennt man dort nicht - auf den Hof geschissen, was dann die arme Maid wegmachen musste. Die Maid war ausweislich Kleidung und der etwas dunkleren Hautfarbe Angehörige des Maya-Volkes und eine ausgemacht liebe Person. Ihre Aufgaben waren wohl Kochen, Saubermachen und Abwaschen. Immer fragte sie mich lieb, ob ich auch was trinken möchte, wenn ich mittags in die Küche kam, und gegessen hat sie erst, als alle anderen volle Teller vor sich stehen hatten. Samstag hatte sie immer frei und hat sich dann mit einer Freundin getroffen, wobei gerne auch mal einer über den Durst getrunken wird, wie mir mein mit mir dort wohnender Kollege aus Holland berichtete. Ich hatte mit ihr auch aufgrund der Sprachbarriere nicht wirklich viel gesprochen, sie aber gleichwohl ins Herz geschlossen. Als ich ihr zum Abschied noch zehn Dollar in die Hand drückte, hat sie erst abgelehnt, als ich aber darauf bestand, drückte sie mich.
Auch meiner Landlady habe ich ein Abschiedsgeschenk gemacht. Für sage und schreibe 40 Dollar habe ich ihr Hundefutter für ihre Köter gekauft. Ich mag Hunde sehr gern und meine Köter hier auch nicht abwertend. Überhaupt ist mir in ganz Central aufgefallen, wie unglaublich tierlieb die Leute sind. Fast vor jedem Haus in Xela stand ein Napf mit etwas zu Fressen oder Wasser, damit auch die Straßenhunde nicht umkommen müssen. Die Hunde sind auch alle sehr sanft und so robust wie in Deutschland ("Na, Kamerad, wuschel-wuschel!") kann man da nicht einfach rangehen. Kein Vergleich dazu, wie Hunde in Asien behandelt werden, wo sie auch von Kindern zum Spaß mit Steinen beworfen werden, wie ich zB unlängst in den Philippinen wieder erlebt habe.
Jedenfalls hat mir Guatemala äußerst gut gefallen. Natürlich die Natur aber auch die unglaublich sanften und freundlichen Menschen dort werden immer einen Platz in meinem Herzen haben. Auch wenn das etwas cheesy klingt, ist es doch die Wahrheit. Hasta luego, Guatemala!
Aufbruch: | 17.07.2015 |
Dauer: | 4 Monate |
Heimkehr: | 14.11.2015 |
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