Mittelamerika und Kolumbien 2015
Katamaran nach Kolumbien
Erst als ich mich in Vorbereitung der Reise damit beschäftigte, wie ich von Panama wohl nach Kolumbien kommen würde, erfuhr ich, dass es gar keinen Landweg zwischen beiden Ländern gibt. Es gibt lediglich einen alten Dschungeltrek, der aber sauanstrengend und vor allem hochgefährlich ist, weil man eben gerne mal entführt werden kann von den dort noch rumstromernden FARCs, Paramilitärs oder operierenden Drogenkartellen. Ich habe recht viel über den sogenannten "Darien Gap" recherchiert aber nicht einen Reisebericht gefunden von jemandem, der die ganze Route bewältigt hatte. Den letzten Versuch hatte ein amerikanischer Journalist gemeinsam mit zwei jungen Burschen in den 80ern unternommen. Alle drei fielen auch prompt in die Hände der FARC und kamen erst gegen Lösegeld wieder frei. Wenn demnächst also mal wieder Doku im Fernsehen kommt, wie irgendwelche Leute mit Motorrad "von Alaska bis Feuerland" gefahren sein wollen, unterschlagen sie ganz sicher den Schiffstransport zwischen Panama und Kolumbien.
Bei Sauwetter sind wir des morgens aus unserem Jeep in kleine Motorboote gestiegen und haben auf der ersten St.-Blas-Insel erstmal einen Zwischenstopp gemacht. Wenn ich mich richtig erinnere, mussten wir irgendeine Nationalpark-Fee an die dort lebenden Kunas zahlen. Die Kunas sind das indigene Volk, das den ganzen nordöstlichen Küstenabschnitt Panamas relativ autonom regiert. Sie leben an Land und auf Inseln und leben hauptsächlich vom Fischfang. Nach einem Kaffee sind wir dann auf unser Boot gefahren worden, um dessen Buchung sich mein Kollege sehr vorbildlich gekümmert hatte. Wenn man ein wenig googelt, findet man einen Haufen Boote, die diese Tour von Panama nach Cartagena in Kolumbien anbieten. Auf der Website der Agenturen wird jeweils das Boot und ein wenig auch der Kapitän vorgestellt. Wir waren uns einig, dass wir einen Katamaran wollen, weil er zwei gemütliche Netze vorne hat und mehr Platz bietet als ein "normales" Segelboot.
Neben unseren deutschen Kollegen waren noch Mädels aus Kanada und Australien, Kolumbien und Thüringen dabei, ein Typ aus Australien und ein englisches Pärchen. Alle waren zwischen Ende 20 und Anfang 30 und wollten was erleben. Unsere Crew bestand aus dem kolumbianischen Captain, seinem kolumbianischen Gehilfen Mono - beide sprachen kein Wort Englisch - und Francia. Francia war hübsch, kam aus Frankreich und arbeite als Köchin/Reiseleiterin an Bord. Sie nahm erstmal unsere Flip Flops entgegen, forderte uns auf, den mitgebrachten Alkohol in die bereitgestellte Kühltruhe zu stellen (schnief!) und erklärte uns, wie das Scheißhaus funktioniert. Nachdem wir unsere Kabinen bezogen und ihr jeder 500 US bar in die Hand gezahlt haben, sind wir erstmal ein wenig geschnorchelt.
Abends stand dann Lobster-Essen auf dem Programm. Mit dem Motorboot (heißen die Dinghy?) hat uns der Captain auf eine der zahlreichen Kuna-Inseln gefahren. Dienstbare Geister hatten dort schon ein schönes Feuerchen erleuchtet und Holzbänke mit Tisch zum Schmaus vorbereitet. Auf jeden kamen zwei Lobsterhälften, die wirklich super schmeckten. Am Lagerfeuer stehend haben wir uns erstmal alle kennengelernt, während es sich mein Kollege leider nicht nehmen ließ, aus Gründen der Geselligkeit allen aus unserer 1,5-Literflasche Rum einzugießen, die an dem Abend komplett gefallen ist. Zurück an Bord habe ich mit dem Australier noch lange über die Sinnlosigkeit des Seins in Anbetracht der Unendlichkeit des Universums gesprochen und bin dann irgendwann auch anständig bettschwer in die Koje geklettert.
Vor Anker. Die Luxusyacht im Bild beeindruckte uns abends immer mit ihrem wechselnden Farbenspiel (verschiedene Stellen des Bootes oder auch das Meer konnten mit wechselnden Farbtönen illuminiert werden).
Am nächsten Morgen wollten die Kuna besucht werden. Die kleine Insel, die wir besichtigt haben war dicht besiedelt mit Bambus- oder Holzhütten, gedeckt mit Palmenblättern, zwischendrin sprangen niedliche Kinder herum und spielten Hunde. Unter den meisten Inseln gibt es eine Süßwasserblasse, die vom schwereren Salzwasser nach oben gedrückt wird. Wenn sie Wasser brauchen schöpfen sie es wie früher bei uns aus einem Brunnen. Es gab eine Schule, darin war auch die Flagge der Kunas mit ihrem spiegelverkehrten Hakenkreuz aufgehangen. In einer Art Kneipe haben wir noch ein schönes Bier getrunken und den Einheimischen noch mehrere Paletten Dosenbier abgekauft, die wir Männer bereitwillig ins Motorboot und an Bord gewuchtet haben. Am Nachmittag sind wir zu einem anderen Schnorchelspot gefahren. Darin besteht nämlich der Deal bei diesen 5-tägigen Touren: 3 Tage verbringt man schnorchelnd und relaxend in den St.-Blas-Inseln und zwei Tage fährt man auf hoher See nach Cartagena. Der zweite Spot war wie alle späteren Spots wirklich fantastisch. Neben einem Arsch voll Fischen haben wir auch Lobster gesehen, die wir gerne aus ihrer Höhle gezogen und verspeist hätten. Unser Essen haben wir uns nämlich so beschafft, dass Fischer mit ihren Booten an uns heran gefahren sind und für ein Schnäppchen ihre fangfrische Ware feil hielten. Francia hat das Essen dann fantastisch zubereitet, es gab immer noch Reis und einen Salat dazu und dann herrschte erstmal gefräßige Stille. Mit meinem Kollegen bin ich mir einig, dass das Essen an Bord in Summe das beste Seafood war, das wir je gegessen haben. Ich habe Francia mehrmals auf eigenen Wunsch geholfen beim Zutaten schneiden, weil ich wie ausgeführt selber gerne koche und mich bei solchen Arbeiten gut entspannen kann. Weil Francia aber richtig fix in der Küche war, war ich mit meinem bisschen Zwiebeln und Rohkost schneiden eher eine Belastung. Goutiert hat sie meinen Einsatz gleichwohl. Wenn man nicht geschnorchelt ist, haben wir an Deck relaxt oder sind mal kurz zum Scheißen rausgeschwommen.
Abends haben wir dann auf dem Vordeck zusammengesessen und Rum getrunken und gequatscht. Eigentlich haben wir uns alle super verstanden bis auf unseren australischen Freund, der sich gerne mal zurückgezogen hat und auch seinen Rum nicht mit uns teilen wollte (unseren freilich schon). Wenn man später müde war, konnte man sich einfach seine Decke schnappen und in einem der beiden Netze unter freiem Himmel schlafen.
Nach drei Tagen beschriebenen Bordlebens stand dann die hohe See auf dem Programm. Wir verließen die wunderschönen Inseln und gerieten draußen auf recht rauhe See. Obwohl wir vorher von Francia eindringlich gebrieft wurden, wie schlimm es uns gehen würde, waren wir bis auf eine Ausnahme alle topfit und genossen eher, dass es anständig bergauf und bergab ging. Mein Kollege und sein neuer Freund legten sich vorne in die Netze und johlten vor Freude auf, wenn wieder eine Welle über ihren Köpfen zusammenbrach oder sie gleich ganz unter Wasser getaucht wurden. Widerlegen konnte ich Francia darin, dass sie behauptete, wir hätten bei Wellengang gar keine Lust auf Alkohol. Das stimmt definitiv nicht, ich wäre um ein Bier zu dem Schauspiel sogar froh gewesen. Das mit dem Alkohol wurde ein wenig unser Problem, er war nämlich viel zu schnell alle. Durchschnittlich ein halber Liter pro Nase ist nämlich deutlich zu wenig, wenn man den ganzen Tag an Bord lümmelt und abends beieinander hockt. Nachdem der Katamaran mit seinen beiden Rümpfen über Stunden ständig kräftig aufs Wasser schlug, entschied der Captain, dass wir zuviel Sprit verbrauchen und das Boot beschädigen könnten. Also zurück auf die St.-Blas-Inseln. Innerlich jubelten wir, weil uns das Gelegenheit geben würde, bei den lieben Kuna noch ein paar Biere zu ordern. Mit unseren zusammengelegten 100 US ist der Captain mit seinem Gehilfen also abends nochmal losgefahren. Stunden später kamen beide high und angetrunken zurück und haben leider nur 42 kleine Bier zurückgebracht. Naja, musste halt auch so gehen. Wenigstens hatte Francia noch irgendwo Zigaretten, die sie uns verkaufen konnte, sodass wir zumindest diesbezüglich safe waren.
Am nächsten Tag hatten wir dann Glück mit dem Wetter. War es tags zuvor noch aufgewühlt, war es heute spiegelglatt. Nach zwei ereignislosen Tagen an Bord - Rumliegen, Lesen, Karten spielen - näherten wir uns am zweiten Seetag Cartagena. Kaum war Kolumbien in Sicht bekamen der Captain und Mono gleich richtig gute Laune. Sie tanzten zu Salsa-Musik, der sonst wortkarge Captain brachte mir und meinem Kollegen (der tags zuvor beim Lösen der verklemmten Ankerkette in sechs Metern Tiefe geholfen hatte) morgens sogar persönlich den Kaffee. AM letzten Tag war es schweineheiß, da hat es der Captain übernommen, uns alle mit Eimern erfrischendem Meerwasser zu übergießen. Auf dem Vordeck liegend näherten wir uns Cartagena, das eine richtige Skyline hatte, was ich gar nicht wusste.
Kurz vor der Einfahrt in den Hafen fuhr auf einmal eines der dortigen Ausflugsboote - vollbesetzt mit Asiaten - längs heran und ich sah nur noch Francia, wie sie benommen, sich den Kopf haltend und von Mono geführt auf das Boot gebracht wurde. Francia ist beim ausgelassenen Tanzen in der Kabine - schließlich war sie seit zwei Wochen nicht mehr an Land - ausgerutscht und hat sich, einmal vorne, einmal hinten, böse den Kopf gestoßen. Dass trübte unsere Freude, endlich in Kolumbien zu sein, natürlich erheblich, weil es nicht einen an Bord gab, der sie nicht ungemein ins Herz geschlossen hatte. Das abendliche Ausgehen mit ihr war damit leider gestorben.
Nachdem der Captain seinen Ankerplatz erreicht hatte, ließ er mit einer derart coolen Bewegung die Ankerkette ins Wasser rasseln, dass ich mich noch heute ärgere, das nicht gefilmt zu haben - like a boss.
Dieser Trip auf dem Segelboot gehört mit zu den besten Dingen, die ich je gemacht habe.
Capitán und Mono - bis auf ihre vollständige Weigerung, etwas anderes als Spanisch zu sprechen, tolle Kerle.
Aufbruch: | 17.07.2015 |
Dauer: | 4 Monate |
Heimkehr: | 14.11.2015 |
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