Mittelamerika und Kolumbien 2015

Reisezeit: Juli - November 2015  |  von Christian T

El Salvador

Morgens um fünf brachte mich ein Typ im privaten PKW zu einem etwa eine Stunde außerhalb von Xela gelegenen Parkplatz, wo ich in einen kleinen Bus umstieg und nach Zwischenstop in Antigua direkt bis nach El Tunco in El Salvador fuhr. El Tunco ist eines von drei nebeneinander liegenden Dörfern, die für ihre gut zu surfenden Wellen bekannt sind ("good surf"). Zwar kann ich nicht surfen, aber ich wollte es zumindest mal probieren, sprich eine Surfstunde nehmen. In dem kleinen Ort reihte sich eine Bar an die nächste, auch einen Hostelplatz zu finden, stellte kein Problem dar. Was fehlte, waren die Touristen. Der Ort war gähnend leer. Wie ich in Erfahrung brachte, würde es wohl erst am Wochenende richtig voll werden, wenn die Locals aus den umliegenden Städten zur Wochenendsause einfallen würden.

Am ersten Abend habe ich mit einem Deutschen aus meinem Hostel am Strand gesessen und ein, zwei Biere getrunken. Begleitet hat uns ein dauerbekokster Amerikaner, der auf einer Ölplattform arbeitet und dort nach jeweils zwei Monaten durcharbeiten immer einen Monat frei bekommt, den er dann meist für Reisen nutzt. Ein Konzept, dass mir sehr gut gefiel. Der Deutsche war ein extrem selbstbezogener Junge, der stolz darauf war, dass er sich fast ohne Geld von, ich glaube Mexiko, bis hierher durchgeschlagen hatte. Er trampte meistens, hatte nicht einmal mehr Flip Flops und kaute mir ein Ohr ab, dass er seine Eltern (Ärzte aus Baden-Württemberg) ungern anpumpen wolle. Nachdem er etwas Gras teilte, lud ich ihn immerhin zu einem Bier ein. Solche Kameraden, die mich ständig um eine Zigarette anbettelten ("Can I bum a cigarette from you?"), trifft man dort zuhauf. Für Essen, Unterkunft und ihre Drogen reicht das Geld aber komischerweise immer. Ggf rante ich später noch einmal ausführlicher gegen die in Central allgegenwärtigen Schmarotzer.

Von der Buchung eines Ausflugs habe ich abgesehen, da mich bereits eine dreistündige Fahrt mit dem Minibus zu einem Nationalpark 50 US gekostet hätte. Hier wird die Angst der Touristen vor der Kriminalität in El Salvador ganz klar ausgenutzt. Die mögliche Buchung einer Tour habe ich mit dem Mädel aus dem Reisebüro ausschließlich in Spanisch besprochen, was mich schon ein wenig stolz machte und mich lächelnd und endlich als vollwertigen Weltbürger aus dem Reisebüro treten ließ. Aus meiner Surfstunde wurde leider nichts, weil die Wellen zu stark waren, wie mir der Surfschulmensch versicherte. Bis Samstag hätte ich warten sollen (es war Dienstag), dann würde es vielleicht besser werden.

Keine Verständigungsschwierigkeiten bei der Bierbestellung in El Salvador.

Keine Verständigungsschwierigkeiten bei der Bierbestellung in El Salvador.

Surfen nicht möglich.

Surfen nicht möglich.

Weil mir bis dahin in dem verschlafenen Nest aber die Decke auf den Kopf gefallen wäre, beschloss ich mit einem im Hostel kennengelernten Kameraden, nach San Salvador zu fahren und mich dort zwei Tage umzusehen. Das Zentrum von San Salvador ist ziemlicher Mist. Ich glaube es gab mal ein Erdbeben, jedenfalls steht in der ganzen Innenstadt kaum ein Gebäude, dass älter als 30, 40 Jahre ist. Sehr interessant war wie immer der Markt. Natürlich habe ich nichts gekauft, aber allerhand schnabuliert. Die in El Salvador übliche Abart von Maisfladen mit gewürzter Zwiebel-Fleisch-Mischung heißt Puposas, mit der Besonderheit, dass die Füllung in den Teig eingebacken ist (während man einen Taco wie gesagt nur faltet). In einem Park haben wir einer musikalischen Gedenkfeier für Oscar Romero beigewohnt, einem Bischof, der als Märtyrer gilt, seit er 1980 von der Militärjunta während der Messe ermordet wurde. Politisch verhält es sich bei den meisten Staaten Zentralamerikas so, dass es eine winzige reiche Oberschicht aus Großgrundbesitzern gibt (meist Nachfahren der spanischen Kolonialisten), während der Rest der Bevölkerung (die indigene Bevölkerung) rechtlos und in Armut gehalten wird. Das Militär tanzt natürlich nach der Pfeife der Reichen und wurde zu Zeiten des Kalten Krieges von den US-amerikanischen Freunden dabei unterstützt, jede kommunistische Anwandlung niederzuschlagen. Dass dabei gerne mal Massaker an demonstrierenden Bauern verübt wurden und die Bevölkerung auch sonst mit Entführungen und willkürlichen Erschießungen terrorisiert wurde, kann man über jedes Land dort unten nachlesen. Wenn ich heute sehe, was meine zentralamerikanischen Freunde so bei Facebook zum Thema USA liken und posten, so ist das schon ein deutlicher Unterschied zu dem unkritischen und oft naiven Nachgeplappere amerikanischer Positionen, das man aus deutschen Medien tagein tagaus vernimmt.

Ansonsten ist das Zentrum San Salvadors ("Salvador", wie der Einheimische verkürzend sagt) vollgestellt mit amerikanischen Malls und Fastfood-Ketten und recht pricy ist es auch. Abends waren wir mit einer Gruppe Mädels, die der Kollege schon vorher kennengelernt hatte, in einem Ausgehviertel noch was trinken. Am nächsten Abend besuchten wir eine etwas sterile Disco, die in einer Mall untergebracht war.

Für mich hieß es am nächsten Morgen in aller Frühe in einen Minibus nach Leon in Nicaragua zu steigen. Ich hatte die Nacht durchgemacht und hinten im Bus die halbe Rückbank für mich. An die neben mir gestapelten Rucksäcke gelehnt, habe ich erstmal gute sechs Stunden geschlafen.

Oscar-Romero-Gedenkfeier.

Oscar-Romero-Gedenkfeier.

Auto parts in San Salvador.

Auto parts in San Salvador.

Nach getaner Arbeit.

Nach getaner Arbeit.

© Christian T, 2016
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Zweieinhalb Monate von Mexiko bis Panama, 6 Wochen Kolumbien.
Details:
Aufbruch: 17.07.2015
Dauer: 4 Monate
Heimkehr: 14.11.2015
Reiseziele: Mexiko
Belize
Guatemala
El Salvador
Nicaragua
Costa Rica
Panama
Kolumbien
Der Autor
 
Christian T berichtet seit 10 Jahren auf umdiewelt.